„Was ich hier schreibe soll jetzt keinesfalls schulmeisterlich oder besserwisserisch klingen, denn: Ich weiß es nicht besser. Ich finde es aber gut, dass Hank die grundlegende Ambivalenz, die dieses Thema für viele beinhaltet thematisiert. Darum meine Gedanken dazu:
Machen wir es uns nicht manchmal zu einfach? Ist es wirklich das Normalste von der Welt, mit jemand anderem erotischen Spaß haben zu wollen? Gehört das unbedingt dazu?
Ist es eben offenbar nicht!
Wird uns nicht manchmal der Eindruck vermittelt, dass es ab einem gewissen Punkt in einer Beziehung, im Leben oder gesellschaftlichen Kontext en vogue ist, queer Beet Sex zu haben? Weil man es sich leisten kann; oder um jeden Preis dazugehören will; oder nix verpassen möchte.
Oder mal ganz altruistisch: Es dem anderen gönnt, Spaß mit jemand Fremden zu haben. Wenn ich das „Gönnenkönnen“ schon höre, wird es mir leicht übel. Fast nur noch zu toppen von dem Institut der „offenen Beziehung“, deren genaue Definition und Daseinsberechtigung ich bis heute nicht recht begriffen habe. Wenn jeder nur noch tut, was er mag und man mehr aus Gewohnheit halt noch zusammenwohnt, dann kommt mir das wie eine Wohngemeinschaft plus vor. Aber das nur nebenbei.
Muss man sich nicht ganz ehrlich die Frage stellen – und diese intensiv beantworten – warum überhaupt der Wunsch nach sexueller Betätigung mit anderen Menschen besteht? Warum ist das so? Und damit meine ich nun nicht den allgemeinen BlaBla mit „fremder Haut spüren“, „sich Bestätigung holen“ und so weiter und so fort. Das ist doch viel zu oberflächlich und greift viel zu kurz. Die Intention muss denke ich viel tiefer liegen. Und ich finde es sehr bezeichnend, dass Hank schreibt, dass sie als Paar all das, was sie offenbar bei jemand anderem suchen sich doch auch gegenseitig geben könnten.
Ich meine herauszulesen, dass Ihr Euch gegenseitig wünschen würdet, der andere würde sich beim gemeinsamen Sex anders geben/zeigen. Eine andere Rolle spielen/einnehmen. Unbekannte und ungeahnte Charakterzüge offenbaren. Vielleicht habe ich das aber auch vollkommen falsch verstanden.
Nun warum kann die Heidi denn nicht die kleine, geile Bitch sein, die sich vollkommen scham- und rücksichtslos von Ihrem Hank holt, was sie braucht (oder whatever)? Weil die Heidi einfach die Heidi ist. Hanks Heidi! Und der Hank kann ihr gegenüber nicht plötzlich was ganz anderes sein, als er die letzten 11 Jahre war. Jemand Fremdem in einer gewissen Rolle überzeugend gegenüberzutreten ist schon schwer genug – demjenigen der einen seit Äonen kennt (und zwar nicht nur beim Sex, sondern in so vielen anderen profanen Lebenslagen) ist fast unmöglich. Denn ganz nebenbei sind wir als Paar ja doch noch soviel anderes als Sexpartner. Wir sind Eltern, Geschwister, Arbeitskollegen…
Vielleicht ist es auch eine ganz eigene Form der Scham, die einen daran hindert gerade gegenüber dem eigenen Partner mal ganz neue Seiten zu zeigen. Wohl auch deshalb, weil ja jeder weiß, was der andere eigentlich erwartet und was beim Gegenüber in gewisser Weise „immer funktioniert“ und wie es funktioniert. Und möglicherweise ist auch eine gewisse Angst mit im Spiel. Die Angst davor, dass das was man durch diese Offenheit ans Tageslicht bringen würde eben genau nicht dem entspricht, was dem eigenen Partner grad so gefällt. Bei jemand Fremden ist das eher zweitrangig. Zur Not bleibts halt bei dem einen Mal. Der eigene Partner weiß aber dann wie man im Innersten eben auch tickt und kann damit vielleicht nicht immer ganz so gut umgehen. Ich greif dazu mal in R’s Text rein: Zitat: „(mach sie zur Nutte, Hank). Oder Pornokino, mal in der Dusche anp*****, usw. schlichtweg Neues“ – das kann möglicherweise auch nach hinten losgehen.
Ich denke eine Antwort gibt es darauf nicht und schon gar kein Generalrezept. Wenn der Wunsch danach so tief in Euch steckt, dann macht es – und es wir Euch quälen. Macht Ihr es nicht, quält es Euch genauso (nur auf andere Weise). Oder Ihr geht den wirklich steinigen Weg und versucht Euch tatsächlich daran in Eurer eigenen Zweisamkeit temporär aber überzeugend anders zu sein, so wie es R vorgeschlagen hat. Für mich einer der Königswege, weil es dazu wahres Vertrauen und wirkliche Hingabe braucht.
Viel Glück bei allem was Ihr vorhabt!
A
Insbesondere den letzten Absatz kann ich nur bestätigen, Offenheit, Ausprechen der tiefsten Gedanken, Experimentierfreude und gemeinsames Ausprobieren...
Dann existiert wahrscheinlich nicht mehr das Bedürfnis nach Dritten! Schon gar nicht alleine!