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Autismus - Was denkt ihr darüber?

*****sin Mann
8.889 Beiträge
Hab das Thema jetzt erst entdeckt.

Autismus ist ein Begriff. (Wofür er steht wurde bereits geklärt)

Es ist auch eine Art Zugehörigkeitsgefühl. Wenn man autistisch ist, gehört man eben dazu. Und alle anderen, die nicht-autistisch sind oder eben nicht "neurodivers", nennt man "neurotypisch".

Und jeder Autist ist anders. Wir sind eben alle ziemlich verschieden voneinander im Sprachverhalten, in Denkweise, im Entwicklungsstand, im Verständnis und: in den Fähigkeiten und (wenn überhaupt vorhanden) in den (Spezial-)Interessen.

Autismus ist auch eine Form von Identität. Ich hab selber eine späte Autismusdiagnose und habe eben jetzt erst ein besseres Selbstbild und etwas, womit ich mich eher identifizieren kann als mit dem Unsinn, den mir Menschen früher angedichtet hatten.

Ich kann die Grundgefühle an mir selber erkennen. An anderen auch. Aber nur bei Bekannten erkenne ich Sarkasmus oder Ironie. Und bei denen kann ich auch Witze machen oder wirke "natürlicher". Bei anderen brauch man mir erstmal nicht mit "Mimik", "Gestik" oder "Ausstrahlung" kommen. Denn meine Mimik entsprecht bei fremden/unbekannten Menschen gegenüber eher der eines Reptils. Und genausowenig kann ich bei denen dann irgendwas rauslesen.
Das Gleiche betrifft Wortverständnis. Bei Fremden nur wortwörtlich, bei Bekannten verstehe ich mehr.
Ansonsten: Licht ist mein natürlicher Feind, starke (chemische) Gerüche, Lärm auch. Aber ansonsten bin ich taktil.

Ein Spruch dazu: "Kennste einen Autisten, kennste nur den einen"

Eine Krankheit kann es auch sein, wenn man absolut nicht klarkommt. (In dem Fall seh ich es aber eher als Behinderung als als Krankheit, weil eher die Folgeerscheinungen, wie Angst oder Depression aufgrund eines schädlichen Umfeldes eher die Krankheiten sind, als der Autismus selbst)
*****sin Mann
8.889 Beiträge
Zitat von *******rau:
Mich verunsichern Autisten dahingehend das ich Ihre Reaktionen nicht richtig einschätzen kann. Ich weiß das Authisten Probleme haben Gefühle einzuordnen.
Und reagieren anders auf Gefühlsäußerungen.

Das sind nur meine Erfahrungen mit Autisten die ich kenne.
Auch wenns nicht zum Thema gehört: So gehts mir bei Neurotypischen. (viele andere Autisten sehen das m.E. ähnlich)
Naja…. Eine Krankheit ist es definitiv nicht. Die Grundlegende Hirnstruktur ist von Anfang an anders „verdrahtet“, es gibt keine Unterstützung von der Krankenkasse und ein Schwerbehindertenausweis bekommt man auch…. Abgesehen davon, dass Autismus auch nicht „heilbar“ ist.

*zwinker*

Mir persönlich schwillt immer der Kamm, wenn ich über Autismus als KRANKHEIT lese. *zwinker*

Viele Grüße
*****sin Mann
8.889 Beiträge
Zitat von **********magic:
Naja…. Eine Krankheit ist es definitiv nicht. Die Grundlegende Hirnstruktur ist von Anfang an anders „verdrahtet“, es gibt keine Unterstützung von der Krankenkasse und ein Schwerbehindertenausweis bekommt man auch…. Abgesehen davon, dass Autismus auch nicht „heilbar“ ist.

