Vermutlich stiftet "Sexting" in gewisser Weise nutzen.
Mit Blick auf die Studie von Juni 2022 (B. Sparks, Kingston University London; A. Zidenberg, University of Western Ontario) unterhält ein nicht unbeträchtlicher Teil der Männer auf Dating-Plattformen keinen einzigen realen Kontakt.
"Das Leben der anderen", könnte man in Erinnerung an einen gleichnamigen Filmtitel eines vereinsamten Stasi-Offiziers denken, der Liebe, Streit und Lebensalltag anderer aus der Beobachter-Perspektive erlebt.
Natürlich kann für einen Teil dieser Menschen rein virtueller "Kontakt" eine Brücke sein - wenigstens zeitweise. Langfristig sehe ich (wie offenbar Wissenschaftler/-innen auch) darin das Risiko, in Einsamkeit hinein zu degenerieren.
Entspanntes Daten, Fragen wie: "Darf ich dich küssen?" nach ausgedehnten Gesprächen über die Welt lernst du nicht am Bildschirm. Ich bin selbst introvertiert, aber nicht schüchtern. Und nach etlichen "sperrigen/ungelenken" Dates bin ich routiniert und freue ich jedes Mal, zu einem Blind-Date zu fahren.
Und, ja: Ich weiß... "die Rede ist hier von Cybersex" - doch vielleicht macht man sich da etwas vor?
Der Mensch schützt sein Seelenheil - auch durch Selbstbetrug.
Ich bin einfach gestrickt. Und die Frauen, die ich nach ein paar Zeilen date, manchmal "nur" für schöne Unterhaltungen, manchmal für Sex (mit einem Menschen - nicht mit einem Wunscherfüller).
Ich habe bisher nie Sex-Ideen (auch im BDSM) mit Frauen ausgetauscht - durchaus auch lustvoll - ohne diese dann schnellstmöglich in die Tat umzusetzen. "Sag mir, wann wir das tun werden!", schrieb einst eine junge Bremerin, und genau da liegt der Punkt:
Es gibt Autos, Eisenbahn, Flugzeug, Fähren... - und mit all diesen Verkehrsmitteln bin ich zu Dates gereist... oder Frauen zu mir... oder wir beide gemeinsam zu einem entfernten Treffpunkt.
Ganz ehrlich?
Ich schaue in die (virtuelle) Welt...
...und ich sehe:
...Männer, die meist einsam (und ohne realen Sex) auf Dating-Plattformen immer tiefer in ihre Situation hineingeraten.
...andere Männer, die sich z.B. aus Frauen ausgeben (meist mit Profilen, die zumindest "bisexuelle" Frauen präsentieren), um auf diese Weise in die "Nähe" von Frauen zu gelangen - nicht selten wohl eher mit anderen Männern, die die gleiche "Masche" zur Lösung des Problems nutzen, einhändig Textnachrichte austauschen.
Lange Rede, kurzer Sinn: Solange Ihr (Männer) nach den ersten zwei, drei Kurznachrichten auf ein (Video-)Telefonat wechselt, um zunächst einmal festzustellen, ob da am anderen Ende ein echter Mensch sitzt, ist "Cybersex" sicher eine Notlösung - quasi als Abwechslung zur reinen Auto-Erotik.
Frauen, die mich hier angeschrieben haben, wollen häufig schon von sich aus, dass wir zeitnah einen Video-Call aufsetzten - was natürlich auch viel schöner ist und der Frau die Sicherheit gibt, offen mit einem realen Mann (mit demselben Gesicht, das auch aus seinem Profil lächelt) zu reden.
Die Tatsache allein, dass Menschen sich offenbar "nicht imstande" sehen, mit anderen Menschen - real! - über ihre intimen Träume zu reden, deutet mehr als zart darauf hin, dass es an sozialen Erfahrungen mangelt.
Es klingt für mich eher wie eine Alarmglocke, die man ernst nehmen sollte, um über sich zu reflektieren.
Denn wenn das so ist... wie soll das ein Leben lang weitergehen!?