Liebe @*****86x,
ich kenne dieses Gefühl des Zerrissenseins nur zu gut und ich möchte dich davor warnen zu denken, man könne dies schon aushalten. Ja, man kann es, aber der Preis dafür ist sehr hoch. Als ich geheiratet hatte, steckte das Internet noch in den Kinderschuhen, kannte ich meine BDSM-Neigungen zwar schon, wusste sie aber nicht so richtig einzuordnen. Außerdem war ich sexuell nicht sehr erfahren und mir mit diesen Neigungen weiß Gott nicht im Reinen. Ich habe immer gedacht, es würde schon noch, aber was sich entwickelte, war einzig und allein das Gefühl, innerlich zu verhungern. Und gleichzeitig war ich aber glücklich mit meiner Familie und den Kindern. Nach zehn Jahren Ehe war ich dann aber doch so verzweifelt, dass ich an eine Trennnung dachte, weil meine Frau alles abwehrte, was ich ihr an Sehnsüchten noch recht zaghaft versuchte zu vermitteln. Ich weiß noch, wie ich eines Tages allein in der Wohnung saß und in Gedanken Abschied von allem nahm. Danach bekam ich Albträume, in denen ich meinen jüngsten Sohn ganz bewusst umbrachte. Als Folge dessen habe ich den Gedanken an eine Trennung verworfen und das Leben als Familienvater weiter genossen.
Eine Trennung ist immer eine emotionale, finanzielle und soziale Katastrophe für alle Beteiligten. Dessen sollte man sich bewusst sein. Und gleichzeitig ist das Festhalten an einer Zweier-Beziehung, die für einen Part davon nicht in vollem Umfang erfüllend ist, eine in höchstem Maß unerträgliche Situation, eine permanente Anfechtung. Das strahlt logischerweise auf die Beziehung zurück. Und irgendwann sind die Kinder aus dem Haus und ist das Paar wieder allein. Dann brechen die Konflikte in aller Härte auf. Du musst an deiner Situation unbedingt etwas ändern, sonst frisst dich das auf. Das ist mein Rat an dich aus einer 20jährigen Erfahrung mit einer solchen Zerrissenheit!
Es ist nicht hilfreich, jetzt danach zu suchen, wer an der Situation Schuld trägt. Ihr müsst eine Lösung finden. Dafür müsst ihr unbedingt im Gespräch bleiben. Und du solltest dabei ganz klar benennen, was deine Bedürfnisse sind und worauf du nicht verzichten kannst. Es klingt aber nicht so, als ob ihr das allein lösen könntet. Dann solltet ihr eine externe dritte Person suchen, die aber dem Thema BDSM mindestens unbefangen gegenüberstehen muss (es gibt bei maydaysm.de auch eine Auflistung von Therapeuten, die BDSM-affin sind, allerdings alle in Deutschland). Versuche einmal, dein Leben "voraus zu denken". Worauf willst du eines Tages zurückschauen? Wenn du meinst, dass eine Partnerschaft mit erfüllter Sexualität auf jeden Fall dazugehören soll, dann werde jetzt aktiv!
Es wird oft auch die Öffnung der Beziehung empfohlen. Ich würde dies nur als schlechten Ausweg empfinden. Denn triffst du dann eines Tages auf eine Person, mit der du den "Sex deines Lebens" erfahren kannst, wird es sehr schwer werden, auf einer reinen Spielebene zu bleiben und einer starken emotionalen Verbindung oder Verliebtheit auszuweichen. Das wäre der Anfang vom Ende der Ehe. Ich persönlich kenne niemanden, bei dem solche Konstrukte dauerhaft für alles Beteiligten glücklich funktioniert haben.
Also, aus meiner eigenen unglücklichen Erfahrung heraus: Handele, besser früher als später!