Deine Nähe
Ich klopfe leise an die Tür, schnippe meinen Zeigefinger ein paar Mal mit dem Nagel gegen das Holz, es muss ja nicht das ganze Haus nächtens wach werden. Von drinnen höre ich nichts, doch als ich fast schon gehen will, öffnest du die Tür und blinzelst verschlafen in das helle Treppenhaus. „Hey, was machst du denn hier?“ Deine Nachtstimme klingt süß. „Ich bin im Arsch“, mehr sage ich nicht. „Komm rein“, sagst du und machst mir Platz. Wir küssen uns flüchtig, dann beuge ich mich schon hinab, um meine Schuhe auszuziehen. „Was ist los?“ Du klingst besorgt. Beim Hochkommen, das mir schwerfällt, siehst du, was los ist. „Lendenwirbel“, antworte ich kurz und strecke mich über den Schmerz. „Hölle“, ergänze ich noch einmal knapp. „Soll ich dir ein Bad einlassen?“ Ich schüttele den Kopf. „Was kann ich dann für dich tun?“ Du leidest mit. „Ich will bei dir schlafen“, sage ich und fange bereits an, mich auszuziehen. „Du musst nur dort ein bisschen drücken“, ich fasse mit der Hand an die betreffende Stelle, worauf du ein verständiges Gesicht machst. Ich gehe vor, du sammelst meine Klamotten ein, das danach Bücken haut gerade nicht hin. Dein Bett ist warm, als ich hinein schlüpfe. Nach einer Minute oder zwei kommst du auch und schmiegst dich an mich. „Was ist denn passiert, dass dir die Lende Probleme bereitet“, möchtest du wissen. Ich antworte lakonisch, sauge dabei die Berührung durch dich wie ein Schwamm auf. „Hab mit den Jungs vom Außendienst mitgemacht und mich übernommen.“ Du schweigst, dann meinst du, dass ich mich ruhig über den Tag hätte melden können und ich gestehe, vielleicht für eine Stunde nicht an dich gedacht zu haben und danach, so erkläre ich weiter, wäre ich zu beschäftigt mit sündigen Gedanken gewesen, um anzurufen. „Welche sündigen Gedanken hattest du denn trotz der Schmerzen“, verlangst du zu erfahren und beginnst, die verkrampfte Stelle durchzukneten. Deine Hände machen mich geständig, das ist pure Liebesenergie, die du in mich fließen lässt. Das kannst nur du. Ich verrate dir die Dinge, die mir die ganze Zeit durch den Kopf geistern. All das unanständige Zeug, das ich mit dir anstellen mag. Es ist deine Nähe, die mich dazu bringt.
m.brody
2021