*zwinker*

Mir persönlich schwillt immer der Kamm, wenn ich über Autismus als KRANKHEIT lese. *zwinker*

Viele Grüße

Ich lach mich eher kaputt, wenn jemand mir sagt "Du bist AUtist? Ich habe vollstes Verständnis für deine Krankheit" *wuerg* *haumichwech* (Mein Gedanke dazu: "Nö, hast du nicht wenn du das als Krankheit bezeichnest. Also Abfahrt!")
Eine Aussage zu Assoziationen beim Begriff Autismus könnte ich pauschal nicht machen, da ich Autisten und eine Autistin mit verschiedenen Erscheinungsformen von Autismus im Bekanntenkreis sowie unter meinen Angestellten habe.

Autismus kann verschieden stark ausgeprägt sein. Ich kenne zwei diagnostizierte Asperger Autisten, die durch monotone Sprache und fehlende Reflexion charakterisierbar wären (reagieren nicht auf übliche Hinweise oder Gesten ihrer geduldigen Zuhörenden), und ich habe einen Autisten getroffen, der durch eine schwere Sprachstörung - d.h. Sprach-Verständnis! - und das bekannte Fehlen von Reizfilterung kein eigenständiges Leben führen kann (das geht schon los bei der Tatsache, dass ein Betreten eines Geschäfts wegen der Anwesenheit fremder Menschen nicht möglich ist oder eine durch Regenschauer überfüllte Bahnhofshalle heftige Reaktionen hervorgerufen hat, die seine Betreuerin sehr forderte). Der Mann ist jetzt zirka dreißig Jahre alt, und diese Form von Autismus, die die komplette (offensichtlich nicht selbstbestimmte) Lebensgestaltung auf extreme Weise negativ beeinflusst, nicht als Krankheit zu begreifen, fände ich abenteuerlich. Ich darf davon ausgehen, dass dieser Mensch - wenn er könnte - ein Leben ohne solche Einschränkung und Betreuung leben möchte. Dieser "atypische Autismus" ist ein Krankheitsbild nach ICD-10 (F84.1).

Wenn rund um die Uhr-Betreuuung nicht als Krankheitsbild erkannt wird, was denn dann!??
Es ist für Betroffene fast keine soziale Interaktion möglich. Sie können keine Briefmarken kaufen oder sich sporadisch im Alltag möglichen Situationen aussetzen.

Wahrscheinlich haben wenige Menschen jemals Kontakt mit schwer autistischen Personen gehabt und nehmen jede milde Form pauschal als "Autismus" wahr.

Ich habe persönlich den Verdacht, dass mangelnde Herausforderungen in gesättigten Gesellschaften dazu führen, Eigenschaften (und durchaus auch solche aus dem Autismus-Spektrum, d.h. alle milderen Formen) bewusster wahrgenommen werden. Man könnte über derlei Eigenarten im Kontakt mit Menschen auch einfach hinweggehen und sie tolerieren - doch das scheint manche Stadtbewohnende aus westlichen Wohlstandsstaaten zu überfordern.

Long story short, ich sehe vor meinem inneren Auge beim Begriff "Autismus" sowohl den jungen Mann, der Hunger hatte und nicht über die Straße in den kleinen Supermarkt gehen konnte - und auch den Angestellten mit Asperger-Diagnose, der in langen monotonen Sätzen über Volkswirtschaft aus TV-Sendungen referiert ...was mich nicht weiter stört. Hier liegt keine Krankheit im Sinne des Wortes vor.
*******er42 Mann
1.600 Beiträge
Erst einmal sind Autisten Menschen wie jeder andere auch. Ich bitte darum, dass nicht zu vergessen.

... und dann sind es eben auch besondere Menschen - Menschen welche dieses können und anderes nicht. Welche diesen und jenen Fehler haben - wie andere auch.

Somit sind Autisten nicht krank oder gar behindert. Sie sind einfach nur Besonders.
********mira Frau
2.840 Beiträge
Zitat von *******er42:
Sie sind einfach nur Besonders.

