Als ehemals sehr stiller und introvertierter Mensch kann ich dazu folgendes sagen:
Zurückhaltende Menschen werden von der Gesellschaft IMMER als entweder langweilig, uncool, distanziert oder auch mal als arrogant eingestuft. Per Se.
Die Gesellschaft spricht schüchternen oder zurückhaltenden Menschen eben einige Attribute ab, welche bei extrovertierten und offeneren Menschen immer zugeschrieben werden.
Von der Gesellschaft ist das eben recht vermessen und sogar ein bissel sozial ungerecht.
Die zurückhaltenden Menschen sind ja aus verschiedenen Gründen, incl. gentischer Gründe, eben zurückhaltend, sie machen das ja nicht extra, um andere Mitmenschen zu foppen o.ä.
Im grossen Bereich der Kommunikation haben es zurückhaltende Menschen immer schwerer, als beispielsweise extrem mitteilungsbedürftige Menschen. Die Gesellschaft nimmt diese eben immer positiver wahr, obwohl es nicht immer der Wahrheit entspricht.
Mir hat das persönlich auch recht viele Nachteile eingebracht, aber auf der anderen Seite ist es eben ein Wesenszug von mir, welcher mich eben ausmacht. Wer damit ein Problem hat, hat eben Pech gehabt. OK, so hatte ich in der Vergangenheit gedacht und es war auch nicht immer richtig.
Abhilfe: Das Problem erkennen, annehmen und eine Lösung finden. Ich fand sie eben durch Rhethorik-Seminare und Gesprächstherapien, denn meine Zurückhaltende Art, fußte tatsächlich auf einem in der Kindheit entstandenen Trauma. Bereits im Kindergarten war ich eine Art Aussenseiter. Ich selbst war mit einer solchen Gruppensituation komplett überfordert und dieser Umstand wurde bei mir damals vor 40 Jahren garnicht erkannt. OK, die Psychologie war wohl damals noch nicht so weit in dieser Hinsicht und damals gab es zumindest keinerlei Hilfestellung oder gar Therapiekonzepte.
Heute hat sich das ja, zum Glück, geändert.
In der Schulzeit litt ich noch unter selektivem Mutismus, eben bedingt aus dem alten Trauma. Mir wurde dann eine sog. Soziale Phobie diagnostiziert. Yes, das habe ich schriftlich, schwarz auf weiß.
Ich schäme mich dafür allerdings nicht, denn in den mitunter sehr anstrengenden Konfrontations-Therapien, konnte ich aber eine Menge lernen über diese Erkrankung. Die Therapeuten verfolgten ja auch den Ansatz, das sich die Patienten eben genau und selbstständig mit ihrem Krankheitsbild auseinandersetzen müssen. Das hat mir sehr geholfen in der Vergangenheit.
Probleme hatte mir eben die sog. Klassensituation gemacht. Eben mit verschiedenen mir nicht wohlgesonnenen Mitmenschen in einer aufgezwungenen Gruppe zu leben. Eben die Schulklasse und damals konnte man dem nicht entfliehen, da man ja der Schulpflicht unterworfen war.
Diese Ausgangssituation war für mich kaum zu ertragen. Das war echt grausam.
Aber das Aushalten war schon, zwar unbewusst, der erste Weg zur Heilung. Nur damals wusste ich das noch nicht. Weglaufen war eben keine Lösung.
Meine Gesrpächstherapien in Gruppen und in Einzelsitzungen dauerten einmal 5 Monate am Stück und danach nochmals 12 Monate. Es hat mir geholfen und mich auch richtig befreit.