Zitat von *********ebell:
„Zu kompliziert? Ok, ich versuch's einfach mit einem kleinen Fallbeispiel:
Sie sagt "Benutz mich!" und meint damit, dass jede im Vorfeld als "Ok" eingestufte sexuelle Handlung vorgenommen werden soll, die mir gerade einfällt und zwar in genau den Rahmenbedingungen, die im Voraus geklärt worden sind. Ist im Vorfeld geklärt worden, dass sie (selbstverständlich spielerisch) die Klamotten vom Leib gerissen, an den Haaren zu Boden gezogen und den Schwanz hart in den Mund gerammt bekommen und danach einfach nur noch so lange und so hart wie möglich gefickt werden, aber auf keinen Fall Analverkehr will, dann sind eben genau das die Praktiken, die "ihr Selbstzweck" sind, als das was sie sich in diesem Fall explizit wünscht.
Ich mache dann genau das - in beliebige Reihenfolge und so lange und oft ich Lust habe, bis sie dann nach vier Stunden und neun Orgasmen erschöpft, verschwitzt, überglücklich und und an mich gekuschelt liegen bleibt.
(Ähnlichkeiten mir wahren Begebenheiten sind selbstverständlich rein zufällig.
)
In diesem Fall hatten alle Beteiligten ihren Spaß, jeder hat dem anderen gegeben, was gewollt war und alle Beteiligten hatten ja auch genau diesen Selbstzweck des Spaßhabens im Sinn.
Ergo: Niemand ist benutzt worden.
Naja, "benutzen" ist auch immer noch eine gewisse Auslegungssache. In deinem Beispiel diente sie den zuvor stattgebenden Zwecken. Insofern siehst du auch kein "echtes" benutzen darin.
Aber du verkennst, dass gerade im D/s eine im mehr oder weniger hohem Maße eine Ambivalenz mitschwingt. In Worten: "Mach mit mir was ich NICHT will"! Das ist immer dann gegeben, wenn das Gegenüber das nicht von sich aus, also intrinsisch geben kann aber will und es daher am Gegenpart gelegen ist, das heraus zu holen. Gleichzeitig schwingt darin auch die Bereitschaft mit, alles zu geben wonach verlangt wird. So wird schnell ersichtlich, dass hier Dinge hinter den Grenzen stattfinden, Dinge die man eben NICHT vorher vereinbart hat. Damit aber auch das konsensual ist, bedient man sich des Metakonsens, der genau das eben abdeckt.
Aber warum will man so was? Einfach deswegen, weil so einiges ausserhalb der Komfortzone liegt, ausserhalb von gesellschaftlichen und alltäglichen Werten und Normen, derer wir uns stets unterwerfen. Über die eigenen Grenzen zu gehen, mitzugehen, gebracht zu werden, erfordert Mut, mentale Stärke, die Lust die eigenen Abgründe zu erkunden, den Thrill unfassbares zu tun, den Kick, über sich selbst hinaus zu wachsen.
Nicht wenige Praktiken im BDSM zielen darauf ab, Grenzen zu erkennen, sie zu verschieben, sie zu überschreiten. Stichwort > Überwindung. Sich zu überwinden bedeutet sich zu stellen und darin sehen viele einen riesigen Reiz und ziehen daraus auch ihre Befriedigung. Allein der Thrill, wenn man nicht weiß was auf einen zukommt und wie man wohl damit umgeht. Das Unerwartete. Dann muss man sich auch mit negativen Emotionen auseinandersetzen, wie Angst, Scham, Leid, Schmerz usw. Das ist der Preis, das Eintrittsgeld zu dieser Erfahrung.
Manche Menschen haben einfach einen Hang danach, so was erleben zu wollen. Und sie wünschen sich jemanden an ihrer Seite, der bereit ist das mit ihnen mitzugehen. Sie tun dies dann in beiderseitigem Einvernehmen, im Metakonsens. Sie sind sich allen Risiken bewusst, sie sind KEINE Hasardeure. Aber sie wissen ganz genau was sie wollen und was sie tun! Sie sind sehr selbstbewusst.
Es geht sich also mitnichten darum, sich und den anderen in Extase zu bringen, wie du es beschreibst. Es geht sich darum, sich und den anderen in die Ausnahme zu bringen. Dabei lernt man sich und den anderen ganz neu, ganz anders kennen. Sich hier zu begegnen, in einer Welt jenseits aller Normen und Werte hat was phantastisches und magisches!
Wenn man hier aber stattdessen von und über Menschenwürde und Menschenrechten spricht, muss ich wahrlich anzweifeln, ob die Thematik auch nur ansatzweise verstanden worden ist. Den Eindruck hab ich nicht.