Das ist ein, bei vielen Autisten, verhasstes Stigma. "Besonders" oder wie Ralph Wiggum von den Simpsons sagt "Mommy says I'm special!" *hackfresse*
********mira Mann
219 Beiträge
@******ees
Ist jetzt Haarspalterei, aber von einer Krankheit im eigentlichen Sinne würde ich bei Autismus nicht sprechen. Denn eine Krankheit zeichnet sich i.d.R. dadurch aus, dass sie entweder ganz heilbar oder zumindest was die Symptome betrifft behandelbar ist.
Das ist bei (angeborenen) Entwicklungsstörungen nicht der Fall - die können nicht mal eben wegtherapiert werden. Von daher definiere ich Autismus je nach Form als eine mehr oder weniger starke Einschränkung oder Behinderung.
********mira Frau
2.840 Beiträge
Zitat von Autismus.info (Instagram)

"'Autismus ist keine Behinderung/Störung, denn das hieße ja, dass mit Autisten grundsätzlich etwas nicht gut und richtig wäre' - warum diese Aussage problematisch ist:

Immer wieder hört man in den sozialen Medien die oben stehende Aussage - zumeist von Personen, welche selber nur leicht im Spektrum oder nur Angehörige sind. Auch hier wird dieser Satz immer wieder in den Kommentaren gepostet.

Zwar klingt diese Sichtweise auf den ersten Blick integrativ und entstigmatisierend, ist es bestenfalls allerdings lediglich für jene Betroffenen, bei welchen der #Autismus nur leichter ausgeprägt ist. Schwerstbetroffene Autisten und insbesondere alle anderen (!) Menschen mit einer Behinderung werden dabei jedoch sogar aus- bzw. abgegrenzt und zusätzlich stigmatisiert. Denn die oben gemachte Aussage impliziert ja bereits, dass mit "Behinderten" auf einer tieferen Ebene etwas nicht stimmen würde und man sich deshalb von diesem Label oder diesen Menschen abgrenzen müsse.

Anstatt dass hochfunktionale #Autisten, trotz aller autismusbedingten Probleme, welche sie ja dennoch haben, das Thema Behinderung ganz weit von sich schieben, sollten viel eher Behinderungen als solches normalisiert und entstigmatisiert werden - anstelle nur nicht mit "diesen Menschen" in eine Schublade gesteckt werden zu wollen.

Am Ende stellt sich sogar die Frage, ob jene, welche in der Zuschreibung des Behindertenbegriffs zu Autisten eine Autistenfeindlichkeit sehen, nicht gar Behindertenfeindlich sind.
Und: Wenn diese Autisten nach eigener Aussage gar nicht behindert sind - wieso glauben sie dann, beim Thema Behinderung überhaupt so sehr mitreden zu können?

Alles in allem ist die Behauptung oder vielmehr der Wunsch, Autismus sei keine Behinderung, einer der größten Irrwege in der aktuellen Debatte. Autisten sind nicht besser oder schlechter als andere Menschen, genauso wenig wie es alle behinderten Menschen auch sind. Deswegen gibt es auch keinen Grund, dieses Label im Sinne einer Entstigmatisierung abzulehnen."
*****sin Mann
8.889 Beiträge
Wenn dich etwas im Alltag oder am Gemeinschaftsleben behindert, sei es Autismus oder blind oder gehörlos zu sein oder im Rollstuhl zu sitzen, dann kann man durchaus von einer Behinderung sprechen.

Ich finde es persönlich nicht schlimm, in dieser Form eingeschränkt zu sein. Ich bin sogar froh, dass ich mir den grünen Ausweis erstritten habe und er sogar unbefristet ist. *zwinker*
Wenn man da Hilfe benötigt, sollte man sie auch in Anspruch nehmen. Wenn man diese nicht braucht, auch völlig okay. (Ich kenn eine Autistin, die hat keinen Schwerbehindertenausweis und will auch keinen)

