Ich verfolge diesen Thread nun seit Beginn an und musste in der Tat die Anfangsfrage und den aufgeführten Beiträgen, erst einmal verinnerlichen, um für mich eine erklärbare Antwort zu finden. Die Suche nach meiner eigenen Antwort, hat daher etwas länger gedauert.
Wie bei allen anderen Themen ist dies eben nur meine Sichtweise und hat nur für mich Gültigkeit.
„Liebe ist das höchste Gesetz der Welt“, lese ich auf meinem Teebeuteletikett und muss so loslachen, dass ich mich an meinem Tee verschlucke. Ach ja, denke ich mir, dann sollten wir Rechtskunde als Schulfach sofort einführen.
Zu frisch, zu akut sind noch all die Schilderungen meiner Freunde, die in den letzten Wochen und Monaten katastrophale Erfahrungen auf der Suche nach eben jener Liebe, die größer ist als die Angst, etwas noch besseres zu verpassen, machten.
Und wir sprechen nicht nur von der Liebe zweier Menschen die einen gemeinsamen Weg gehen wollen, sondern von der Liebe die allgegenwärtig ist. Sondern von all den Menschen die sich emotional dem anderen verbunden fühlen.
Und kennen wir die Storys doch alle. Da entpuppt sich der nette charmante, liebevolle, verständnisvollen wertschätzendem und gutaussehendem Kerl, als Kontroll- und extremst eifersüchtiger Narzisst. Selbstverliebt und nichts ist ihm Recht zu machen, nur seine Meinung zählt und Verständnis hat er nur für sich etc. Alle anderen sind schuld.
Auf der anderen Seite. Diese sympathische Frau, mit einem Lächeln welches dich dahin schmelzen lässt, offen ehrlich, interessiert und reflektiert, entpuppt sich als Egomanin mit einer verzerrten Selbstwahrnehmung und ebenfalls nur die eigene Meinung zählend.
Beide Charaktertypen haben eines gemein. Für beide zählen nur die eigenen Bedürfnisse. Bekommen sie sie nicht, bricht ihr Kartenhaus zusammen und die eigenen Mängel, werden sodann als Vorwürfe implementiert um ihr eigenes Ego aufrecht zu halten.
Beide suchen daher die Fehler immer nur bei anderen. Dies ist gewiss nur ein winziger Teil dessen, wollte jedoch nicht tiefer gehen.
In Beiden Fällen trifft die Aussage John Hawks einmal mehr den Nagel auf den Kopf: Die Menschen häufen die eigenen Fehler ihres Lebens an und erschaffen daraus das Ungeheuer, das sie Schicksal nennen.
Auf die Eröffnungsfrage bezogen, ja, bei beiden bedarf es sehr großen Mut eine Beziehung mit ihnen einzugehen.
„Was uns Menschen in der Tat fehlt? Der Mut zur Liebe?“- Kurz halte ich mein Glas inne und müsste eigentlich nickend zustimmen. Doch so einfach die Antwort für viele zu sein scheint, ist sie dann doch für mich nicht.
Ich entschließe mich zunächst meinen Kopf frei zu kriegen und will ein neues Buch lesen. Zur Auswahl standen „Neue Witze über Männer“ und „die Kraft der Stille“. Ich entscheide mich für letzteres und lege mich ins Bett.
Keine Ahnung warum, jedoch in meinen Träumen führte ich plötzlich eine Diskussion mit der Liebe und stell ihr die Frage, ob man für die Liebe Mut benötigt?
Sie verlangt einfach zu viel. Sie lässt mich nicht ausreden, weil sie alles besser weiß, meine Zweifel interessieren sie nicht, weil nur Loser zweifeln und sie ist egoistisch wie sonst niemand. Sie bringt mich gewiss nicht ständig zum Weinen, redet mir ein schlechtes Gewissen ein und wirft mir gerade dann, wenn ich auf meine Willensstärke stolz bin, vor, ich hätte nicht genug versucht und könne ruhig nochmal losgehen und meinen ganzen Stolz verlieren.
