Lieber Daniel, liebe Kommentatoren,
darf ich Euch allen mal die Frage stellen, ob Ihr einen Partner nur wegen Sex sucht oder beim Kennenlernen eines Menschen "auf der Straße" sofort an Sex denkt?
O.K., ich habe schon einige Lebensjahre auf dem Buckel und kann da eventuell viel entspannter reden.
Ich war "Spätzünder" und hatte meine erste richtige Beziehung zu einer Frau, sie war 1 1/2 Jahre älter, geschieden und hatte einen 3-jährigen Sohn, erst mit 24. Es war die berühmte Liebe auf den ersten Blick und schon wenige Tage später zog ich bei ihr ein. Ich hatte mich in beide verliebt, in sie und ihren Sohn, und war glücklich, endlich eine eigene Familie zu haben. Ein 3/4 Jahr später haben wir geheiratet. Nach 6 Jahren hat sie sich von mir scheiden lassen weil sie sehr eifersüchtig war und glaubte, ich würde sie ständig betrügen. Ich war viel auf Dienstreisen, hatte aber nie etwas mit einer anderen Frau.
Ich habe dann über die Zeitung nach einer neuen Partnerin gesucht, auch deshalb, weil ihr die Wohnung zugesprochen wurde, ich aber von der Wohnungsverwaltung keine eigene bekam. Das war in den 80er Jahren in der ehemaligen DDR ein riesen Problem.
Ich lernte dann auch eine etwas jüngere Frau mit zwei Kindern kennen, die mich sofort als Papa angesehen haben, und sie wohnte in einem schönes Häuschen unmittelbar am See. Wir hatten viele schöne Tage, aber aller 14 Tage kam der Vater der Kinder. Damit konnte ich nicht wirklich umgehen, zumal ich noch an dem Sohn meiner Frau hing, den ich adoptiert hatte. Also zog ich ein knappes Jahr später wieder in meine alte Wohnung zu meiner Ex-Frau und bewohnte das ehemalige Schlafzimmer. Auch das war für mich ziemlich anstrengend, da meine Ex öfter wechselnden Herrenbesuch hatte und die Küche nur durch ihr "Reich" erreichbar war. Dass ich mal jemanden hätte mitbringen können, war völlig ausgeschlossen. Mit viel Kampf bei den Behörden ist es mir dann gelungen, genau am Tag des Mauerfalls in meine eigene kleine Wohnung zu ziehen.
Kurze Zeit später, durch einen Vorfall mit meinem Adoptivsohn, führte ich eine ernste Aussprache mit meiner Ex und das Ergebnis war ... ich blieb die ganze Nacht bei ihr. Von dem Zeitpunkt an waren wir wieder zusammen. Durch meinen neuen Job nach der Wende musste ich von Berlin nach Thüringen ziehen. Sie fand in der Berliner Zeitung eine schöne 4-Zimmer-Wohnung in Suhl und am 2. Januar 1991 zogen wir gemeinsam um. Im Oktober heirateten wir ein zweites Mal. 1993/94 bauten wir dann ein Haus, zogen im Sommer 1994 ein ... und Ostern 1995 zog sie wieder aus. Grund: Der gleiche wie schon beim ersten Mal. Ich verstand die Welt nicht mehr.
Aber Kopf in den Sand war auch nicht die Lösung, also musste wieder die Zeitung und eine echte, persönliche Partnervermittlung her halten. Meine "Suchanzeige" stieß auf große Resonanz. Aber da es ja keine Bilder gab, war das 1. Treffen tatsächlich noch ein richtiges "Blinddate" ... mit allen möglichen Überraschungen. Eine Partnerschaft hat sich daraus aber leider nicht ergeben. Vielleicht habe ich die falschen Zuschriften ausgewählt und meine "Traumfrau" ungesehen vorbei ziehen lassen.
1996 übernahm ich in meiner Firma in Speyer (Rheinland-Pfalz) eine kleine Führungsrolle, lernte durch eine Kollegin eine junge Frau (war ihre Tante) auch mit Sohn (11) und sogar Hund, kennen, verkaufte im Sommer 1997 mein Haus und wir mieteten uns gemeinsam ein Haus in Speyer. Sie hatte ein kleines Reihenhäuschen, das ich in den folgenden Jahren renovierte und etwas umbaute und in das sie natürlich wieder einziehen wollte. Nach fünf schönen gemeinsamen Jahren war es soweit und wir trennten uns auf ganz freundschaftliche Weise räumlich voneinander. Bis 2014 hatten wir nach wie vor ein sehr gutes Verhältnis und viel Kontakt, allerdings nicht mehr sexuell.
Ende 2011 lernte ich in Schleswig-Holstein eine Frau kennen, ich arbeitete ab 2008 für eine dortige Firma allerdings im Außendienst für Süddeutschland, und kaufte 2013 eine kleine Wohnung direkt am Strand der Lübecker Bucht. Wir hatten viele gemeinsame Interessen, denen wir aber nur etwa aller 4-6 Wochen nachgehen konnten. Es war bis Sommer 2014 eine echte Fernbeziehung. Im April 2014 heirateten wir, ich gab meinen Job auf und zog im Juli 2014 an die Küste. Anfangs lief alles sehr gut, aber dann kamen so langsam Probleme auf. Ich war, nun als Selbstständiger, auch wieder viel in Süddeutschland weil dort der größte Teil meiner Kunden war. Sie litt unter Depressionen, die mal mehr mal weniger auftraten und mit ihrer Vergangenheit zusammen hingen. Anfang 2016 musste ich dann sagen, so kann es nicht weiter gehen. Im März 2016 zog sie zu ihrer großen Tochter, im Juni 2016 wurde die Wohnung wieder verkauft und ich zog zum zweiten Mal nach Thüringen. Seit dieser Zeit lebe ich allein und es geht mir endlich mal wieder richtig gut. Sex vermisse ich überhaupt nicht, dafür aber die Kommunikation, gemeinsame Erlebnisse, das für eine Frau da sein, sie in den Arm nehmen, Kuscheln & Küssen und auch selbst die Zärtlichkeit einer Frau zu spüren.
Was ich mit dem ganzen Text sagen will ist, dass es für mich auf viel viel mehr ankommt, als nur auf den sexuellen Akt. Eine Beziehung beginnt bei mir im Kopf, natürlich auch bei der Optik, vorrangig aber bei der Ausstrahlung einer Frau, ihrem Intellekt, ihrer Art sich auszudrücken, ihrer Stimme, ihren Augen, ihren Interessen und auch ihrer Gesamteinstellung zu gesellschaftlichen und politischen Fragen.
Nur um Sex zu haben, würde ein Puff oder eine Dame vom Escort-Service völlig ausreichen.