Hallo
@**********rMind ,
ich finde es nachvollziehbar, daß du in Gegenwart eines Liebhabers keine Orgasmen hast. Ging mir viele Jahre so ähnlich. Rückblickend denke ich, daß ich zu lange Zeit geglaubt habe, damit etwas nicht zu "können", was für andere so normal zu sein scheint.
Ich hatte meine "Nischen", in denen ich meinen Sex so ausleben konnte, daß ich dabei keinen Mangel empfand. Zum einen hatte ich ein ausuferndes Sexleben mit mir selbst, ich würde heute sagen, daß ich damit Möglichkeiten im Erleben des eigenen Körpers, meiner Reaktionen und Fantasien entwickeln konnte, die weit über das hinausgehen, was andere im Zusammenhang mit SB schildern. Also so eine Art "Fähigkeit", die ich vermutlich aufgrund meines vermeintlichen "Mangels" an anderer Stelle erst entwickeln konnte.
Zum anderen hatte ich durch mein lesbisches Leben über viele Jahre kaum Veranlassung, überhaupt zu bemerken, daß ich kaum je "Kontrolle" abgeben konnte - was anderes ist das Loslassen und intensive Erleben von Orgasmen ja nicht. Einerseits war ich in Verbindung mit Frauen nicht mit männlicher Sexualität konfrontiert, und da ich beim Sex mit Frauen immer eher die "Gebende" war und meine Lust sich aus der Lust meiner Gefährtinnen speiste gab es selten Situationen, wo meine eigene Zurückhaltung überhaupt aufgefallen ist.
Daß ich da "Defizite" hatte hat sich mir erst erschlossen, als ich mich in meinen Mann verliebt habe. Will nicht zu sehr ins Detail gehen, jedenfalls rückten da erst meine frühen Mißbrauchserlebnisse überhaupt in den Vordergrund und ich fing an, an mir, meiner sexuellen Empfindungsfähigkeit usw. zu zweifeln.
Warum erzähle ich das? Bis heute "kann" ich vieles mir zwar vorstellen, aber immer noch nicht erleben. Aber ich bin nun bald 60, und mit den Jahren relativiert sich vieles. Und im Rückblick sehe ich, daß ich doch einiges, von dem ich glaubte, es liege ein "Mangel" in mir, weil frühere Erlebnisse mich an so vielem gehindert haben, ein Irrtum war. Warum? Lies dich weiter durch sexuelle Themen. Wie oft schildern Frauen, daß sie nicht bei penetrativem Sex kommen "können"? Dazu braucht es keine sexuellen Gewalterfahrungen, das ist relativ normal. Wie oft liest man, daß Leute mit 40, 50 oder noch älter davon berichten, daß sich für sie ganz neue Erfahrungen und Erlebnisse erschlossen haben - weil sie ihre Beziehungen geöffnet haben, weil sie einen neuen Partner gefunden oder zum ersten Mal gleichgeschlechtlichen Sex oder BDSM erlebt haben?
Will sagen: ich halte es nicht für so wichtig, warum wir manche Potentiale nicht entfalten, obwohl wir es gerne so hätten. Sicher spielen die Gründe irgendwo eine Rolle, klar. Aber ich halte es nicht für förderlich, den eigenen Fokus darauf zu legen in dem Sinn, daß man Dinge, die nun mal so sind, unbedingt "können" muß. Erlebnisse - gute wie schlechte - wirken sich immer in irgend einer Form auf die weitere Gestaltung des eigenen Lebens und auch die Empfindungsfähigkeit aus. An welchem Punkt des Lebens ist gar nicht so wichtig.
Weiß nicht, ob dir das so weiterhilft. Ich denke nur, wenn bei dir der Punk abgeht bei der Selbstbefriedigung, dann hast du eine wunderbare, sichere, lustvolle Nische, in der du deinem sexuellen Empfinden nachgehen kannst. Wenn du mit einem Partner keine Orgasmen haben kannst, dann ist das eben so - das hindert dich ja nicht daran, Sex zu haben, auch Spaß daran zu haben. Es ist ein Weg, auf dem du dich befindest, mit einem "Ziel", das du jetzt noch nicht sehen kannst, nur weißt, daß es irgendwann schon auftauchen wird, wenn du weitergehst. Was das innere "Loslassen" angeht: vertrau da auf dein Inneres. Das ist eine der wenigen Gewissheiten, die ich gerne und voller Überzeugung weitergeben kann: das eigene Innere ist schlauer als das, was wir uns mit unseren Wünschen und Gedanken überhaupt vorstellen können. Wenn Zeit, Umstände, deine eigene Entwicklung und der richtige Mann zur richtigen Zeit zusammentreffen, wird's von ganz alleine passieren.