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Das Anliegen war die Aufforderung, Präferenzen, egal welcher Natur, mal kritisch zu hinterfragen und zu reflektieren, wie viel sie tatsächlich den eigenen Bedürfnissen entsprechen oder Folge von Erziehungsprozessen sind. Und wie ich mehrfach betont habe, kann es tatsächlich nur Ersteres sein und das wäre wunderbar.
Wenn man nicht zu Reflektion bereit ist, da fallen meine Worte leider auch auf taube Ohren, das ist schade, das ist frustrierend, aber dagegen kann ich gerade nichts machen.
Ich versuche nochmal, zu erklären, was mich (und anscheinend ja viele) hier so ärgert
Also auch wenn du vielleicht nicht pauschal unterstellst, dass jeder Präferenz etwas toxisches zugrunde liegt, so ist deine Aufforderung in die Allgemeinheit einfach übergriffig
Warum?
Weil du vielleicht einfach mal in deine Grundannahme die Möglichkeit mit einbeziehen solltest, dass die allermeisten Menschen grundsätzlich auch ohne deine Aufforderung reflektieren, wer sie sind , wo sie stehen, was ihnen gefällt, was sie erregt usw.
Dieser Prozess ist Teil unserer ganz normalen Entwicklung, der übrigens mit dem Beginn unserer Pubertät wesentlich beginnt, diese Fähigkeit, sich selbst zu hinterfragen, grenzt einen Jugendlichen vom Kind ab (weshalb dieses Thema im Kern gut gemachter Jugend-übergangsrituale aufgegriffen wird).
Kann es sein, dass du irgendwie der Meinung bist, nur trans Personen würden sich zwangsweise mit ihrer Geschlechtsidentität und ihren sexuellen Präferenzen wirklich auseinandersetzen und diese reflektieren????
Anders ist es für mich nicht zu erklären, dass du glaubst, eine erwachsene, in ihrer Sexualpräferenz gefestigte Person müsste von dir noch zur Reflexion dieser Präferenzen aufgefordert werden (wenn die Präferenz gerade nicht mit deinen Interessen zusammen passt).
Kannst du bitte für dich mal annehmen, dass die allermeisten (auch hetero-cis-personen) im Laufe ihrer Entwicklung einen intensiven Prozess durchlaufen, in dem sie ihre Neigungen entdecken, ausprobieten, reflektieren, mit den eigenen Werten abgleichen, mit der Umwelt abgleichen usw., solange, bis sich eben eine Persönlichkeit gefestigt hat, Präferenzen sich gefestigt haben. Selbst dann endet das Reflektieren der eigenen Person hoffentlich nie ganz, aber ab einem gewissen Punkt, werden einige dieser Dinge, die man für sich entdeckt hat, eben auch nicht mehr hinterfragt, so wie du ja jetzt sicher an einem Punkt angekommen bist, an dem du z.b. deine Geschlechtsidentität nicht mehr hinterfragen willst, weil du darin klar und sicher für dich bist.
Ich möchte ja such gerne anerkennen, dass dieser Prozess für trans Personen deutlich steiniger ist, weil man eben in dieser wichtigen Frage der Geschlechtsidentität feststellen muss, dass der eigene Körper leider nicht zu dem passt, was man selbst fühlt, und mit Sicherheit dreht man dann an dieser Stelle nochmal ein paar extra Runden in der Reflexion.
Aber diese Erfahrung berechtigt dich nicht, anderen erwachsenen, in ihrer Sexualität gefestigten Menschen zu unterstellen, sie hätten ihre Präferenzen noch nicht ausreichend hinterfragt.