Ich solle doch nochmal anrufen, schreiben oder vorbeifahren und mich wenigstens entschuldigen, weil eigentlich alles nur an mir liegen muss.
Wann versteht die Liebe endlich, dass ihr Zerbrechen ihre Schuld ist?
Hätte es sie nicht gegeben, wäre ich vernünftig gewesen. Hätte es sie nicht gegeben, müsste ich mich gar nicht erst zusammenreißen, um eben nicht zu schreiben oder anzurufen. Ich müsste mein Handy nicht ausmachen, um mich vor mir selbst zu schützen.
Schreckhaft werde ich wach und denke mir „What kind of shit is that?“ Schlaftrunken stehe ich auf, gehe in die Küche, kurbel mir eine Zigarette und gehe auf den Balkon, schließlich rauch ich nur draußen. Es ist nicht sonderlich angenehm und mir fröstelt es. Während ich so meine Zigarette rauche, frage ich mich erneut, was das eben für ein Traum war? Ganz schön „Out of touch with reality„.
So ziehe ich noch vier fünf Mal an der Zigarette und gehe ins Bad, putze mir erneut die Zähne und lege mich in der Hoffnung wieder hin, ruhig und ohne Wirrwarträume zu schlafen.
Weitgefehlt; denn kaum schlendere ich in den Sphären des Schlafs, steht sie wieder vor mir und ruft erneut; Ich solle doch nochmal anrufen, schreiben oder vorbeifahren und mich wenigstens entschuldigen, weil eigentlich alles an mir liegen muss.
Ich antwortete ihr dann etwas angesäuert, hätte es Dich nicht gegeben, könnte ich die Menschen loslassen, die ich loslassen muss. Und füge etwas sarkastisch hinterher, „vielleicht könnte ich nachts sogar friedlich schlafen, wenn es dich nicht gäbe“
Als ich der Liebe das sage, wird sie unfassbar wütend. Wer wird schon gerne für seine Existenz kritisiert? Dabei sage ich doch nur, dass sie oft übereifrig und ihr „Mut“ lebensmüde ist.
Meine erste Liebe, falls man das so nennen kann, hätte ich durch einfaches Warten sicher retten können, meint sie dann. Sie hätte sich schon auch in mich verliebt, wenn ich nur nicht so schnell aufgegeben hätte.
„Schnell aufgeben ist was anderes, es ging um mehrere Jahre, sage ich dann spöttisch.
Die Liebe meint dann, sie habe es ja erst zu spät erfahren, weil ich zu feige war. So langsam werde ich ein wenig verärgert und sage dann, dass ich da eine Freundin hatte. Prompt sagt sie dann, dass das kein Argument sei, weil ich das zu dem Zeitpunkt gar nicht wusste (touché) und ich mich einfach hätte anstrengen müssen, dann wäre es gar nicht so weit gekommen.
Was, wenn ich das halt nicht wollte, rufe ich laut und knalle die Türe im Traum zu. Das knallen der Türe reist mich erneut aus dem Schlaf. Diesmal kann ich nicht mehr einschlafen und ich weiß, wer daran schuld ist.
Der Liebe ist das völlig egal; sie muss sich sowieso keine Fehler eingestehen, weil ach, wo die Liebe hinfällt und hach, die Liebe. So wird sie verwöhnt und bemitleidet bis ein unerzogenes, ungebändigtes Gefühl zurückbleibt, das sie sich alles erlauben kann. Weil die Liebe anscheinend alles darf.
Am nächsten Tag schwirrt sie wieder in meinem Kopf und ich entschließe mich, ein wenig mit ihr über früher zu plaudern und kommen schnell auf meine zweite Liebe, falls man das so nennen kann, zu sprechen. Ich sagte ja, die Liebe ist egoistisch und redet am liebsten über sich selbst.
