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An der Haltestelle

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**SK
7.791 Beiträge
Themenersteller 
An der Haltestelle
„Morschn Dschesou! Och due, ich sochs dior! …“
„Moin Lehno! Ja, was sagst du mir denn?“
„Ich globe, … Hior, hior … äh … na soch schon! Üsch globe, üsch wärde old.“
„Wieso? … Knicken dir die Beine ein, wenn sich jeder, aber auch wirklich jeder, sogar das Brauereipferd von nebenan, aus dem Café Hüftgold, mit dem Arsch draufsetzt, um mit dem Rücken immer an der Wand entlang durchs eigene Leben zu kommen?“
„Joeä, genausou erläb isch dos jedn liebn longn Doch in meinm bishärschn Läbn.“
„Hm …“
„Vorsdeesde dos? Alsou isch meene, mior ham beede keene Oahrn odor Glubbschies odor Guschn odor gor ä Härz. Aber mior fieln jedn verdommt longn Doch und sou monches Mol och däs Näschdns, diä Sochn undä Needö dor Leud. Mir fieln iohrö Lost und missn uns eenen obmühn, wennsä mol zuviel Gense-fleisch-mol gefudderd hom. Mior hörn uns därn Sorschn on, obwouhl mior eischndlüsch gor nüsch heärn gönn.“
„Hm … Also ich erinnere mich da beispielsweise an die verschollene Linie der Burggrafen zu Altenburg. Deren letzter angeblich ungeborener Sohn war Zeit seines Schattendaseins mein Gast. Ebenso seine Söhnes-Söhne und seine Söhnes-Söhne-Söhne und deren Kinder. Ach, das waren die glanzvollsten Zeiten meines bisherigen Lebens. Archibald der Tolle hat zum Beispiel immer auf mir die Räuberrolle rückwärts geübt und ist dabei ziemlich oft von meiner Lehne gerutscht …“
„Unn wänn mor nuor noch of de Beene rumwockln unn vom gonzn Gworggesobbl der Leedä iebor de Johre hinwesch morsch im Gärn geworn sinn, donnä wärmo aussordiort und offn Spärrmüll gomblämendiord. Globsde dos? …“
„Nein, mein Lieber. Ich werde gleich sobald vom fahrenden Holländer abgeholt und erfahre in seiner Werkstatt ein upgecyceltes Facelifting, um dann an den Meistbietenden verkauft zu werden.“
„No wärs globd würd sälsch. Hohohoho. Duo Bossnreißor! Säldn sou gud omüsiord.“
Grummel.
„Mior wärn nüsch mäor uffgehübschd. Gloub mior mol. Dofior issos doch längst zu späde. Mior sinn besoffn vom Gefiehlsrousch dor Mänschn, dieä süsch iohrn Orsch off unsoreens bloddgedriggd hom unn unsrä Gränzn dobee niedorgerissn hom. Oudor vielmähr: Je mourschor mior gworn sinn, desdou weeschor unn boröisor worn mior in unsor eeschnen Grenzvordeedschung unn hom nieä Nee gsocht, sondorn immor nuor Jo.“
„Ja, du vielleicht, aber ich nicht. Sprich also bitte nicht für mich. Ja? Mich wird der Holländer schon noch abholen. Ob nun heute oder morgen, das sei mal dahingestellt. Derweil genieße ich halt die schöne Aussicht der Weihnachtszeit und freue mich, wenn sich währenddessen ein müdes Großmütterchen vorsichtig auf mir danieder lässt, sich ein Päuschen gönnt und auf mir ihre prallen Einkaufsbeutel abstellt. Oder anders ausgedrückt: Ich sehe das Ganze positiv. Ich habe meinen Zweck mit liebender Leidenschaft erfüllt.“
Bibbor.
Lächel.
„Ouhhh Scheißä, do gommd die ourongschne Riesnfressraubä schoun ongerost. Hilfä! Nun geht’s uns onn Grochn.“
„Himmel! Ich brauch ‘nen Stuhlkreis.“
Abgang oder vielmehr Geschreddertes und dem Himmel sei Dank, irgendwann die Wiedergeburt als Pressspanplatte oder als Holzpelletts. Je nach Gusto des eigenen Karmas.

© CRK, LE, 12/2021




Hier mal die spontane Lesung dazu von mir von heute Nacht. Nach zich Versuchen ist es mir dennoch nicht ganz rund gelungen. Und ob mir das Goffeesäggsisch so wirklich gelungen ist?