Ich weiß, dass ich kommunikativ nicht besonders gut bin. Hab mich halt 37 Jahre ohne Wissen durchs Leben gekloppt. Was einerseits gut war, dass ich relativ gut zurechte komme, aber andererseits mir zu viel Kraft gekostet hatte, sodass ich kleinere Bereiche (Behörden und manches Zwischenmenschliche) ausgelagert habe.
Erst nach meiner Diagnose und dem Coaching, was ich erhalte und nach dem ich meinen Schwerbehindertenausweis erkämpft hatte, nahm meine Lebensqualität zu. Ich hab hier sogar tolle Dates zustande gebracht. ^^
Inzwischen trau ich mir sogar Training zu. Ein Buch rausgebracht, zwei weitere in Arbeit und noch zwei in Planung.
Arbeiten gehen trau ich mich allerdings noch nicht. Da "menschelt" es mir dann doch zu sehr.
Aber auch dafür gibts Mittel: Heimarbeit und Teilzeit. *xd*
*********e_TM Paar
1.054 Beiträge
Ein autistisches Gehirn zu haben, kann sehr sehr unterschiedliche Ausprägungen haben. Einige wenige sind so tief im Spektrum, dass es krankhafte Ausmaße hat. Aber es kommt ganz darauf an wie der Begriff Krankheit definiert und gesellschaftlich gelebt wird. Ich spreche da auch nicht von einer Krankheit. Wer von Geburt an taub oder blind ist, ist nicht krank. Aber durchaus behindert und eingeschränkt und wird behindert.
Wer eine bakterielle oder virale Infektion hat, ist krank. Wer durch Umweltgifte stark beeinträchtigt ist, ist krank (Krebs). Diese Richtung ist für mich Krankheit. Nicht eine genetische Mutation die zu einer untypischen Gehirnentwicklung führte. In unserem Fall zu einer autistischen Neurologie.
*******er42 Mann
1.600 Beiträge
Zitat von ********mira:
Zitat von *******er42:
Sie sind einfach nur Besonders.

Das ist ein, bei vielen Autisten, verhasstes Stigma. "Besonders" oder wie Ralph Wiggum von den Simpsons sagt "Mommy says I'm special!" *hackfresse*

"Besonders" im Sinne von "nicht wie die anderen, keine Normalos, etc". Ich weiss Du meinst, aber für mich ist jeder besondere Mensch wesentlich wichtiger und interessanter als der 08/15-Standard-Mensch.

Ich liebe besondere Menschen ... bin ja selber einer
*****sin Mann
8.889 Beiträge
@*******er42 ich auch. Und um besonders zu sein muss man auch kein Autist sein. Viele meiner Kontakte hier sind keine Autisten.
*********el22 Frau
1.979 Beiträge
Ich fand es immer schwierig mich hinter Begrifflichkeiten zu verstecken.

Nach vielen Umwegen endlich zu entdecken, für meine Art die Welt zu sehen, mit Menschen, Situationen oder Problemen umzugehen, gibt es einen Begriff und damit eine Erklärung, war sicherlich ein Meilenstein in meinem Leben.

Zu entdecken, an welchen unterschiedlichen Standorten im autistischen Spektrum ich mich über meine Lebensjahre hinweg befunden habe und heute befinde, mich da wiederzufinden und Erklärungen für meine Schwierigkeiten zu finden, war sehr wichtig für mich und hat mir seitdem vieles erleichtert. Schon weil die Energien, die ich in früheren Jahren benötigte, um mich an Erwartungen anderer wie ich zu sein habe, mich zu verhalten habe anzupassen, in dem Moment des Anerkennens, ich bin im autistischen Spektrum verortet, frei wurden für mich, für Entwicklung. Für mich damals sehr befreiend.

Befreiend vor allem in meiner Beziehungsgestaltung zu anderen Menschen, im sozialen Miteinander. Ich weiß um meine eigenen Schwierigkeiten, kann damit umgehen und auch heute klar erkennen und benennen, wann, wie und warum diese Schwierigkeiten auftreten und entsprechend damit umgehen.

Beispielsweise erkenne ich heute sehr schnell Reizüberflutung und kann handeln bevor es zu Überforderung und im schlimmsten Fall einem Meltdown kommt. Ich kann reagieren und es benennen und rechtzeitig die Reissleine ziehen und mich in eine Umgebung begeben, in der ich wieder zur Ruhe kommen kann.

