Hallo lieber Themenersteller,
ich kenne das Dilemma, in dem du steckst, aus eigener Erfahrung sehr, sehr gut.
Da ist man jung zusammengekommen und meinte, alles solle so toll und aufregend bleiben, wie es am Anfang war. Und dann entwickelt sich mit den Jahren einer von beiden sexuell irgendwie weiter. Neues wird aufregend, man kann sich ein anderes, erweitertes (gemeinsames) Setting vorstellen, möchte sich gerne ausprobieren.
Mir ging es exakt so wie dir.
Inzwischen lebe ich in einer langjährigen, neuen, offenen Beziehung. Mit einem anderen Mann, mit gnadenloser Offenheit, viel transparentem Dialog und jeder Menge Freiheiten. Und ich kann daher recht gut feststellen, warum es mit dem einen Mann nicht geklappt hat - mit dem anderen dafür aber sehr gut.
Der erste Punkt ist immer die Kommunikation. Dazu gehört: Alles äußern zu dürfen. Laut Denken zu können. Es braucht also wechselseitig immer jemanden, der reden „darf“ während der andere es sich zumindest anhört. Es ist nicht wichtig, dass der andere sofort Feuer und Flamme ist. Es ist nicht wichtig, sofort auf Zustimmung zu stoßen und einen Konsens zu finden.
Es ist einzig und alleine Interesse und Respekt wichtig. Interesse und Respekt dafür, was im Kopf des anderen so abgeht. Dann bewertet man auch nicht gleich.
Ich kann dir also den Tipp geben:
Gib deiner Freundin zu verstehen, dass du Phantasien hast - es dir aber erstmal nur darum geht, dich ihr regelmäßig anvertrauen zu dürfen. Macht euch beide wieder zu einem Team. Gib ihr Zeit, sich mit deinen Kopfkinos auseinander zu setzen - nach ihrem Tempo und ohne Druck. Weihe sie einfach ein, fordere Respekt und Toleranz. Versichere ihr aber auch, dass sie alle Zeit der Welt hat. Dass du nichts im Alleingang/ ohne ihre Kenntnis machst.
Schafft einen Rahmen, in dem Vertrauen wachsen kann - im weiteren Verlauf entsteht evtl. Raum für gemeinsame Projekte.
Den Joyclub an sich würde ich persönlich dabei als Randerscheinung betrachten. Er allein stellt für mich keinen Betrug dar, so wie auch ein heimlich Pornos guckender Mann für mich kein Betrüger ist.
Im Joy hast du dich umgesehen, hast Möglichkeiten kennengelernt und gemerkt: Ja, das wäre etwas für dich. Du hast dich informiert und orientiert. Das ist normal. Ein Mensch ist nie in seinen Interessen über Jahre gleich. Menschen verändern sich. Menschen entwickeln Interessen, vertiefen sie, manche legen sie wieder ab. Mit 15 sind einem andere Dinge wichtig als mit 25. Anders sieht es dann mit 35 wieder aus.
Und damit kommen wir zu meinem Ratschlag. Etwas, das mein erster Freund und ich nicht bewältigt haben: Dynamik zulassen. Veränderungen aller Art als Teil des Lebens und der Persönlichkeit sehen. Das muss man lernen. Darüber muss man reden können. Denn oftmals neigt man dazu, einen Status Quo von irgendwann stillschweigend aufrechterhalten zu wollen. Weil mal etwas schön war. Weil mal etwas gut tat. Weil sich mal etwas sehr richtig anfühlte. Das ist toll! Aber man muss im Laufe der Jahre auch neuen Interessen und Denkweisen Raum gewähren. Nur so kann man selbst und als Paar wachsen.
Diesen Raum haben wir uns damals nicht oder nur einseitig gewährt. Das erzeugte großen Druck.
Ich drücke dir den Daumen, dass du in deiner Freundin ein tolerantes Echo findest. Ich lese in jeder deiner Zeilen heraus, dass sie dir wichtig ist und würde mich freuen, wenn ihr deine Phantasien und Sehnsüchte ebenso wichtig sind. Clubs sind toll, sexuelle Freiheiten - verantwortungsvoll und vertrauensvoll genutzt - sind Balsam für die Seele.
Falls du noch Fragen hast, kannst du mir gerne eine PN senden.
Alles Gute!
Elisa