Ich bin spät dran, und im Grunde habe ich trotz intensiver Lektüre irgendwann den Faden verloren, wie ich gestehen muss.
Trotzdem möchte ich einfach mal ein wenig schriftlich denken zum Thema:
ich bin der absolut laienhaften Meinung, dass der Mensch trotz seiner fortgeschrittenen Entwicklung und trotz der Entfernung, in der er inzwischen zur Natur lebt (in sehr vielen Fällen jedenfalls), zu einem guten Teil immer noch triebgesteuert agiert.
Ganz zu Beginn formulierte der Antaghar ganz simpel aber zutreffend die Frage "Habe ich den Trieb oder hat der Trieb mich?"
Ich würde sagen, das hängt von vielen Faktoren ab, die im Laufe einer Lebensspanne auf einen einprasseln. Mal regieren die Lenden den Kopf (weil's geil ist, weil es Spaß macht und weil man gerade in einer Lebenssituation steckt, in der man sich solche Eskapaden erlauben kann) und mal regiert der Kopf die Lenden (weil es eben nicht so gut kommt, sich im Business-Meeting die Hose aufzuknöpfen und sich einen runterzuholen weil man gerade Druck hatte zum Beispiel...)
Ich für mich kann sagen, dass es in meinem Leben bisher immer mal wieder Zeiten gab, da habe ich mich bewusst entschieden, mal den Trieb regieren zu lassen und zu schauen, was passiert. Lustig, der kleine Widerspruch im letzten Satz, nicht? Ich habe mich mit der Ratio dazu entschieden, den Trieb regieren zu lassen... Ist aber im Grund kein Widerspruch, denn auch am Anfang einer Lebensphase, die man dem Trieb zum Geschenk macht, steht die kopfmäßige Entscheidung dazu.
Das unterscheidet den heutigen Menschen vielleicht von seinen urzeitlichen Vorfahren. Der heutige Mensch lebt in einer so komplexen Gesellschaftsstruktur, dass es ohne Kopf einfach gar nicht geht. Man würde sich - würde man seinen Kopf nicht einsetzen - in Nullkommanix ins gesellschaftliche Aus katapultieren. Man fickt nicht jeden auf offener Straße, der attraktiv erscheint, man friemelt im Stadtpark auf der Wiese nicht an den verknoteten Arschhaaren herum, man rülpst, furzt und masturbiert nicht mehr überall, wenn man den Drang verspürt. Man verkneift sich Dinge. Weil die Entwickung des Menschen nun mal dahin ging und geht, gewisse Dinge als intim und nicht für die Öffentlichkeit bestimmt zu erachten.
Der urzeitliche Mensch durfte all diese Dinge noch tun. Sex galt nicht als schmutzig sondern simpel als arterhaltend. Also wurde er gemacht und wenn die Leute aus der Nachbarhöhle es mitbekamen, so what.
Im Grunde doch erfrischend, oder?
Ich denke oft, ein bißchen weniger Konventionen würden der Menschheit auch nicht schaden. Ein wenig mehr Trieb. Vielleicht würden dann auch weniger Zivilisationskrankheiten auftreten... wer viel fickt hat mit Sicherheit weniger Stresshormone im Blut.
Ein Wort noch zum Mann-Frau-Unterschied: ich denke, Triebe sind bei beiden Geschlechtern noch genügend vorhanden. Eine Frau kennt heute auch noch den Drang, sich fortpflanzen zu wollen. Wohlgemerkt, allgemein gesprochen bitte. Aber ich habe in meinem Bekanntenkreis oft beobachtet, wie sich das Partnersuchmuster änderte, wenn eine Frau der Meinung war, jetzt in dem Alter zu sein, eine Familie gründen zu wollen. Zack, war es weniger wichtig, wie gut der Typ aussah und wie lang sein Schwanz war. Es wurde sofort mehr darauf geachtet, was für einen Status der Mann hatte, ob er einer Frau mit kleinen Kindern, die zumindest vorübergehend nicht arbeiten gehen kann, familiäre und finanzielle Sicherheiten bieten kann etc...
Auch das häufig auftretende Phänomen, dass Frauen nach der Geburt eines Kindes sehr viel weniger Lust auf Sex haben, halte ich für triebgesteuert. Wohlgemerkt auch hier, das trifft nicht auf alle zu. Aber es ist damit zu erklären, dass die Frau ein "Junges" hat und "Brutpflege" betreibt und einfach keine Kapazitäten hat, um sofort wieder schwanger zu werden. Die Lust kehrt dann zurück, wenn die Frau diese Kapazitäten wieder hat. Wenn sie ihr Leben wieder im Griff hat und sich körperlich wieder erholt hat.
Das sind natürlich simplifizierte Beispiele. Dennoch glaube ich an ihre Richtigkeit. Die Tatsache, dass zum Beispiel über die Unlust der Frau nach der Geburt eines Kindes hier Threads über Threads gefüllt werden und vor allem darin auch die Tatsache, dass es Männern oft nicht gelingt, diese Unlust zu verstehen, und Frauen nicht gelingt, sie zu erklären... das zeigt doch, dass hier versucht wird, eine Triebhandlung mit dem Kopf zu erklären...
Wir sind nun einmal moderne Menschen unseres Zeitalters. Unser Gehirn hat in den letzten Jahrtausenden sicher nicht so sehr an Volumen gewonnen, damit wir es nun beständig ignorieren. Unsere Gesellschaft ist komplex geworden, man braucht einfach eine Ratio, um in ihr zu bestehen. Wenn es hart auf hart kommt, ist die Ratio bei den allermeisten Menschen stärker als der Trieb. Klar, davon kann man dann schon mal dicke Eier kriegen. Dafür erspart man sich aber die Blöße, vor der Geschäftsleitung gewichst zu haben. Ist dann auch was wert.