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Kunst: Können? Künstlich?
Können beschreibt für mich lediglich das Handwerkliche.
Doch unter Künstlich verstehe ich sehr viel mehr.
Der sogenannte Künstler schafft eine nicht real existierende Welt.
Musik, Malerei, Bildhauerei oder Photographie, was auch immer.
Wenn ich z.B. ein Bild malen will, fange ich an, es erst im Kopf entstehen zu lassen. Das allerwichtigste sind dabei meine Eindrücke von irgendeinem Erlebnis, vielleicht von Personen, einem krummen Stein etc.
In meinen Gedanken formte ich ein Bild aus diesen Eindrücken.
Ich tauche also in mich hinein und lasse mich auf dieses Bild ein. Es ähnelt sehr einem Tagtraum bzw. Wachtraum. Einen gewollten Traum. Nennen wir es einfach Wunschtraumbild.
Alles was mir wichtig ist bei diesem Bild, verstärkte ich durch seine Ausdruckskraft, d.h. ein krummer Stein wird um vieles krummer, er verzerrt sich bis ins surreale. Er wird zu einem nicht wirklichen Stein.
Nun kommt ein guter Teil Recherche dazu: Woraus besteht dieser Stein, wie alt kann er sein, aus welchem Material, wie ist er erstanden und warum?
Alles, was ich mir nicht beantworten kann, bleibt vage, ein Gedanke.
Ein Mischbild aus Realem und einem Traumgedanken.
Der Prozess des Malens:
Mich umgibt wohltuende Stille, kein Wandschmuck, ein karger Raum. Nichts soll mich vordergründig beeinflussen.
Vor mir eine weiße Leinwand. Ich mische die Farben aus meinem Tagtraum.
Auf der Leinwand markiere ich mit einem Stift in groben Zügen eine gedachte Perspektive, die einer wirklichen Perspektive, sowie von unseren Augen wahr genommen wird, nicht im mindesten ähneln muss.
Während des Arbeitens bin ich nicht gut ansprechbar, es würde meine Konzentration auf mein Traumbild stören.
Ich säubere meine Pinsel, ein letzter Blick auf die fast blanke Leinwand, ich fange an, mein Bild zu malen.
Stunden vergehen, ich arbeite ohne jedes Zeitgefühl, manchmal Tag und Nacht hindurch, einem Rausch nicht unähnlich. Mein Traumbild fängt an, sich mir zu zeigen, vieles kommt hinzu, was in meinen Gedanken zuerst nicht sofort sichtbar war, alles verdeutlicht sich.
Der wichtigste Moment nähert sich: Der Moment des Aufhörens. Dieser Moment enscheidet, ob es mein Traumbild wird.
Meistens passe ich diesen Augenblick genauestens ab.
Ich höre sofort auf, begebe mich sofort unter Leute, bestelle Wein, Zigaretten und tauche in Unterhaltungen ein. Mit dem Ziel, mein fertiges Bild vorerst zu vergessen.
Niemand darf dieses Bild sehen, bis es für mich nicht mehr wichtig ist, ganz aus meinen Gedanken verschwunden ist.
Nach einer ganzen Weile widme ich meine Aufmarksamkeit wieder meinem Bild. Entspricht es meinem Traumbild?
Wenn ja, zeige ich es. Wenn nicht, zerstöre ich es, weil es für mich persönlich dann ohne jeden Wert ist.
Ob es andere für "Kunst" halten, ist mir dabei vollkommen gleichgültig, allein mein Urteil über dieses Bild ist für mich entscheidend.
Nie würde ich dieses Bild erklären. Denn wer nicht genau diesen Traum hatte wie ich, wird es auch nicht so begreifen können.
Warum dann Anderen zeigen? Weil es eine künstliche Welt ist, in die sich jeder mit seinen Gedanken oder mit seinen eigenen Träumen dort hineinversetzen kann, wenn er denn möchte. Da nicht jeder malen kann, sowohl aber träumen, denke ich, ist dieses Bild auch für viele Andere eine neue künstliche Welt.
la ama