@lionheart66:
Wenn mir ein Bewerber in verwaschenen Jeans, Strickpulli und abgetragenen Turnschuhen gegenübersitzt, drängt sich mir die Frage auf ob er der Sache die nötige Ernsthaftigkeit entgegenbringt.
It depends... Es kommt natürlich auf den Job an, auf den er sich bewirbt, aber ich habe im Laufe meines Lebens die Erfahrung gemacht, daß die meisten, die in Kompetenzprothese (vulgo "Anzug") daherkommen, das auch nötig haben.
Und je nach Klientel kann sich ein durchaus fähiger Bewerber hinter abgetragener Kleidung verbergen, auch wenn er sich nicht auftakeln kann - schlicht weil er es sich nicht leisten kann!
Es gibt ja auch andere Äußerlichkeiten, auf die mancherorts sehr geachtet wird. Und dann können solche Dinge passieren wie die, daß ich einem Industriearbeiter, von dessen
handwerklichen Fähigkeiten mir viel versprach, die Bewerbung selbst geschrieben habe, nur damit die Personalabteilung einen Wisch zum Abheften in den Händen hält. Eloquent und fehlerarm schreiben kann er immer noch nicht, aber das ist auch nicht seine Aufgabe. Dafür steht er in der Werkstatt seinen Mann und ist jemand, auf den man sich verlassen kann auch und gerade im ölverschmierten Blaumann.
Sein Selbstwertgefühl wird diesen Zweifel nicht ganz vertreiben können und wenn es ihm egal ist was ich über ihn denke wird dieses Verhalten wohl bei den Kunden, Klienten, Auftraggeber, nicht viel anders sein.
Ich weiß, daß ich in dieser Hinsicht atypisch bin, aber meine Erfahrung sagt mir, daß sich hinter einer blendenden Fassade zumeist Blender verbergen. Und auf die verzichte ich gerne. Andersherum werde ich sowohl als Person geschätzt wie auch meine Kompetenz gewürdigt (und nachgefragt), auch wenn ich je nach Tagesstimmung auch als der "ewige Student" daherkomme. Ein Kulturstrick um den Hals erhöht meine Sachkenntnis nicht in wesentlichem Maße.
Die Kunden haben nun mal gewisse Vorstellungen, auch von den Mitarbeitern und ihre Zufriedenheit sichert letztendlich auch meinen Arbeitsplatz.
Ja, dort, wo Oberflächlichkeiten das A und O sind, vor allem im Zockergewerbe. Wenn es um echtes Wissen und um echte Fähigkeiten geht, dann heißt es nicht mehr "Zeig mir, was du im Kleiderschrank hast", sondern "Zeig mir, was du drauf hast"!
Hätte ich ein Date und die vermeindlich Angebetete wäre ungepflegt und würde mit Jogginghose, Schlabber-T-Shirt und Apostel-Gedenk-Schlappen erscheinen dann würde sich mir ebenfalls der Verdacht aufdrängen dass sie der Sache wenig Bedeutung schenkt.
Ja, so würde ich sicher auch denken, wenn sie mit
ungewaschener Jogginghose,
schmutzigem Schlabbershirt und
zertretener Apostelbereifung auftauchen würde. Ich würde aber eine Frau, die in Jeans und T-Shirt auftaucht, irgendeinem aufgebrezeltem Modepüppchen stets vorziehen, denn da muß ich nicht erst zur Wurzelbürste und Kernseife greifen, um zu erkennen, welche Roßtäuscherei sich hinter der Fassadensanierung verbirgt.