„„Wenn wir bei irgendeiner anderen Tätigkeit auch nur annähernd so viel Sicherheit haben wollten, wie hier als notwendig erachtet wird, würden wir entweder gar nichts mehr tun und in einer Gummizelle, wo wir uns nicht verletzen können, oder in permanenter Todesangst leben.
Das ist ebenso polemisch wie falsch. Es handelt sich um einen kurzen Handgriff. Das ist deutlich weniger Aufwand als beim Autofahren (Sicherheitsgurt, vorher ausgedehnte Ausbildung), Hallenklettern (Sicherheitsseil, gehalten von einer weiteren Person) oder Segelfliegen (ausgedehnte Ausbildung, Check des gesamten Flugzuges vor dem Start). Vor diesem Hintergrund helfen derlei Aussagen nicht weiter.
Und genau das ist ja nicht richtig.
Dein "kurzer Handgriff" bezieht sich vermutlich daauf, ein Kondom überzustreifen. Das ist vergleichbar mit dem Anlegen eines Sicherheitsgurts. Beides reduziert schnell und einfach Risiken, schließt sie aber nicht aus.
Im EP wird von Tests gesprochen. Für was? HIV geht schnell, manche anderen auch. Myko- bzw Ureaplasmen, z.B., kann man erst feststellen, nachdem Kulturen angelegt wurden. Das dauert. Und was hat man am Ende herausgefunden? Dass zu einem - je nach Test und Verfahren unterschiedlichen - Tag in der Vergangenheit der Kandidat nichts infektiöses hatte. Das sagt doch über heute gar nichts mehr aus.
Das HIV-Risiko kannst du mit einem Kondom wunderbar ausschließen. Mit PrEP oder PEP anstelle des Kondoms übrigens genauso wirkungsvoll.
Hepatitis A+B und HPV solltest du per Impfung für dich ausschließen, wenn du dich davor sorgst.
Alles andere an STIs kannst du dir wunderbar per Schmierinfektion durch deine oder seine / ihre Hände holen. Da helfen auch keine (sterilen) Handschuhe, weil du es ja selbst überträgst. Du fasst den anderen an und dann dich. Selbst, wenn du das Kondom überstreifst, fasst du den Schwanz an, ohne danach dir die Hände zu desinfizieren. Hast du penibel drauf geachtet, dass keine Haut von ihm, wo evtl. etwas dran sein kann, mit der Außenseite des Kondoms in Berührung kam, die ja am Ende mit der vaginalen Schleimhaut in Berührung kommt und genauso wunderbar für eine Übertragung sorgen kann? Das kann keiner wirklich sicherstellen. Im Übrigen haben die Männer bei vielen Dingen, die den Frauen Probleme machen, gar keine Symptome.
Manche geben an, dass sie aus gesundheitlichen Überlegungen beim Blasen nicht schlucken oder erst gar kein Sperma im Mund haben wollen. Wenn er Tripper hat, um nur mal ein Beispiel zu nennen, ist das Lusttröpfchen vielleicht gar keines, sondern hochinfektiöses Material, um nur ein Beispiel zu nennen. Aber HIV bekommst du beim Blasen nicht. Dafür kannst du dir alles andere holen.
Und genau dieses "alles andere" kannst du nie ausschließen. Der Wunsch ist zum Scheitern verurteilt, weil die Hygienenotwendigkeiten dazu einfach für Sex nicht praktikabel umsetzbar sind.
HIV, Hepatitis A+B und HPV. Das kannst du verhindern. Den Rest nicht.
So wie auch der Sicherheitsgurt keine Garantie dafür ist, dass du lebend aus dem Auto rauskommst. Egal, wie gut du selbst fährst. Es reicht, wenn ein anderer einen Fehler macht. Und trotzdem bleibt keiner zu Hause. Zu Recht. Aber diese Erkenntnis müssen wir beim Sex auch zulassen. Vollständige Sicherheit gibt es bestenfalls unter zwei "Jungfrauen".