Nein, ich fühle mich damit auch keiner Gruppe zugehörig, meine Art zu sein, macht mich aus und eben auch nur mich.

Ich bin auch nicht besonders, jedoch weiss ich heute, welche positiven Fähigkeiten oder Eigenarten mir mein anders verdrahtes Gehirn beschert hat und sehen nicht mehr vorrangig die Unterschiede oder eher problematischen Eigenarten. Ich bin in erster Linie Mensch, Frau und erst dann ein Mensch, eine Frau mit anderer Gehirnvernetzung. So gehe ich auf Menschen zu und andere begegnen mir entsprechend.

Was mir bei alldem geholfen hat, also zu verstehen wie andere ticken z.B. und damit auch wie ich selber ticke, ich habe meine Umwelt wie eine Fremdsprache verstehen gelernt. Ich spreche autistisch und habe gelernt die für mich fremde Sprache meiner Umwelt zu verstehen und irgendwann auch zu sprechen und bewege mich seitdem mit einem ganz anderem Selbstverständnis in dieser Welt zu der ich auch gehöre. Das war anfangs nicht einfach, heute macht es mir Spaß und Freude, diese Sprache auch sprechen zu können.

Was ich aber nicht erwarte, dass andere grundsätzlich lernen meine autistische Sprache zu lernen. Ich freue mich dennoch, wenn ich merke, mein Gegenüber versucht es.
*****sin Mann
8.889 Beiträge
Übrigens: Es gibt auch eine Gruppe für Autisten, beziehungsweise zum Thema. Autismus

Als geschützeren Raum als das Hauptforum.
*********e_TM Paar
1.054 Beiträge
Erstens denken wir: Du bist kein Autist. Sondern Du bist ein ehrenwerter Mensch mit autistischer Neurologie. Das ist keine Krankheit sondern eine abweichende neurologische Hirnentwicklung. Je nach Intensität tiefer im Spektrum oder weniger tief. Von normal selbständig lebensfähig bis hin braucht intensive Betreuung.

Jeder Mensch ist anders. Abgesehen von eineiige gemeinsam aufgewachsenen Twins, ist jeder ein Individuum. Und genau so zu ehren und zu behandeln. Wer sich uns als „Autist“ vorstellt, wird erstmal gefragt ob da auch ein Mensch vor uns sitzt/steht. Und dann, sprechen wir eine gemeinsame Sprache, verbal oder schriftlich? Wenn ja, alles gut.

Wir sind beide im Spektrum. Wären andere Einschränkungen nicht auch im Spiel, würden wir ganz ohne Hilfe klar kommen. Aktuell denken wir über PS1 nach.
*******er42 Mann
1.600 Beiträge
Was ist PS1?
*********e_TM Paar
1.054 Beiträge
Pflegestufe 1
*********e_TM Paar
1.054 Beiträge
Ups, muss heute ja Pflegegrad heißen.
*******er42 Mann
1.600 Beiträge
Egal, hab's kapiert. Danke
Ich habe vor vielen Jahren mal jemanden beim Onlinedating kennen gelernt, der mich damals anschrieb und mir auch direkt sagte, dass er Asperger Autist ist. Ich konnte damit nichts anfangen und habe deshalb erstmal ausgiebig gegoogelt und es mir auch von ihm erklären lassen. Die charakteristischen Merkmale haben mich dann jedoch abgeschreckt. Aber nicht, weil ich da grundsätzlich ein Problem mit hatte, sondern weil ich mir dachte "Oh Gott, der ist ja wie ich. Wie soll das denn gehen?". Mir war klar, dass ich für meinen speziellen "Charakter" einen grundverschiedenen Gegenpol brauche.

