Lebensart, Lebenseinstellung, Lebensstil... m.E. die völlig falschen Begriffe um eine Neigung zu erklären! Denn sie implizieren, dass ich die Wahl habe, mich bewusst für oder gegen etwas zu entscheiden. So wie ich mich entscheiden kann, einer rel. Gruppe beizutreten. Veganer zu werden. Dem Verbrennungsmotor abzuschwören. Nachhaltiger zu leben. Achtsamer zu sein. Aus dem Hobby den Beruf machen. Lieber selbstständig statt angestellt. Usw. usw. Alles meine Entscheidung.
Ich bin als Mann auf die Welt gekommen. Biogenetisch und neurologisch heterosex. angelegt und verdrahtet. Meine sad. Neigung zeigte sich schon früh auf die typ. Art und Weise und es gibt nichts was man dagegen tun kann. Ich kann auch meine Sozialisierung, Prägung sowie meine ursprünglichen Persönlichkeitsanteile und Charaktereigenschaften nicht gegen andere austauschen. Das Puzzle ist gesetzt!
Ich bin wie ich bin und ich kann weder was dafür noch dagegen. Ist das also eine Lebensart? Wann und wo hab ich mich auch nur irgendwie für irgendwas entscheiden können? Ebenso wenig kann ich mich dagegen entscheiden.
Meine Neigung (dom/sad) reicht auch bis in meine Sex. hinein, welche dadurch geprägt ist. Und zwar dermaßen, dass ich auf klass. Sex (=ficken) ganz verzichten kann. Meine Sex. spielt sich auf anderen Ebenen ab. Natürlich habe ich hier, wie jeder andere auch, meine Vorlieben. Die haben aber mit meiner Neigung nichts zu tun. Sub in Ketten legen bedeutet nicht Sex miteinander haben oder gar einen Geschlechtsakt zu vollziehen. Spielt sich alles im Kopf ab. Ich unterscheide also zwischen rein sex. Begegnungen und Neigungs-Begegnungen. Das ist mir zweierlei. Daher kann ich zwar Sex mit einer Vanilla haben, das allein führt aber zu nichts.
Damit bestimmt meine Neigung auch meinen Beziehungsalltag. Ja, Alltag! 24/7. Ich bin ja nicht heute so und morgen so. Und einen Alltag haben ja wohl alle anderen auch. Und wie jeder andere auch, suche auch ich mein zu mir passendes Komplementär. Also dev/mas. Womit sich das, was man ein Machtgefälle nennt, automatisch etabliert. Da der Mensch nicht nur aus seiner Neigung besteht, stellt sich die Frage nach der Augenhöhe (bei mir) auch nicht. Und so führt eine feste Beziehung bei/mit mir auch folgerichtig ins TPE. Ist das auch eine Lebensart? Sucht man sich das so aus, wie man auch einer Kirche bei- und wieder austreten kann? Heute Christ, morgen Atheist? Man lebt wie man ist, das ergibt sich von allein, ohne das man selbst Einfluss darauf hat. Für einen 24/7ner ist das alles ganz normal und banal. Vanilla sein ist schließlich auch keine Lebensart!
Für mich stand und steht ganz klar die absolute Authentizität im Vordergrund! Ich möchte sein können wie ich bin und auch so angenommen werden. Das gilt uneingeschränkt auch für eine Partnerin. Deswegen wird bei mir auch nix erzogen, verbogen, krum gebogen. Wie man aufeinander reagiert und interagiert unterliegt einzig der Beziehungsdynamik. Eine ganz normale Beziehung eben- keine bestimmte Lebensart.
Wenn mich also jemand fragt, wie denn so "mein BDSM-Leben" aussieht, wüsste ich gar nicht was ich darauf antworten sollte? Ein Versuch:
Also ich hole sie ab, dann gehen wir einkaufen, später kochen wir. Dann vlt etwas Schweinskram machen und einen Film gucken? Keine Ahnung. Eine Runde am Deich spazieren gehen, wenns Wetter mit spielt. Ist das unsere Art BDSM zu leben? Ja? Keine Ahnung was man sich da sonst so drunter vorstellt. Oder welche Details spielen hier eine Rolle? Der Schweinskram? Wohl kaum. Ich hab halt keine "Art" mein BDSM zu leben. Ich wüsste selbst nicht wie das aussehen soll.
Meine Neigung habe ich immer als gegeben und normal wahrgenommen. Unabhängig davon dass sie in dem was man BDSM nennt zu verorten ist. Auch meine Beziehungen empfinde ich als ganz normal, auch wenn sie vom dem geprägt sind, was man im BDSM verortet. Für mich ist das nichts besonderes und ich weiß auch nicht, wie ich das normale erklären soll. Irgendwie gibt es bei mir nichts, dass ich in irgendeiner Weise so heraustellen könnte, um sagen zu können, gewisse Dinge/Verhalten bewusst so zu gestalten, als das ich von einer Art zu leben sprechen könnte. Voll der Langweiler also. Ist ok.