**********pioGJ Mann
784 Beiträge
Danke für die Lesung.
Der Abschluss der Geschichte ist amüsant.

Ja, der Tag hat neue Welten geöffnet.
• schmunzelt *
Keine Beschreibung angegeben.
**SK
7.791 Beiträge
Themenersteller 
Sohooo. Ich habe es dann jetzt doch noch mal von der alten Hochdeutschen Sprache zu Luthers? Zeiten in unser Hochdeutsch dieser Tage übersetzt. *grins* ist ja sonst auch schon schwer zu verstehen. *traenenlach*


An der Haltestelle – die Übersetzung

„Moin Dscheso! Oh du, ich sag’s dir! …“
„Moin Lehno! Ja, was sagst du mir denn?“
„Hier, … Ich glaube, … hier … Na sag schon! … Ich glaube, ich werde alt.“
„Wieso? … Knicken dir die Beine ein, wenn sich jeder, aber auch wirklich jeder, sogar das Brauereipferd von nebenan, aus dem Café Hüftgold, mit dem Arsch draufsetzt, um mit dem Rücken immer an der Wand entlang durchs eigene Leben zu kommen?“
„Ja, genauso erlebe ich das jeden lieben langen Tag in meinem bisherigen Leben.“
„Hm…“
„Verstehst du? Also ich meine, wir haben beide keine Ohren oder Augen oder einen Mund oder gar ein Herz. Aber wir fühlen jeden verdammt langen Tag und so manches mal auch in der Nacht die Sorgen und die Nöte der Leute. Wir fühlen ihre Last und müssen uns einen abmühen, wenn sie vielleicht einmal zu viel Können-sie-vielleicht-mal gefuttert haben. Wir hören uns deren Sorgen an, obwohl wir eigentlich gar nicht hören können.“
„Hm … Also ich erinnere mich da beispielsweise an die verschollene Linie der Burggrafen zu Altenburg. Deren letzter angeblich ungeborener Sohn war Zeit seines Schattendaseins mein Gast. Ebenso seine Söhnes-Söhne und seine Söhnes-Söhne-Söhne und deren Kinder. Ach, das waren die glanzvollsten Zeiten meines bisherigen Lebens. Archibald der Tolle hat zum Beispiel immer auf mir die Räuberrolle rückwärts geübt und ist dabei ziemlich oft von meiner Lehne gerutscht …“
„Und wenn wir nur noch auf den Beinen herumwackeln und vom ganzen Quarksabbel der Leute über die Jahre hinweg morsch im Kern geworden sind, dann werden wir aussortiert und auf den Sperrmüll komplimentiert. Glaubst du das?
„Nein, mein Lieber. Ich werde gleich sobald vom fahrenden Holländer abgeholt und erfahre in seiner Werkstatt ein upgecyceltes Facelifting, um dann an den Meistbietenden verkauft zu werden.“
„Na wer das glaubt, wird selig. Ha, Ha, Ha, Ha. Du Possenreißer du! Selten so gut amüsiert hier.“
Grummel.
„Wir werden nicht mehr aufgehübscht. Glaub mir das mal. Dafür ist es doch längst zu spät. Wir sind besoffen vom Gefühlsrausch der Menschen, die sich ihren Arsch auf unsereinem plattgedrückt haben und unsere Grenzen dabei niedergerissen haben. Oder vielmehr: Je morscher wir geworden sind, desto weicher und poröser werden wir in unserer eigenen Grenzverteidigung und haben dabei nie Nein gesagt, sondern immer nur Ja.“
„Ja, du vielleicht, aber ich nicht. Sprich also bitte nicht für mich. Ja? Mich wird der Holländer schon noch abholen. Ob nun heute oder morgen, das sei mal dahingestellt. Derweil genieße ich halt die schöne Aussicht der Weihnachtszeit und freue mich, wenn sich währenddessen ein müdes Großmütterchen vorsichtig auf mir danieder lässt, sich ein Päuschen gönnt und auf mir ihre prallen Einkaufsbeutel abstellt. Oder anders ausgedrückt: Ich sehe das Ganze positiv. Ich habe meinen Zweck mit liebender Leidenschaft erfüllt.“
Bibber.
Lächel.
„Oh Scheiße, da kommt die orangene Riesenfressraupe schon angerast. Hilfe! Nun geht es uns an den Kragen.“
„Himmel! Ich brauch ‘nen Stuhlkreis.“
Abgang oder vielmehr Geschreddertes und dem Himmel sei Dank, irgendwann die Wiedergeburt als Pressspanplatte oder als Holzpelletts. Je nach Gusto des eigenen Karmas.

© CRK, LE, 12/2021

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