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Ficken lohnt sich nicht - oder: Der Weg eines Bodhitsattva

Ficken lohnt sich nicht - oder: Der Weg eines Bodhitsattva
Eine Zeit unendlicher Langeweile. Hier im Zimmer mit der Nummer 3015. Michael Caine und Harvey Keitel als meine hoffnungsvoll verzweifelten Kompagnons in "Ewiger Jugend" von Sorrentino geschätzte 20 Mal angesehen und habe immer noch nicht genug davon ...
Eine Zeit der Langeweile. Gefüllt mit einer Art gleichgültigen Wartens. Gleichermaßen unfruchtbar und ratlos. Ein unerquickliches Stadium zwischen Krankheit und Genesung, wo sich die Waageschale weder in die eine noch die andere Seite senkt ... Eine sich vor sich selbst hindehnende Zeit der Entscheidungslosigkeit, der Feigheit - sollten Gott oder das Schicksal oder die höheren bzw. tieferen Mächte mein bzw. mich als Problem nur aussitzen wollen?
Eine Zeit, die einen Raum ohne erkennbare Ordnung füllt. Aber auch bar jeden Chaos'. Ein Raum, innerhalb dessen alles den gleichen Wert besitzt bzw. keinen. Wo alles die gleiche Größe bzw. Nichtigkeit hat. Alles belanglos ist, bzw. von gleich großer Bedeutung. Ein Raum, wo nichts mehr wichtig ist. Wo sich alles außerhalb des eigenen (meines) Lebens abspielt.
Wo ich nichts mehr prüfe, abwiege, beurteile - wo sich ein Leben abspult, das ich nicht teile; dem ich weder Sinn, noch Zweck auferlege, sondern nur noch aufeinander abgestimmte Notwendigkeiten. Yep, so sieht wohl Erwartungslosigkeit aus. Inmitten dem Nichts sagenden Charme eines quasi sterilen Krankenhauszimmers, das das Nichts auf den sich darin Befindenden überträgt; weiß, hoch, still, mit beschämend hässlichen Kalenderbildern mit Vergissmeinnicht - unverschämt!

Ich warte also. Ein Warten, das ein anderes Wort für Hoffen ist. Auf etwas von außen. Von weit außerhalb. Auf etwas, das Leben bringt, Lebendigkeit - oder einfach nur Kurzweil, Zeitvertreib, Selbstvergessen.

Ich versuche/suche eine Brücke herzustellen zwischen mir und dem Leben. Dazu liefere ich, was ich liefern kann: mein Alleinsein. Schon immer eine unentbehrliche Absonderung von allem. Mehr noch: Ich liefere keinen eigenen Willen, keine Ungeduld - eben keine Erwartung. Prosaisch ausgedrückt: Ich gebe mich hin. Ich liefere ein Nichtsein zum Sein. Ich liefere meine Verlorenheit als Baustein für irgendwas, für was, weiß ich gar nicht und ich liefere das schändliche Eingeständnis, dass ich mir eine Frau wünsche als solche Heilsbringerin, als Engel ohne Flügel - peinlich, wie sich ein Rest Hoffnung personifziert, wenn auch in keinem Individuum, sondern in der Frau an sich ("die Frau an sich" - die blödeste aller Formulierungen und doch trifft sie den Punkt, denn das andere Geschlecht in seiner Gesamtheit ist gemeint).
Dabei kann freilich kein Mensch Rettung verheißen, gechweige denn bringen, wenn sich der Verdacht mehr und mehr erhärtet, dass es ausnahmslos alle Objekte der Welt und des Lebens selbst sind (phenomenologisch gesprochen), die die eigene Zeit, die den eigenen Raum absichtlich verstümmeln, nur um mich zu schädigen - bleibt die Frage, warum machen die das überhaupt und lassen mich nicht einfach in Ruhe? Let me die in peace?

Ich weiß: Weil sie mir ihren Willen aufzwingen wollen! Ihr Botschaft lautet: Nimm' mich! Doch mein - ins mittlerweile Minimale geschrumpfte - Wille versagt mir, mich an den Objekten zu bedienen. Ich will buchtstäblich nicht. Ich brauche nichts und gebrauche nichts. Niemanden, am wenigsten Menschen - die wiederum nur von mir etwas wollen (zumindest habe ich Zeit meines Lebens keine anderen Erfahrungen gemacht).
Und so ist gegen meine Abneigung gegen Macht dessen Gegenteil geworden, unabsichtlich und überaus unheroisch: Widerstand (gegen die Welt, das Leben, die Objekte, die Menschen usw. usf.).
Meine Energie dient mir dazu, mich nunmehr abzuschließen, nicht Gegenstände (mit Menschen im weitesten Sinn) einzuheimsen; den Verlockungen (Nimm' mich!) zu entsagen, mich nicht mehr funktionieren zu lassen.
So bin ich ein wahrhaft zweckfreier Mensch, sowohl subjektiv (als Werkzeug meiner selbst) als auch objektiv (wenn mich andere für ihre Zwecke einspannen).

