„Dieses Ringen miteinander finde auch ich manchmal ermüdend, weil die notwendigen Entscheidungen, Fragen, Antworten doch schon "zig mal" diskutiert wurden und die Argumente längst auf dem Tisch liegen.
Und doch müssen wieder hunderte Seiten (symbolisch gesehen) mit Stellungnahmen geschrieben werden?
Die Beteiligten dieser kräftezehrenden und nervenden Auseinandersetzungen dürften ahnen, was ein Freund vor einigen Tagen mit Blick auf die Entwicklung der Kommunikation gesagt hat:
"Nichts wird sich da ändern. Und weil sich nichts ändert, wird sich alles verändern!"
Das fasst ganz gut zusammen, dass diejenigen, die alle Änderungen verhindern, am Ende womöglich die größten Veränderungen bewirken.
Was Du da beschreibst sind im Grunde genommen Dauerbrenner.
Dauerbrenner können verschiedener Bauart sein.
Erst kürzlich schrieb ich in einer Gruppe etwas zu einer Dauerwiederholungsschleife, die mit aneinander gekoppelten Bedürfnissen zu tun hatte.
Manche Bedürfnisse sind aneinander gekoppelt.
Diese Verknüpfungen sind jedoch nicht allgemein gültig, sondern bei jedem Menschen ein wenig anders.
Wenn nun bei einem Menschen Bedürfnis A an Bedürfnis B gekoppelt ist, beim Beziehungspartner Bedürfnis A jedoch von Bedürfnis B unabhängig ist, kommt es leicht zu unschönen Wiederholungsschleifen. Die Problematik zeigt sich in der Nähe-Distanz-Regulation.
Nehmen wir zum Beispiel die Bedürfnisse "Träumen" und "Machen".
Ich bin da so der Typ Visionär. Ich spinne gerne gemeinsame Träume, lote mit meinem Gegenüber verschiedene Varianten aus und danach gehe ich gerne ins gemeinsame Machen über.
Bei "Träumen - Machen - Träumen - Machen" usw. fühle ich mich pudelwohl.
Auch bei "Träumen - Träumen - Machen" würde ich mich noch wohl fühlen.
Doch bei "Träumen - Träumen - Träumen - Nichts davon machen wollen" bekomme ich die Krise.
Andere Menschen können in dem Punkt ganz anders ticken als ich...
Bei denen sind diese Bedürfnisse nicht aneinander gekoppelt.
Für die ist auch sehr schwer nachvollziehbar, warum das eine bei mir mit dem anderen verbunden ist.
Alles warum wieso weshalb brachte uns nicht weiter.
Ich stelle einfach fest, dass es bei mir nun Mal so ist. So ticke ich. Andere ticken anders.
Es gibt Träumer. Die spinnen verdammt gerne viele gemeinsame Träume, haben aber gar nicht das Bedürfnis, irgendeinen dieser gemeinsamen Träume zu verwirklichen. Für die ist das unabhänig vom gemeinsamen Machen. Deren Bedürfnis "Verbundenheit erleben" wurde bereits mit dem gemeinsamen Träumen vollauf befriedigt. Für die ist die Sache damit gegessen und abgehakt.
Und wenn ich dann nachhake: "Hallo, wie machen wir nun weiter mit unserem gemeinsamen Traum?", finden die mich klebrig (Klette) und anstrengend.
Ebenso gibt es Macher, die dem gemeinsamen Träume-Spinnen nicht viel abgewinnen können. Wenn, dann sitzen die wie auf heißen Kohlen. Die wollen am liebsten gleich zum Machen übergehen. Was er sagt, dient bloß dem Zweck, rasch zum Machen zu kommen. Was ich sage, geht bei ihm ins eine Ohr hinein und aus dem anderen wieder hinaus.
Für mich sind mit Träumern und Machern Bedürfnis-Konflikte und Enttäuschungen vorprogrammiert.
Da muss ich aufpassen.
Mit Träumern wesentlich mehr als mit Machern. Bei Machern erkannte ich das früher und verzichtete einfach aufs gemeinsame Träume spinnen. (Ich finde es zwar schön. Brauche es aber nicht unbedingt.) Aber bei einem Träumer rutschte ich immer wieder in den Zustand der Bedürftigkeit und übermäßigen Fokussierung auf den Partner und litt darunter wie Hulle. Fernbeziehung. Da gab's kaum Handlungsoptionen und die Problematik trat verschärft auf.
Alles Reden half da nichts.
Ein Dauerbrenner.
Und das Problem wurde immerzu bei mir verortet.
Eines Tages ließ ich mich gar nicht mehr auf das gemeinsame Träume-Spinnen ein.
Dann kam die Phase, in der ich mich zwar wieder aufs gemeinsame Träume-Spinnen einließ, aber innerlich auf Distanz blieb.
Dem Träumer fehlte da die emotionale Resonanz. Zwar ging ich ein wenig mit. Schließlich bedeutet mir der Mensch etwas. Doch für mich war das bloß noch sein Traum. Also nicht dieselbe Intensität und Verbundenheit wie beim Spinnen gemeinsamer Zukunftsvisionen zwecks Verwirklichung. Das Gefühl der Verbundenheit fehlte dem Träumer schmerzlich. Nun hatte er ein Problem.
Wir gingen von der Fernbeziehung zur platonischen Fernfreundschaft über.
Eine andere Lösungsmöglichkeit fanden wir nicht. (In einer Beziehung vor Ort wäre das weniger problematisch. Aufgrund der Umstände ging dies aber ebenso wenig wie häufigere gegenseitige Besuche.)
Was ich damit sagen will: Es gibt Dauerbrenner, dahinter stehen nun mal Bedürfniskonflikte, die sich schlicht und ergreifend nicht lösen lassen. Wo man dann einsehen muss: In dieser Beziehungsform können wir zwei nicht miteinander glücklich werden. Wir ticken dazu zu unterschiedlich. Es passt nicht.
Aber um zu dieser Erkenntnis zu gelangen, muss man mal aufhören zu reden und ins Handeln kommen. Durch meine Veränderung wurde das volle Ausmaß des Bedürfniskonfliktes erst spürbar und begreifbar.
Vorher wollte es keiner von beiden wahrhaben.
Also ja: Reden innerhalb einer Beziehung ist mir wichtig. Aber Reden führt nicht immer zur Erkenntnis oder Lösung des Problems. Gerade bei Dauerbrennern ist meines Erachtens handeln gefragt.