Meine erste Schwangerschaft kam ungeplant und eigentlich auch ungewollt. Wir haben damals verhütet, auf natürliche Weise (Temperaturmessung und Zervixschleimprüfung) zusätzlich hatten mir eine Handvoll Gynäkologen versichert, dass ich aufgrund einer Anomalie Schwierigkeiten haben werde, schwanger zu werden.
Wir schrieben damals beide gerade unsere Diplomarbeiten, waren also am Ende des Studiums angelangt. Ich war 25, er 26 und eigentlich hatten wir für die Zeit nach dem Studium andere Pläne. Wir wollten zusammen für eine Zeit ins Ausland. Erst ein Jahr mein Wunschland, danach ein Jahr sein Wunschland.
Stattdessen wurden wir Eltern und blieben dort, wo wir waren.
Das Gute war, wir hatten noch keinen hohen Lebensstandard, wir sind jahrelang mit dem Bafög und gelegentlichem Jobben ausgekommen. Wir hatten eine Zweizimmerwohnung, kein Auto und nichts, weswegen wir unbedingt Geld verdienen mussten. Wir waren mit sehr wenig sehr zufrieden.
Zwei Wochen vor der Geburt gab mein Freund (mein jetziger Ehemann) seine Diplomarbeit ab und zwei Wochen nach der Geburt bekam er ein Jobangebot, welches er aber ablehnte, weil er als Vater keine Vollzeitstelle haben wollte. Aber die wollten ihn unbedingt und gaben ihm eine Halbzeitstelle.
Wir hatten eine wundervolle Zeit mit unserem Kind. Es schlief mit uns in unserem Bett, ich stillte, wir wickelten mit geschenkten Stoffwindeln und es trug Strampler aus dem Second-Hand-Laden.
Wir hatten nicht viel aber von einem hatten wir genug: Zeit
Und es war alles so schön, dass wir schnell den Wunsch hatten, noch ein zweites Kind zu bekommen.
Ein Jahr und 11 Monate nach der Geburt des ersten Kindes wurde dann unser zweites Kind geboren.
Mein Mann hatte nach wie vor eine halbe Stelle, ich studierte noch ein zweites Mal und bekam noch einmal Bafög. Dazu gab es Kindergeld und Erziehungsgeld, finanziell ging es uns gut. Und wir hatten immer noch viel Zeit für unsere Kinder.
Rückblickend würde ich es immer wieder so machen. Damit meine ich jetzt weniger, einmal ungeplant und ungewollt schwanger zu werden und einmal geplant und gewollt. Nein, ich meine damit, zu einem Zeitpunkt schwanger zu werden, wo man noch nicht diesen hohen Lebensstandard hat und keine finanziellen Verpflichtungen hat.
Ich kenne Menschen, die haben z.B. gebaut oder eine Eigentumswohnung gekauft, haben dafür Kredite aufnehmen müssen. Dazu Kredite für Einrichtung, zwei Autos. Die Berufe und Jobs haben, die nicht nur das nötige Geld bringen sondern auch die berufliche Erfüllung. Alles Dinge, die man ungerne verlieren möchte.
Wir dagegen, wir hatten nichts, was wir hätten verlieren können. Wir kannten es nicht, auf etwas zu verzichten, weil wir ein Kind bzw. zwei Kinder hatten. Weil es nichts zu verzichten gab.
Auch unsere Naivität fand ich im Nachhinein gut. Wir haben uns nur wenig Gedanken gemacht. Ich habe keinen einzigen Test machen lassen, ob das Kind irgendeine Beeinträchtigung haben wird, die sind mir aufgrund meines Alters auch gar nicht angeboten worden. Also keine Fruchtwasseruntersuchung, keine Untersuchung auf Trisomie oder ähnliches. Es hätte an meinem Entschluss eh nichts geändert, mir aber eine unbeschwerte Schwangerschaft genommen.
Die Probleme fingen bei uns in der Schulzeit der Kinder an. Solange wir frei waren von äusseren Zwängen, war alles easypeasy. Aber das starre Schulsystem hat uns und unseren Kindern arge Probleme bereitet.
Da würde ich im Nachhinein einiges anders machen, wenn ich noch mal die Möglichkeit dazu hätte.
Was man sich bewusst machen sollte: die Elternschaft endet nie. Die Kinder werden immer die Kinder für einen bleiben, auch wenn sie längst erwachsen sind und finanziell unabhängig. Emotional sind sie immer noch meine Kinder, um die ich mich sorge, um die ich Angst habe.