„Ich empfinde es heut nicht weniger diskriminierend wenn jemand mit schlechten oder durchschnittlichen Noten in Englisch, Mathe und Physik nicht Arzt werden kann.
Ja, das Thema den numerus clauses hat uns, die geburtenstarken Jahrgänge, ja sowieso besonders getroffen. Wenn Heerscharen an Jugendlichen auf die Studienplätze verteilt werden sollen, die in Ignoranz der seit 18 Jahren bekannten Zahlen nicht erhöht wurden, muss halt irgendwie ausgesiebt werden. Die jungen Männer konnten mit ihrem Pflichtwehrdienst eine Zeitschleife drehen, es musste ja irgendwann sowieso sein.
Dass alle Fächer - egal, was der Berufswunsch war - gleichermaßen dafür zählten, war mir schon immer unverständlich.
Mit dem heutigen Verständnis würde ich bei den von dir genannten Fächern es nicht ganz so kritisch sehen. Englisch braucht man, um manche Fachartikel lesen zu können, Mathe und Physik können für die Eignung zu einem naturwissenschaftlichen Studium, zu dem ich Arzt zähle, am Rand noch aussagefähig sein. Bei Geschichte, Sport, Erdkunde, Politik, Kunst und Musik, etc. fehlt mir dagegen jedes Verständnis.
Auch heute scheint es nicht viel anders zu sein. Die eigentlich sehr ehrgeizige Tochter einer Freundin (auch Medizinerin) hat vor wenigen Jahren den Notendurchschnitt für ein Medizinstudium in Heidelberg nur knapp verfehlt (was heißt, Wartezeit oder an einer anderen Uni studieren) und hat dann beschlossen, sich für 12 Jahre bei der Bundeswehr zu verpflichten. Auf diesem Weg studiert sie sofort in Heidelberg.
Bei der Berufswahl verstehe ich zunächst den sozialistischen Ansatz, dass die Berufe nicht unterschiedlich bezahlt werden sollen, sondern dass nach Qualität der geleisteten Arbeit gezahlt werden soll. So macht man am Ende auch gerne das, was man gut kann. Um die erhöhten Ausbildungserfordernisse zu honorieren, gibt es halt einen entsprechenden Aufschlag auf die Basisbezahlung. Wer Qualifikationen auch ohne Ausbildungsnachweis erfüllt, darf nach Prüfung den gleichen "Titel" führen. Manche sind autodidaktisch gut drauf, andere brauchen einen Lehrer und Ausbilder. Aber spätestens die Globalisierung macht solche idealistischen Gedanken zunichte und es greift der freie Wettbewerb.
Nur eines muss zwingend geändert werden: Es kann nicht sein, dass man bei Vollbeschäftigung in welchem Beruf auch immer, nicht genug verdient, um seine Grundbedürfnisse zu decken, sprich: Hartz IV nach Abzug der Wohnungskosten muss immer überschritten werden. Und das ist in den teuren Großstädten bei vielen Jobs nicht der Fall. Dazu muss auch verboten werden, dass dauerhafte Arbeitsplätze ausschließlich mit 450-Euro-Jobbern besetzt werden.
Ebenso halte ich es für falsch, dass in manchen Berufen Trinkgeld üblich ist, erwartet wird (vom Empfänger versteuert werden muss, vielleicht mit den Kollegen zu teilen ist) und deshalb der Lohn niedrig gehalten wird. Warum verdient ein angestellter Friseur so wenig? Von mir - Männerkurzhaarschnitt, dauert keine 15 Minuten - wird pro Stunde über 60 Euro verlangt. Materialeinsatz vernachlässigbar.
Eine Putzkraft bekomme ich nicht unter 15 Euro die Stunde. Schwarz, auf die Hand, versteht sich. Wie kann Mindestlohn darunter sein? Oder sind die Putzkräfte unverschämt? Aber sie kommen damit durch.
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Einer meiner Klassenkameraden wurde von all seinen Mitschülern gehasst. Er war nie im Unterricht, kam zu den notwendigen Arbeiten und ... schrieb gute Noten! Mündlich 0 Punkte, schriftlich 10 Punkte, reichte ihm für 5 Punkte überall, um das Abi zu bestehen. Das brauchte er für sein beabsichtigtes Jura-Studium. Sein Credo: Warum soll ich mir mehr Arbeit machen, als ich muss, um mein Ziel zu erreichen? Ich bin kein Teamplayer, also interessiert mich auch die Klasse nicht. Heute hat er eine gut gehende Anwaltskanzlei...
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Einen möglichen Traumberuf habe ich erst viel zu spät identifiziert: Fluglotse. Darauf bin ich einfach nicht gekommen. Und dann war ich längst auf vermeintlichem Karrieretrip in der Bank, hatte auch viele Monitore vor mir mit schnell veränderlichen Anzeigen und Englisch war keine unübliche Kommunikation...