Puh, komplexes Thema!
In der Diskussion sind verschiedene spannende Ebenen drin, die manchmal durcheinander gehen und dann zu Missverständnissen führen:
1) Die erlebte Situation der TE
Hier wäre mir auch vermutlich mulmig geworden. Ob ich selbst wirklich Angst gehabt hätte? Ich weiß es nicht. Vermutlich wäre es beim mulmigen Gefühl geblieben, eben weil die Situation so uneindeutig ist und bis zum Ende bleibt. Auf der einen Seite hänge ich an meiner Sicherheit, auf der anderen Seite weiß ich, dass in der Situation effektiv gar nichts passiert ist und ob es Zufall oder Absicht war, dass die Person hinter der TE her ist, wissen wir alle nicht.
Persönlich löse ich das wirklich entweder durch Telefonieren oder durch stehen bleiben. Gerne auch in Kombination. Und meine Erfahrung ist, dass dann fast alle einfach vorbei laufen und effektiv gar nichts war.
Jemanden einfach mit Pfefferspray anzugreifen, obwohl nichts war und die Situation so uneindeutig ist, finde ich übrigens geht nicht... Das ist nicht umsonst verboten.
Ich unterscheide zwischen meiner eigenen Angst und Unsicherheit und dem, was der andere wirklich tut. Ich höre auf mein Bauchgefühl und will auch nicht immer ausprobieren, ob es wirklich recht hat (daher: telefonieren, stehen bleiben, auch im Kreis laufen finde ich eine gute Maßnahme). Allerdings vertraue ich meinem Bauch und einem mulmigen Gefühl auch nicht blind. Es ist nicht einfach zu akzeptieren und auszuhalten, dass die Situation uneindeutig ist und auch bleibt. Diese Offenheit finde ich aber muss stehen bleiben, damit man gleichzeitig das eigene Gefühl ernst nehmen und gleichzeitig nicht den anderen verurteilen, ganz sicher als Verfolger einzukategorisieren oder sogar anzugreifen.
1) Die Wahrscheinlichkeit von Übergriffen (auf Frauen, nachts)
Wie schnell das vermischt wird, wird für mich hier sehr deutlich:
Zitat von **********e_73w:
„Schon irgendwie traurig, dass Frauen hier erklärt wird, dass ihre irrationale Angst nachts im dunkeln alleine auf dem nach Hause weg, behandelt gehört...
Man kann gleichzeitig Angst oder ein mulmiges Gefühl haben UND sich mit Wahrscheinlichkeiten und Risiko rational auseinandersetzen. Persönlich mache ich immer beides. Ich traue meinem Gefühl (s.o.) in konkreten Situationen, möchte aber gleichzeitig nicht blind meinen Gefühlen vertrauen, sondern das beste aus Kopf & Gefühl nutzen.
Dafür finde ich Statistiken und Risikoerwägungen wie auch
@****yn sehr wichtig und hilfreich. (Danke für deine Beiträge!)
Die Wahrscheinlichkeit, dass wenn ich abends nach Hause laufe, mit etwas passiert ist statistisch wirklich sehr sehr gering. Wäre sie nur bei 0,1 % müsste mir im Schnitt bei jedem tausendsten Weg etwas passieren. Und die meisten, sind wohl schon viele tausend Male ohne dass etwas passiert ist, sicher und gut abends nach Hause gekommen. Auch ich
Und zwar sowohl auf dem Land als auch in der Stadt, im In- und im Ausland.
Dann gibt es aber das "Gesetz der großen Zahlen": Wenn ich Dinge, die eine kleine Risikowahrscheinlichkeit haben, oft genug mache, erwischt es mich vielleicht doch irgendwann. Weil die kleinen Wahrscheinlichkeiten sich irgendwann aufsummieren. Daher passt gut zusammen "die Wahrscheinlichkeit ist gering" (und somit habe ich persönlich auch ein großes Gefühl von Sicherheit) und "es gibt viele Frauen, denen im Laufe ihres Lebens mal etwas passiert" (was ich hier wie beim Auto fahren, krank werden, enttäuscht und verletzt werden als Risiko tolerieren kann und für mich zum Leben dazu gehört).
Und ja, dazu kommt, dass die wirklich gefährlichen Situationen für Frauen Partnerschaften und vor allem Trennungen sind und nicht fremde Männer abends auf der Straße.
Meinem Sicherheitsbedürfnis helfen statistische Kennzahlen, weil sie mich erden. Und mir Sicherheit geben. Klar, keine absolute Gewissheit, aber Sicherheit und das finde ich sehr wertvoll und gut
Noch ein PS:
Zitat von **********e_73w:
„behauptet, Frau sei an ihrer Situation selber Schuld, soll sie sich halt ein Taxi nehmen, Kampfsport lernen oder einfach alle Erzählungen ihrer Bekannten vergessen, weil rein statistisch ist das Risiko ja sooooooooo gering
Diese Zusammenhänge stellt meiner Ansicht nach niemand auf.
Ich habe nirgends gelesen, dass jemand behauptet, dass die TE selbst Schuld wäre. Sie hat nach Möglichkeiten gefragt, wie man damit umgehen kann und darauf haben anderen mit Taxi, Kampfsport, Sicherheitsgefühl durch Bewusstmachen der geringen Wahrscheinlichkeit usw. geantwortet. So wie die TE es sich gewünscht hat.
Und vor allem hat niemand gesagt, die TE sei Schuld WEIL das Risiko statistisch gering ist. Dieser Kausalzusammenhang ist völlig sinnfrei und zieht auch niemand soweit ich das gelesen habe.