"Beziehungsunfähigkeit" war das, was mir oft vorgeworfen wurde und was ich lange Zeit auch selbst in Bezug auf mich dachte.
Ich war nie besonders bindungsfreudig und war gerne Single. Sprüche wie "wirst schon sehen, wenn der / die Richtige erstmal in den Leben tritt..." sind mir höllisch auf den Sack gegangen (na ok, auf die Eierstöcke) weil ich immer in Gesprächen, wo es um Beziehungen ging, mitbekam, wie Leute sich darüber austauschten, was sie belastend, nervig, was-auch-immer am Partner fanden. Und ich fragte mich dann immer, warum anscheinend alle Welt so scharf auf Beziehung mit Zusammenleben war, wo doch Singleleben so viel streßfreier ist. Klar, Momente, in denen ich mich einsam fühlte, gab es - aber ich hörte umgekehrt auch immer wieder, wie Leute in Beziehungen sich nach Momenten sehnten, endlich mal für sich allein sein zu können.
Lange Rede, kurzer Sinn: ich stellte mir vor, daß ich Beziehung, in der man ab und zu mal über ein Wochenende oder einen Urlaub zusammen verbringt, gut fände.
Bis ich dann meinem jetzigen Mann begegnet bin, der klar sagte, daß er Beziehung ohne Zusammenleben nicht will. Was soll ich sagen: ich wollte den Kerl, also habe ich mich darauf eingelassen. Und würde - so sehr ich ihn immer noch liebe - mit dem heutigen Wissen nicht mehr so entscheiden.
Beziehung ist etwas, das ich sehr ernst nehme, wenn ich jemanden so sehr mag und liebe, bedeutet das, daß ich mich intensiv auf einen Menschen einlasse, sein Wohlergehen liegt mir dann ja am Herzen und bestimmt mein Denken und Fühlen ja mit. Das ist erfüllend, keine Frage, aber mitunter auch wahnsinnig kräfteraubend, hat mich zeitweise wirklich an meine Grenzen gebracht.
Mag man nun drüber spekulieren, ob das aus früheren Erlebnissen resultiert, ich "nicht so wirklich beziehungsfähig" sei oder nicht: alles nicht so relevant, finde ich.
Was deine Frage angeht: Verbindlichkeit entsteht emotional doch immer dort, wo man liebt. Ich halte es für sehr gesund, wenn man Grenzen ziehen kann, was man bereit ist zu "geben" und was nicht. Ich beglückwünsche dich, daß du das für dich so klar wahrnehmen kannst und äußerst. Daß das oft auf Unverständnis stößt ist logisch, die "Auswahl" an passenden Partnern ist damit allerdings kleiner und schwieriger. Aber nicht unmöglich.