Puh, hier geht ja bereits einiges durcheinander bzw. wird vollkommen missverstanden oder falsch interpretiert.
Sex-Symbolik kritischer betrachten? Eindeutig JA
Eine kritische Betrachtung ist ja erstmal nichts schlimmes. Das sollte doch jeder mit Allem tun. Hieraus geht ja nicht zwangsläufig hervor, dass etwas falsch ist. Aber man kann eigene Biases entdecken und vielleicht hinterfragen und ein besseres Verständnis von einer Sachlage bekommen.
Ich gehe da mit @*******s80 schon mit. Warum ist ein Mann in Frauenkleidern erniedrigt, eine Frau im Anzug aber stark und dominant? Es geht hierbei ja offensichtlich nicht um das NIcht-entsprechen von Geschlechterrollen, denn ansonsten wäre die Frau im Anzug ja genauso erniedrigt wie der Strapse tragende Mann. Dahinter steht ziemlich offensichtlich eine Assoziation von klassisch femininer Kleidung mit Schwäche und männliche Kleidung mit Stärke. Was ja durchaus sehr kritikwürdig ist.
Hieraus geht für mich allerdings nicht hervor, dass diese Spielart generell unmoralisch ist. Erst wenn die sexuelle Präferenz ungefragt oder ungefiltert auf das tatsächliche Leben übertragen wird bzw. hier übernommen wird besteht ein heftiges Problem.
Anschaulich wird es beim Thema Big Dick und Hautfarbe. Ich finde Raceplay, also die Betonung von Unterschieden bei Hautfarbe mit entsprechendem Rollenspiel (Weißer Herr, dunkelhäutiger Sklave) ist vollkommen in Ordnung, wenn alle Beteiligten zustimmen. Ich habe hier allerdings auch schon Dategesuche gelesen in denen ein "Schwarzer mit BigDick" gesucht wird. Die Begründung war, dass Sex mit eben diesem Typ Mann eben wilder und animalischer war.
Hier wird halt eine Grenze zum Rassismus überschritten, da nicht ein Mitspieler für Raceplay gesucht wird der die Rolle des "schwarzen Wilden" übernimmt, sondern es wird schlicht davon ausgegangen, dass alle dunkelhäutigen Menschen diese Rolle natürlich ausfüllen. Was nunmal sehr abwertend und Objektifizierend ist.
Ich mache auch mal ein Beispiel, das viele hier wahrscheinlich wütend machen und von dem sich viele angegriffen fühlen werden.
Körpergröße ist für die meisten Menschen eine sexistisch motivierte Präferenz, mit der sie eben die vorhin erwähnte Grenze überschreiten. "Groß" wird als männliches Attribut gesehen und mit Stärke, Dominanz, Kompetenz und Führungsstärke assoziiert. Also klassisch männlich-attraktive Attribute. "Klein" wird als weibliches Attribut gesehen und mit Schwäche und Schutzbedürftigkeit assoziiert. Also eher weibliche Attribute.
Wenn eine Frau also einen großen Mann sucht, weil sie sich in dessen Nähe weiblicher oder beschützter fühlt oder ein "richtiger Mann" für sie eben groß ist, dann ist ihre Präferenz beeinflusst durch eben diese sexistischen Zuschreibungen. Gleiches gilt für Männer, die nur Frauen daten können, die kleiner sind als sie. Es ist eine Objektifizierung. Dem Mann/der Frau werden allein aufgrund eines körperlichen Merkmals eine Reihe von Attributen unterstellt und zugeschrieben. Für Männer mit stark positiven Auswirkungen auf einem Ende des Spektrums und stark negativen am anderen Ende. Für Frauen ist es tendenziell umgekehrt.
Sollten Männer und Frauen daher dazu gezwungen sein nur noch in einer gewissen Größe daten zu dürfen? Natürlich nicht. Aber man könnte sich hinterfragen und einmal darauf schauen, inwiefern die eigenen Präferenzen beeinflusst wurden und wie stark man diese auf nicht-sexuelle Bereiche überträgt bzw. andere damit abwertet.
Ich spreche mich übrigens gar nicht davon frei. Meine Freundin ist Asiatin. Ich bin ein weißer Mann. Wir finden uns beide attraktiv, haben uns aber auch kritisch hinterfragt, warum das so ist. Sie kommt aus einem Land, das lange unter weißer Kolonialherrschaft stand und ein kollektives Trauma hat. Weiß-Sein wird dort noch immer als "höherwertig" angesehen und die Schönheitsideale sind entsprechend. Sie hat von klein auf eingetrichtert bekommen, dass weiße Männer und Frauen attraktiv sind und Männer und Frauen mit dunklerer Haut und asiatischen Gesichtszügen weniger attraktiv sind. Zu einem Teil beruht ihre Anziehung zu mir also stark auf rassistischer Prägung.
Ich habe umgekehrt ein Faible für Asiatinnen. Aufgrund dieser vorherrschenden rassistischen Prägung in asiatischen Ländern komme ich dort schlicht viel besser an und habe entsprechend unendlich viel mehr positive Erfahrungen mit Asiatinnen gemacht als mit deutschen Frauen. Also ist auch meine Anziehung ein Stpück weit Fetisch und ebenfalls geoprägt durch eine unglaublich rassistische Kolonialgeschichte.
Das heisst natürlich nicht, dass wir unsere Vorlieben aufgeben müssen oder unsere Beziehung falsch ist oder wir uns weniger lieben. Aber man kann es halt kritisch hinterfragen, Verflechtungen aufdecken und sich der Auswirkung bewusst sein und hierauf achten.
Die Genderdebatte ist übrigens eine vollkommen andere und hat eine andere Motivation und einen anderen Hintergrund. Die in diesem Kontext zu diskutieren hat keinen Sinn. Das ist in etwa so, als würden wir neben diesem Thema auch noch über die Auswirkungen des Klimawandels reden würden. Hat nichts miteinander zu tun.