Sooo, nachdem sich die "üblichen Verdächtigen" ja hier wieder in trauter Runde zusammengefunden haben, möchte ich da natürlich nicht fehlen.
Daher trotz Bandscheibenvorfall ein paar kurze Worte, und zwar direkt in Richtung der Threadautorin:
ich denke, Du setzt Dich selbst da zu sehr unter Druck. Dein Profiltext und Deine Beiträge zeigen deutlich eine innere Zerissenheit auf. Ich glaube, Du wärest gern sexuell sehr viel rasanter und experimentierfreudiger und offener unterwegs als Du es tatsächlich bist. Es gibt da eine Diskrepanz zwischen dem Bild, das Du Deinem Partner von Dir vermitteln möchtest und der Frau, die Du wirklich bist.
Mein Rat an Dich ist: versuche nicht, Deine innere Stimme zu ignorieren und Deine eigenen Grenzen mit Gewalt auszudehnen. Das wird weder Dir noch Deiner Beziehung auf längere Sicht helfen.
Gehe nicht mit der Brechstange an die Situation heran. Die Entwicklung des eigenen sexuellen Ich ist ein immer weiter fortschreitender Prozess. Das hört nie auf. Aber: jeder entwickelt sich in seinem eigenen Tempo und es ist wichtig, die Grenzen, die man in sich fühlt, zu respektieren.
"Also doch Trennung???" höre ich Dich schon wieder sagen.
Nein, ist meine Antwort. Nicht zwangsläufig. Du MÖCHTEST ja sexuelle neugierig sein und bleiben. Deine Anwesenheit hier und die Gedanken, die Du Dir machst, sprechen dafür.
Ich sage Dir, wie es bei mir war: ich konnte mir lange Jahre und mit etlichen Partnern nie etwas anderes als Monogamie vorstellen. Sex mit mehreren, Sex ohne meinen festen Partner dabei, Sex auf andere Art als "Standard"... das alles fand in meinem Universum gar nicht statt und ich hätte mit sehr großer Sicherheit ablehnend reagiert, wenn jemand solche Dinge von mir gefordert hätte.
Wann und wieso sich das geändert hat? Vor einigen Jahren durch die Begegnung mit einem sehr speziellen Menschen. Der musste gar nicht verlangen von mir, der hat nur durch seine Präsenz in meinem Leben sehr viele Knoten zum Platzen gebracht und meine Grenzen quasi aufgelöst.
Das ist einfach passiert. Es war als hätte man mir einige Schleier vor dem Gesicht fortgezogen und ich würde plötzlich anders denken und empfinden können.
Das erzähle ich Dir um Dir zu sagen, dass gefühlte Grenzen und Widerstände immer nur Momentaufnahmen sind. Du wirst Dich noch in Richtungen weiterentwickeln, die Du im Moment noch für unmöglich hältst. Und zwar ganz ohne Druck. Zu einem Moment, den DU für richtig befindest.
Vielleicht ist das in Deiner jetzigen Partnerschaft möglich. Wenn Dein Partner Dir die Zeit und den Raum für eine Entwicklung im eigenen Tempo geben kann. Vielleicht ist es auch nicht möglich. Wenn Dein Partner zu früh zu viele Dinge von Dir verlangt, die Dir augenblicklich noch nicht umsetzbar erscheinen.
Lass mich ein wenig aus dem Nähkästchen plaudern: Deinen Partner beim Sex mit einer anderen Frau zu beobachten, das ist unglaublich geil. Nein, wirklich. Ich war sehr aufgeregt vor meinem ersten Erlebnis in dieser Art. Ich hatte große Angst davor, was dieses Erleben mit mir machen würde. Eifersucht? Verlustangst? Angst, die Beziehung würde danach nie wieder dieselbe sein wie vorher und es würde ein bleibender Schaden entstehen? Ja, hatte ich alles!
Mein damaliger Partner und ich hatten vor unserer Feuertaufe ein sehr intensives Erlebnis zu zweit. Während wir Sex hatten, begannen wir, uns unsere Gedanken im Bezug auf das bevorstehende Treffen ins Ohr zu flüstern. Wie er mit dieser Frau schlafen, wie er sie ficken würde, wie ich seine Gier sehen würde und wie ich jeden Stoß, den er ihr versetzt, in mir spüren würde. Wie ich das Feuer zwischen ihm und ihr zwischen den eigenen Schenkeln spüren würde. Und auch, wie ich empfinden würde. Wie die Tränen der Wut und der Eifersucht vielleicht in mir brennen würden, wenn ich sähe, wie MEIN Kerl eine andere fickt. All das sagten wir uns, während wir Sex hatten. Es flossen Tränen und es wurde eine unglaubliche Energie frei. Eine Energie, die uns einandere sehr intensiv nahe gebracht hat. Diese Energie trugen wir in uns zu unserem Erlebnis mit einem anderen Paar und machte das Erlebnis zu einem sehr sehr guten, intensiven. Wir haben uns einander sehr sicher gefühlt. Sicherer als je zuvor.
Ist das irgendwie nachvollziehbar für Dich, liebe TE?
Ich will nicht sagen "So muss es für Dich auch sein." Nein. Wenn Du nicht bereit bist, an diese Grenzen zu gehen, dann ist es so. Ich will Dir damit nur sagen, dass Dinge möglich sind, auch wenn Du jetzt nicht daran glaubst. Sie sind möglich und es ist auch möglich, dass Du sehr intensiv und sehr positiv davon profitieren könntest.
Sex ist eine unglaubliche Energie und das Erlebnis, wie Eifersucht und sexuelle Gier in Dir gleichermaßen zu kochen beginnen... wow, das kann, wenn Du es einfach fließen lassen kannst, ein sehr großer, wunderbarer Kick sein. Für Dich und auch für Deine Partnerschaft.
Unterm Strich kann ich Dir nur raten: höre auf Dein Bauchgefühl. Wenn Deine inneren Widerstände zu groß sind, dann ist die Zeit für Dich noch nicht gekommen. Ich kann mir auch vorstellen, dass Dir die Sicherheit vom Partner fehlt. Du bräuchtest vielleicht eher das Gefühl von ihm, dass er auf jeden Fall bei Dir bleibt und dass er Deine Grenzen jederzeit akzeptiert. Statt dessen sagt er Dir dass er früher oder später Deine Grenzen verletzen wird, wenn Du sie nicht freiwillig erweiterst... das ist für Dich eine schlechte psychologische Ausgangslage, denn Dir fehlt die innere Sicherheit, Dich einer neuen Situation ganz hingeben zu können.
Sein Standpunkt ist daher irgendwo verständlich und ehrlich, aber er ist ungeschickt, denn er verunsichert Dich mehr als dass er Dir Sicherheit vermittelt. Das sollte ihm vielleicht mal vor Augen geführt werden. Er unterschätzt die Möglichkeiten, die er mit Dir hat, wenn er nur in der Lage ist, selbst ein verlässlicher Partner zu sein.