Hmmm ... aber auch Sehnsucht als Motor für so vieles bzw. alles, diesen unbändigen Hunger der Seele verspüre ich nicht mehr (und bin doch innerlich nicht tot -sic?). Ich stille diesen noch nicht einmal mehr vegetarisch über phantasierte Gerichte aus Romantizismen in Büchern oder Filmen.
Es stimmt nicht, dass der Mensch nur über Emotionen lebt. Dass diese alles sind, was wir haben. - Ich zumindest lebe ohne. Lebe besser ohne. Befreit davon (und körperlich, gesitig-seelischen Invasionen anderer).

Von der Befriedigung von Trieben abgesehen - was steckt hinter Sehnsüchten? Schmälert man sein Menschsein, wenn sie unerfüllt bleiben oder verdelt man sich gar, wenn sie unerfüllt bleiben?
Ein Ausgleich von Polaritäten, Dualitäten und Dichotomien - so sehnt sich das Eine nach dem Anderen. Und bleibt doch im Endeffekt bei sich selbst, bleibt ungestillt, also endgültig ungestillt nach einer Befriedigung, die nur neuen Hunger, sprich Sehnsucht "nährt". Denn zum Wesen der Dualität gehört nun mal, dass sie sich mit den Mitteln der Dualität nicht auflösen lässt.
Wenn Novialis sagt (s. "Ewige Jungend" resp. "Giovinezza"), fragt, "Wohin gehen wir? - Nach Hause. Immer nach Hause." Dann spricht das Credo der Sehnsucht, das Heimweh schlussendlich nach Auflsöung in einem Eins-Sein. Die Sehnsucht gilt dem Paradies. Eins plus zwei löst sich in der Poalrität nicht auf, sondern macht gemäß deren Gesetzen macht das drei. So wenig wie eine Frau ganz wird oder ein Mann (ganzheitlich gesprochen) ganz wird durch Mann, Frau oder was auch immer. Das Wetterleuchten der Ganzheit vernehmen wir, eben die Sehnsucht danach (wie materialistisch genial pervers: Konformität, Konvention und Mode um in einem Ganzen aufzugehen).
So gesehen gilt die Sehnsucht dem verlorenen Paradies ... warum also den Tod fürchten (ich habe Krebs)? - Befreit von der Dualität verschmelze ich doch mit dem Großen Ganzen (mein bisschen Ich, was ist das schon? Wesentlich nur in der Dualität, weil's halt ohne nicht geht). Und bis zum finalen Verschmelzen sind wir nur Statisten (thank you, Mick bzw. grazie mille). Sind wir schnöde, selbstverliebte Hüllen mit der Sehnsucht nach Inhalt - den die Mittel der Polarität nicht zur Verfügung - wie festgestellt - stellt, stellen und auflösen kann, sonst wäre die Polarität ja nicht polar und bliebe es nicht.
Warum lässt uns aber die Sehnsucht glauben, dass das großen Auflösen doch möglich ist? Vermutlich weil sie einfach das Verlangen ist, das über die Polarität hinausweist. Neben dem dumpfen Rauschen des Fickens eben die Liebe, neben dem Trinken und Essen eben der Genuss usw.

Der Don Juan nun, der durch alle Betten fickt, versucht die Polarität durch schiere Masse aufzulösen, er muss alle Frauen haben, um hinter die Dualität zu kommen. Er will sich überall anpolen, um sich zu neutralisieren - oder weniger betütelt: Er will ficken, um so den Trieb los zu werden.
Der Asket wiederum, der sich der Polarität entzieht, tut nur so, als es gäbe es sie nicht, blendet sie aus. Er neutralisiert sich ohne Objekt.
Unglücklich sind wohl beide.

Und wenn Albär, also der Kamus, sagt, wir sollen uns Sisyphos als glücklichen Menschen vorstellen, dann hat er wohl recht und (Achtung, jetzt kommt der Buddha-Kladdaradatsch) wir sollten trinken, wenn wir Durst haben; essen, wenn wir Hunger haben und lieben, wenn unser Herz spricht ...
(Wer Fressen, Saufen, Huren will, darf das natürlich auch - und den möchte ich bitten, doch etwas über den Weg der Befreiung über Fressen, Saufen, Huren hier zu posten, dankeschön).
Ich bin davon überzeugt, dass sowohl der Asket, als auch der Don Juan ein glückliches Leben führen können, solange ihr Tun ihren ureigensten Überzeugungen entspricht.

Es gibt nicht die eine Wahrheit, aber jeder ist seiner Wahrheit Schmied.

Ich seh das für mich ein wenig wie Epikur. Glück ist die Lust an den kleinen Dingen.
Also im Prinzip dein zitierter Buddah Kladdera... und das lustvoll und mit Genuss.
Ist jetzt nicht der hedonistische Ansatz, um den du gebeten hast, aber so bin ich eben.

K
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