Aus heutiger Sicht denke ich mir, wie bescheuert kann man eigentlich sein, dass ich es damals nicht gerafft habe *raeusper* *mrgreen* . Durch eine Verkettung von Zufällen weiß ich nun heute, dass auch ich Asperger Autistin bin. Und entgegen dem was ich immer wieder lese, empfinde ich es definitiv als Behinderung. Es behindert mich in meinem Leben. Ich kann nicht wie ein "normaler" Mensch leben und agieren. Es gibt mit Sicherheit Autisten für die es keine Behinderung im Leben darstellt, aber man sollte es nicht per se als keine Behinderung darstellen. Für mich war es nach dem langen Leidensweg eine wirkliche Erleichterung. Endlich hatte ich etwas greifbares. Etwas worauf ich aufbauen kann. Das hat mir auch die Kommunikation mit meinen Mitmenschen erleichtert, weil ich ihnen jetzt viel besser erklären kann was los ist. Und es hat mir auch insofern geholfen, dass ich nun auch viel besser zu mir und meinen Eigenarten stehen kann. Ich zwinge mich nicht mehr zu Dingen die ich nicht möchte und das entstresst mich enorm.

Und um das Ganze noch aus der Sicht meines langjährigen (neurotypischen) Partners zu schildern. Meine Schwester lernte ihn als Freund/Kumpel vor mir kennen. Ich kannte ihn quasi nur vom Sehen. Als wir dann später ein Paar wurden erzählte er mir, dass meine Schwester wohl viel über mich erzählt hatte. Vor allem stach heraus, dass ich ein gefühlskalter Sozialkrüppel bin, der nur wenig menschliche Nähe zulässt oder gar mag. Sie hat das natürlich alles anders und netter verpackt, aber das war im Prinzip die Quintessenz. Seine Reaktion mir gegenüber war dann Unverständnis. Er konnte nicht begreifen wie sie auf so etwas kommt, da ich bei ihm so ganz anders war. Ich erklärte ihm dann, dass sie damit nicht so falsch liegt. Aber das es eben auch Seiten an mir gibt, die sie niemals sehen wird. Zum Einen weil sie nur bei meinem Partner zum Vorschein kommen und zum Anderen wegen der gemeinsamen, prägenden Vergangenheit, die man nur schwer aus dem Kopf bekommt und dann die kleinen Veränderungen einfach nicht wahr nimmt. Er hat sich jedenfalls davon nicht abschrecken lassen und sich die "Mühe" gemacht mich kennen zu lernen. Da waren viele gemeinsame Interessen hilfreich.

Als er nach der Diagnose gefragt wurde wie er damit zurecht kommt, meinte er das es nichts gibt womit er zurecht kommen müsse. Es hätte sich ja nichts geändert. Ich bin ja immer noch der gleiche Mensch. Und wenn er mich nicht belogen hat *zwinker* , kann ich wohl behaupten, dass wir im Laufe der Jahre eine recht harmonische, stabile Beziehung aufgebaut haben. Was ich vor allem seiner Engelsgeduld und Toleranz verdanke!
*********e_TM Paar
1.054 Beiträge
@***i4 Wir sehen uns primär als Menschen und nicht als Autisten. Ein Blinder ist nicht Spezies Blind, sonder gehört zu Mensch.

Beeinträchtigungen die auf beiden Seiten sind, die bis hin zu einer Behinderung zu werten gehen, die erleben wir auch. Von NTs gehen viele aus, was vermeidbar wäre. Aber es sind nunmal 95% die sich in einer U-Bahn oder Bus in lauter Umgebung untereinander verständigen können. Können wir nicht und müssen untereinander per Smartphone chatten. Oder Geruchsbelästigung und optische Belästigungen. Ja, unsere Sinnesfilter sind nicht so stark und wir schnell überlastet. Dafür können wir unter für uns optimalen Bedingungen viel besser konzentrieren. Soziales Feingefühl haben wir. Auch die gesamte Bandbreite an Emotionen. Nur diese zu kommunizieren ist schwer und wir sind schnell von Körpersprache anderer überlastet, besonders schlimm wenn diese vom gesprochenen Wort stark abweicht.