Wieder hagelt es Vorwürfe, ich hätte das doch alles nur selbst vermasselt. Wieso, frage ich dann. Na, weil du dich nicht entschieden hast, antwortet sie.
Dann warst du wohl doch nicht so stark wie du immer denkst, halte ich ihr vor. Da wird sie wieder rasend und sagt, dass das eben alles nicht so einfach ist, wie ich mir das denke und eben nicht alles läuft wie im Film. Genau, sage ich dann und hoffe schon auf eine Versöhnung.
Falsch gedacht. Du machst alles nur kompliziert, sagt sie, geht mit erhobener Nase raus und ruft mir noch hinterher: Man lässt nicht los. Nie und niemals. Versteh das doch endlich.
Manchmal muss man das aber, rufe ich laut. Damit sollte ich aufhören, denn mit der Liebe streitet man sich ja nicht. Und ich sollte aufhören, so viel zu bereuen und ich sollte aufhören, mir ständig Vorsätze zu machen, nur um mich nicht mehr so oft mit der Liebe zu streiten.
Es ist ja offensichtlich, dass die Liebe den Verstand entweder verloren oder nie besessen hat.
Der Beweis dafür, dass die Liebe gestört und verrückt ist: Für Liebe Nummer drei, falls man das so nennen kann, wollte sie, dass ich alles für sie aufgebe und ans andere Ende der Welt ziehe. Dass ich kein Geld, und keine festen Freunde dort habe, war ihr natürlich wieder egal.
Im Film klappt’s doch auch immer, flüstert sie dann.
Ach, glaubst du jetzt auf einmal doch an Filme? Die basieren auch auf einem Drehbuch und nicht auf zwei Menschen, die sich seit ein paar Monaten kennen, noch nie einige Zeit zu zweit verbracht haben, sage ich dann mit einem besserwisserischen Unterton.
Die Tür knallt schon wieder. Diesmal sitze ich triumphierend auf meinem Stuhl.
Irgendwie wird die Liebe ziemlich sauer, wenn man sie auf die Realität anspricht.
Ich weiß, dass ist nicht sehr reif, dabei habe ich wirklich keine hohen Ansprüche. Immerhin steht es jetzt nur noch zwei zu eins für die Liebe.
Ein weiterer Beweis dafür, dass die Liebe nicht nur gestört, sondern wirklich verrückt ist: Für Liebe Nummer vier, falls man das so nennen kann, setzte ich gerade zu einer Erklärung an, als es erneut steingroße Vorwürfe hagelt, ich wäre es ja wieder selbst Schuld und ich hätte erneut alles nur selbst vermasselt.
Schon wieder und wieso, frage ich erneut.
Weil du ängstlich und verletzlich bist, aber Liebe braucht keine Angst und ist niemals verletzlich, antwortet sie bestimmend.
Ach ja? Wie war das gleich noch mit deiner Stärke wie du immer denkst zu sein und so. Und außerdem ist es ohnehin zu spät.
Liebe ist nichts für Feiglinge, denn Liebe braucht das größte Opfer: die Hingabe und Mut. Nur mutige Menschen können lieben. Feiglinge können das nicht. Okay, denke ich mir, ich bin also ein Feigling. Das muss ich erst einmal verdauen und frage mich wie ich ein Feigling sein kann, wenn meine bisherigen Beziehungen bis zu 15 Jahre anhielten. Auch das ist typisch für die Liebe, sie sieht nur das negative, wenn es mal nicht nach ihrer NASE läuft.
Der Rest des Tages lässt die Liebe mich erfreulicher Weise in Ruhe. Doch sobald ich abends wieder ins Bett gehe und schlafe, na, wen treffe ich da? Genau, die Liebe schwirrt wieder in meinem Kopf herum.
Ob wir nicht mal eine kurze Beziehungspause einlegen sollten, frage ich. Was erlaube ich mir auch solch Fragen zu stellen. Niemals, flüstert sie etwas bedrohlich.
