Warum also nehme ich eine professionelle Dienstleistung in Anspruch?
Weil ich diese Leistung haben möchte, sie aber nicht selbst leisten kann oder sonst jemanden habe, der sie mir schenkt. Meistens. Oder aber weil ich beim Profi etwas anderes bekomme als zuhause.
Beispiel: Essen. Am besten schmeckt es bei "Muttern" zuhause. Es ist wie gewohnt und (hoffendlich) mit Liebe gemacht. Trotzdem esse ich auch außerhalb: wenn ich mal eben schnell Hunger habe oder mir der Appetit gerade danach steht esse ich beim Imbiss. Wenn ich unterwegs bin, suche ich ein Restaurant auf. Wenn ich etwas zu feiern habe, suche ich mir ein besonderes Restaurant. Wenn ich Appetit auf etwas ganz exotisches habe, dann gehe ich in ein entsprechend exotisches Restaurant.
Wenn ich nicht selbst kochen kann oder will, wenn ich niemanden habe, der mich regelmäßig beköstigt, dann esse ich in der Kantine.
Egal, ob das nun aus einem Mangel heraus kommt, oder ob ich etwas besonderes möchte: da nehme ich ganz selbstverständlich professionelle Dienstleistungen in Anspruch.
Und ich toleriere auch ganz selbstverständlich, dass andere das tun.
Selbst wenn ich immer nur zuhause esse (und mir nach außerhalb meine Butterbrote mitnehme), hinterfrage ich nicht die Motive von anderen, die eben auswärts essen.
Ist die professionelle Dienstleistung aber sexueller Natur, ist das plötzlich ganz anders.
Die „Geiz ist geil“-Fraktion erklärt, dass sie nicht zahlen, solange sie es auch irgendwie umsonst bekommen können, andere stellen verschiedene Bedingungen, die ihrer Meinung nach erst erfüllt sein müssen, wieder andere finden, dass allein die Tatsache, dass Geld dafür ausgegeben wird, den Wert mindert.
Und von mir aus: jeder soll nach seiner Fasson glücklich werden.
Aber wenn die eigene subjektive Vorliebe zum Maßstab erhoben wird, wenn andere damit bewertet werden, dann wird es bedenklich.
Aus einer Position heraus, aus der sich viele Möglichkeiten ergeben, ist es einfach, über andere Entscheidungen „den Stab zu brechen“.
Aber was ist mit denen, die sich ihre sexuellen Wünsche nicht einfach so erfüllen können?
Die aus welchen Gründen auch immer keinen geeigneten Partner finden?
Für genau diese Leute gibt es doch professionelle Anbieter!
Um im Bild von oben zu bleiben: wer niemanden hat, der gratis für ihn kocht, der geht eben essen (oder lässt sich was liefern).
Würde ich also die Dienstleistungen einer Sexarbeiterin in Anspruch nehmen?
Ja klar!
Aus all den genannten Gründen: weil ich meinen Hunger stillen möchte, weil ich Appetit auf etwas Besonderes habe, weil ich mir etwas gönnen möchte, weil ich manche Sachen besser beim Spezialisten bekomme, …
Und bezahlen? Natürlich – wie in allen anderen Dingen des Lebens auch: gute Arbeit soll auch gut entlohnt werden!