Das ist bis hier aber nur ein kleiner Ausschnitt aus den Differenzen zu NTs.
Bevor ich meine Sichtweise zu dem Thema erörtere, möchte ich mich bei allen bedanken die diesem Spektrum so offen gegenüber stehen.
Ich kann nur etwas zum Thema Asperger beisteuern und zwar als Ehefrau und Mutter.
Als Ehefrau bin ich doch eher negativ belastet, da viele Dinge im Alltag mit meinem Mann nicht möglich sind. Natürlich weiß ich, dass ich die positiven Eigenschaften oft als selbstverständlich ansehe.
Mein Mann geht nicht offen mit seinem Autismus um. Er fürchtet eine Ausgrenzung oder was auch immer. So genau kann er das nicht kommunizieren. Aber viele deuten eben seine „Andersartigkeit“ völlig falsch und stecken ihn in eine nicht sozialverträgliche Schublade.
Während er völlig in seinem Beruf aufgeht, dort eine fast unmenschliche Resilenz an den Tag legt, überfordere ich und die Familie ihn doch sehr oft mit unseren Bedürfnissen.
Und es ist eben sehr schwer auf die Bedürfnisse Rücksicht zu nehmen, wenn die Schwierigkeiten nicht offen kommuniziert werden dürfen.
Und als Partnerin bekommt man eben irgendwann das Gefühl, Bedürfnisse nach Kommunikation und Zweisamkeit in der Ehe sind total deplatziert.
Ich muss mich ganz oft daran erinnern, dass meine Bedürfnisse gut, richtig und wichtig sind. Und das eben immer ich die Initiative ergreifen muss wenn ich was möchte. Immer! Ohne Ausnahme!
Ich könnte jetzt noch Zeile um Zeile füllen, aber darum geht es hier ja nicht.

Ich wünsche mir einfach mehr Menschen die offen mit dem Thema umgehen, damit Menschen wie mein Mann und mein Kind nicht Angst vor Ignoranz und Ausgrenzung haben müssen. Und das erhöht damit auch die Spanne derer, die verstehen wie liebenswert Autisten trotzt ihrer manchmal stacheligen Art eben sein können und warum ich dieses Zusammenleben aufrecht erhalte.
*******rad Mann
279 Beiträge
@*******_Pax

Danke für deinen Beitrag. Ich kann deine Sichtweise ein wenig nachvollziehen, aber nicht weil ich in der selben Situation bin wie du, sondern eben in der anderen. Aber ich bin ein angepasster und zumindest ein wenig reflektierter Asperger und kenne aus vielen Gesprächen mit meiner Frau deine Sichtweise. Mir war es auch lange nicht bewusst warum ich so bin wie ich bin und schon gar nicht konnte ich einsehen warum sich Menschen schwer tun mit mir, weil ich für mich persönlich ja normal bin und alle anderen irgendwie komisch.
Erst intensive Gespräche und das akzeptieren anders zu denken haben mich hinter den Vorhang anderer Menschen blicken lassen die davon betroffen sind das unsere Art zu denken und unsere Sicht auf die Welt eben eine andere ist und wir uns auch schwer tun die Gefühle anderer Menschen zu verstehen und zu interpretieren.
Ausgrenzung hab ich schon immer wieder einmal wahr genommen weil man als sonderling behandelt wird und es gibt meiner Meinung nach nur 3 Möglichkeiten damit umzugehen.
Erstens, das war auch mein Weg, ist die Anpassung, das zeitweise aufgeben der eigenen Art um Akzeptanz zu erlangen.
Zweitens, das beharren auf die eigene Sichtweise und das damit verbundenen eigene Ausgrenzen.
Drittens, die Akzeptanz aller anderen in der eigenen Umgebung, was zwar wünschenswert wäre aber genauso unrealistisch ist.
Ich habe das erlebt als Mensch mit außergewöhnlichen Fähigkeiten und einer Klar- bez Direktheit die wenig Rücksicht kennt… Behindert ist das in meinen Augen nicht ..für sich selbst sehr stark strukturiert zu leben wie schon gesagt außergewöhnlich und es kann/will sich nicht jeder darauf einlassen.
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