„Ganz egal welch elegante Umschreibungen man für sich deklariert hat, in welcher Beziehungsform man sie auslebt und in welcher Verteilung der einzelnen Präferenzen - BDSM ist immer eine Verhaltensweise im sexuellen Kontext.
Wie sieht es denn unter asexuellen aus? Die gehen auch Beziehungen ein, gerne und bewusst mit ebenfalls asexuellen, sonst geraten die Dinge in Schieflage. Aber warum sollten sie eine Beziehung eingehen, wenns eh nix zu vögeln gibt? Oder sind das reine Zweckgemeinschaften? Kann es vlt, dass auch sie Liebe und Zuneigung spüren wollen, Nähe und Wärme und auch mal denjenigen an ihrer Seite mit ihrer Art von Sinnlichkeit erfassen möchten? Wenn das also frei von Sexualität ist, wo ist denn hier der sex. Kontext?
Auch erfährt man in einer Beziehung nicht immer nur positive Emotionen. Ist der Partner krank, oder steckt in Schwierigkeiten, sorgt und kümmert man sich. Vlt streitet man sich auch mal, wurde gekränkt und verletzt. Auch hier gibts nichts hintenrum zu erotisieren, null sex. Kontext. Aber eben das, was man in jeder Beziehung erfährt. Ist in BDSM-Beziehungen nicht anders.
Natürlich könnte ich auch mit einer Vanilla eine Beziehung eingehen. Mich in sie verlieben, wir hätten tollen Sex, vlt ist sie sogar pervers und wir teilen einen Fetisch? Ist doch super wenns in der gemeinsamen Sexualität so gut passt! Dummerweise ist sie nicht devot. Sie mag meine dominante Art so gar nicht, das führt ständig zu Spannungen, Reibungen und immer wieder zum Streit. Sie kann mich vom Wesen her nicht annehmen wie ich bin. Wir passen nicht zusammen. Und das, trotz Super-Sex! Und jetzt?
Das gleiche gilt auch für die devote Frau, wenn sie einen tollen Mann hat, der aber nur Ja und Amen sagt und sie alle Entscheidungen treffen lässt. Ja Schatz, natürlich Schatz, mach du mal Schatz. Passt doch perfekt oder? Wo ist hier der sex. Kontext?
Hier im BDSM-Forum ist auch immer wieder zu lesen: BDSM soll ja Spaß machen, ist ja eine Erweiterung der sex. Vorlieben. Ja klar, solange es sich um Vorlieben geht, steh ich natürlich auch nur auf das was mich scharf macht. Ist ja auch meine Vorliebe. Aber dafür braucht es keine Neigung! Solche Sexspiele nach einer Art von BDSM kann man mit jedem in einer Session ausleben, der da auch grad mal Bock drauf hat. Das ist toll, super. Aber was mach ich mit meiner Neigung?
Meine Neigung hab ich auch im Alltag, immer! Ich kann sie weder an- und ausschalten noch ablegen. Meine Neigung bestimmt mein Wesen, mein Verhalten. Und dann ist es doch logisch, dass ich bei meiner Suche weniger auf sex. Vorlieben achte, sondern darauf, dass sie ein komplementäres Wesen hat! Devot also. Wenn man dahingehend zusammen passt, dann erst kann man auch mal von einem sex. Kontext sprechen, sofern denn nicht das Wesen, sondern die gemein. Sex. gemeint ist.
Das nennt man dann auch 24/7, was eben kein dauerhaftes Rollenspiel, sondern das freie und offene Ausleben seines Wesens ist. Und weil man auch hier nicht den ganzen Tag dauergeil ist, sondern eine ganz normale Beziehung führt, mit all ihren Höhen und Tiefen, ist darin auch kein sex. Kontext erkennbar. Und nein, auch BDSMer, egal welche Beziehungsform sie leben, müssen nicht irgendwelche BDSM-spez. Praktiken präferieren. Soll auch welche geben, die nur Blümchensex haben.
Richtig ist zwar, dass man von gewissen Wesenszügen, Verhaltensweisen, Persönlichkeitsanteilen derart angezogen werden kann, dass es einem in Flirtstimmung versetzt und man dahin schmelzen könnte, d.h. aber auch, dass es (möglicher) sex. Kontext auch erst dann gegeben ist, wenn denn diese Bedingen eben dadurch auch erst erfüllt werden! Das Wesen ist also die Ursache, der sex. Kontext dann eine Wirkung. Nicht umgekehrt! Und ohne Ursache, keine Wirkung, right?
Der Joy ist nun mal kein primäres BDSM-Portal, der Fokus liegt nach wie vor auf die Sex. ausserhalb dieses Spektrums und innerhalb des Joy-BDSM, halt vornehmlich auf Mainstream. Es verwundert daher nicht, dass hier alles auf reine Sex. runter gebrochen wird, was anderes kann und will man sich nicht vorstellen und deshalb ist auch hier alles BDSM = Sex.
Ich finde, am Beispiel von DDlg kann man das sicher trefflicher beschreiben, dass hier kein sex. Kontext maßgebend ist! Denn little wie Daddy benötigen diese bestimmten Persönlichkeitsanteile, um sich auf dieser Ebene überhaupt erst begegnen zu können! Ein Grund, warum das immer wieder mit Pädophilie in Verbindung gebracht wird, ist, weil man auch das auf (reine) Sexualität herunter bricht. Nach dem Motto: Daddy sucht (junge) Erwachsene, die so tut als wär sie erst 6 um sie dann zu ficken! Das ist das was die meisten denken. (Und sicher gibts auch welche, deren Intention das ist.)
Doch selbst wenn DDlg nicht persé asexuell ist, liegt der Fokus in der Erfüllung der dazu nötigen Persönlichkeitsanteile, im Wesen also. Und allein das ist schon ein weites Spektrum und hat mit Sex. erst mal rein gar nichts zu tun!
Auch das kann sich 24/7 Bahn brechen, d.h., dass man auch ganz unbewusst im little- oder Daddy-Space ist. Das sind dann aber auch wieder Verhaltensweisen, die auffallen und sogar auch verstören können. Unbeteiligte registrieren das meist gar nicht oder denken sich ihr Teil. Aber ich möchte mich auch im eigenen Kreis damit nicht verstecken müssen. Denn da fällt es dann def. auf. (Wieso nennt sie ihn Daddy, warum geht er mit ihr aufs Klo usw...). Und weil ich schon immer einen offenen und ehrlichen Umgang zu schätzen weiß, wissen meine Leute auch Bescheid.
Ich habe mich damals dazu entschlossen, weil meine Neigung, ob meiner Beziehungsführung, weit in den Alltag und ins weitere private Umfeld führt, so dass mir die "Flucht nach vorn" am sinnigsten schien. Zumindest ich hab es keinen Moment bereut.