Und sei das nicht schon genug, legt sie sich auch noch mit ihrem BESTEN Freund, dem Idealismus neben mich. Ich stöhne genervt auf und bin zu müde, um aufzuwachen. Außerdem weiß ich, dass es sowieso zu spät ist und sich auf eine Diskussion mit der Liebe einzulassen, genauso sinnlos ist, weil sie unnachgiebig ist. Die weitere Diskussion möchte ich euch hier ersparen. Nur so viel, ich habe kein recht bekommen und es steht 3:1.
Es gibt einen großen Teil von mir, der jederzeit bereit wäre, auf eine Segelbootreise oder einen Roadtrip aufzubrechen – ungeachtet der Umstände. Dieser Teil würde alles für die Liebe tun. Leider oder vielleicht mein Glück, dass noch niemand den Mut hatte und mit gepackten Koffern vor meiner Tür stand. Wäre gewiss eine der wundervollsten Liebesbeweise! Mut haben nicht viele. Die Menschen sind halt doch nicht so wie sie immer vorgeben zu sein. Ich glaube noch an die Liebe. Ich weiß nur nicht ob ich noch will.
Deshalb lässt sie mich auch nie in Ruhe. Schlimmer als die Liebe ist jedoch der Hass. Jedoch werde ich und will nie hassen, niemals. Ich enttäusche die Liebe trotzdem mit meinen Zweifeln und der Realität und sie versucht, es zu ignorieren, wie ich die Dinge auf der Treppe ignoriere, die ich eigentlich mit hochnehmen sollte. Deshalb bin ich auch wütend.
Ich überlege mir, ob ich sie vielleicht heute Abend auf ein Glas Wein einladen soll und wir reden über Gefühle. Vielleicht, wenn ich nach zwei Gläsern meinen ganzen Mut zusammennehme, (shit, ich trinke ja nicht wirklich, also muss es auch ohne gehen) frage ich sie auch, ob sie die echte ist oder nur eine billige Kopie wie bei vielen anderen?
Und egal was ihre Antwort ist, vielleicht schaffen wir es beide, uns mit der Vergangenheit zu versöhnen.
Ich glaube ganz fest daran, wenn uns das Leben oder die Liebe mit Situationen konfrontiert, dann ist das eine Art zu sagen:
Hey, hier gibts was Wichtiges zu lernen, und es tut mir leid, aber bis du es gelernt hast, musst du da immer wieder durch, anders lernt man nämlich nicht.
Ich bin wie viele andere sicher auch, durch schlimme Trennungen und jedes Mal dachte ich puh, wow ich habe endlich gelernt, mein Glück nicht von Aufmerksamkeit, die mir Menschen zuteilen, abhängig zu machen.
Nur um wenig später in die nächste Falle zu tappen, wo jemand mich auch mochte, aber eben nicht nur mich und wo mein Ego sich ganz schön aufgeplustert hat, dass mir genau dieser Mensch Aufmerksamkeit zuteilt, wenn halt leider auch nicht der alleinige oder sonstiges.
Schwups, war der Liebeskummer also wieder da und ich dachte mir, sag mal, warum muss ich da schon wieder durch? Inzwischen weiß ich es, und das Bewusstsein für die Hürden, die mir gestellt werden und vor allem den Wachstum, den ich daraus ziehen konnte, lässt mich jetzt zurück blicken und sagen, wow das war so notwendig.
Und wie stark bin ich eigentlich?!
Und wie schön ist die Liebe eigentlich?
Und wie klug, dass sie doch von Anfang schon genau wusste, was ich brauche, auch wenn ich sie verflucht habe? Ganz ohne Mitleid oder Vorwurf.
Und nach all den Gedanken, ist die Antwort auf die Anfangsfrage klar und deutlich. Liebe braucht nicht nur Mut, aber vor allem braucht Liebe „Wahrheit“
Also, vllt lädst du sie mal ein oder packst einfach deine Koffer, fährst zu ihr und lässt sie erzählen und findest heraus, was sie Dir eigentlich versucht zu sagen.