Hier einige Erklärungen zu dem eben von mir geschriebenem.
Falls ihr die Muße habt es zu lesen, bereit seid über den Spruch nachzudenken und diese Aussage mal kritisch hinterfragt.
In jeder Diskussion zur Sinnhaftigkeit alternativmedizinischer Verfahren kommt früher oder später unweigerlich das Argument: „Wer heilt, hat recht“. Es wird nicht selten zum Dogma erhoben und stellt meist den Versuch dar, eine kritische Analyse der Alternativmedizin zu unterbinden.
„Wer heilt, hat recht“ impliziert, dass in der Medizin die klinische Erfahrung wichtiger ist als jede wissenschaftliche Evaluation der Wirksamkeit einer Behandlungsform, ja diese sogar als unsinnig oder lächerlich entlarvt. Wenn ein Behandler mit einer Therapie hilft, dann ist das Beweis genug, dass diese Therapie effektiv ist, selbst wenn es sich bei der genannten Therapie um einen hanebüchenen Unsinn handelt. Anders ausgedrückt, wenn ein Therapeut eine Anzahl von zufriedenen Patienten vorweisen kann, dann entkräftet dieser Umstand jede Kritik an seiner Behandlungsweise.
Aber was genau bedingt, dass ein Patient eine „Heilung“ - meist wohl eher eine symptomatische Besserung – verspürt? Schematisch lässt sich dieses Phänomen etwa wie folgt zusammenfassen:
• Ein Patient sucht wegen eines gesundheitlichen Problems (z.B. Schmerzen) einen Arzt auf.
• Der Arzt hört sich die Krankengeschichte an, führt diverse Untersuchungen durch, stellt eine Diagnose und verabreicht eine Therapie.
• Die Behandlung läuft für den vorgeschriebenen Zeitraum, und dann stellen Arzt und Patient fest, dass die Beschwerden deutlich weniger oder gar verschwunden sind.
Es ist stets eine große Versuchung, anzunehmen, dass diese „Heilung“ nicht nur in einem zeitlichen, sondern auch in einem kausalen Zusammenhang mit der applizierten Therapie steht. Korrelation ist jedoch kein Beleg für einen Kausalzusammenhang. Wenn kurz vor Sonnenaufgang der Hahn kräht, dann bedeutet das nicht, dass sein Krähen die Sonne aufgehen ließ, auch wenn der Vorgang noch so regelmäßig zu beobachten ist. Wenn ein Patient nach einer Therapie Besserung verspürt, dann heißt das nicht zwangsläufig, dass die Therapie die Besserung verursacht hat.
Mit dem Satz »Wer heilt, hat recht« schauen wir von der Besserung auf die Krankheit. Das ist eine riskante Perspektive. Statt die Suche nach den Ursachen zu eröffnen, ist sie bereits für beendet erklärt. Dabei ist es äußerst wichtig zu fragen, wer oder was im betreffenden Fall tatsächlich für Besserung gesorgt hat.
Die Beweislage bei nicht-wissenschaftlichen Heilverfahren ist vielfach nicht ausreichend, um sie in den Rang vorläufiger «Fakten» aufzunehmen. Nicht-wissenschaftliche Heilverfahren werden dann nicht mit Argumenten im Rahmen einer kritischen Prüfung verteidigt, sondern mit dem Verweis auf bestimmte Sonderregeln, welche den regulären, kritisch-rationalen Ablauf von Prüfverfahren suspendieren sollen. Eine häufig genannte solche Sonderregel ist «Wer heilt, hat Recht».
Ein kleiner Satz, der es in sich hat. Jene, welche ihn aussprechen, sind der Ansicht, damit die Forderung nach wissenschaftlicher Prüfung von Heilverfahren zu entkräften. Die Ergebnisse sprechen schliesslich für sich, dazu braucht es keine «Studien» und keine kritische Kontrolle.
So verlockend dieser Satz klingen mag, so unplausibel ist er.
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