Das Pronomen "man" hat durchaus seine Daseinsberechtigung und es gibt viele Situationen, in denen es eine hervorragende Wahl ist.
Ich denke aber, ich weiß, was du meinst, denn auch mir fällt oft unangenehm auf, dass "man" benutzt wird, wenn ein "ich", "du" oder "wir" viel passender wäre.
Der Fairness halber sei erwähnt, dass viele derer, die "man" so verwenden, sich dessen vermutlich gar nicht bewusst sind.
Dennoch triggern hier z.B. die Anschreiben "Kann man dich näher kennenlernen?" und "Darf man mehr von dir sehen?" bei mir sofort Widerwillen.
Zugegebenermaßen hat auch die jeweilige Frage als solche daran erheblichen Anteil, (Auch mit "ich" statt "man" formuliert, würden die bei mir Augenrollen auslösen.) aber das "man" nervt mich noch einmal extra.
Fragestellungen mit "man" ergeben durchaus Sinn, wenn es darum geht, Regeln oder Möglichkeiten zu erfragen, die für alle bestehen ("Darf man hier parken?" "Kann man das auch online erledigen?"), aber wie wahrscheinlich ist es wohl, dass jemand bei den o.g. Fragen generell mit "ja" antwortet, was ja quasi einem "Jeder kann/darf..." entspräche?
Warum formulieren manche Leute die oben genannten Fragen trotzdem lieber mit "man" als "ich"?
Ich vermute, weil dann auch eine negative Antwort nichts Persönliches ist.
Wenn "man" nicht kann/darf, hat die Ablehnung vermeintlich nichts mit der/dem Fragenden selbst zu tun, obwohl genau das doch meist der Fall ist.
In Aussagesätzen fällt mir "man" vor allem dann unangenehm auf, wenn ich die dadurch suggerierte Allgemeingültigkeit in Zweifel ziehe oder jemand durch dessen Verwendung offensichtlich versucht, Verantwortung von sich wegzuschieben.
Ein großartiges Beispiel für Letzteres sind Interviews mit Sportlern, die in einem Spiel/Turnier/Wettbewerb nicht das gewünschte Ergebnis erzielt haben.
Nun sind ja gerade Fußballspieler nicht unbedingt für ihre überdurchschnittlichen rhetorischen Fähigkeiten bekannt, aber wie oft es da nach Spielende heißt "Man hätte mehr aus den Standardsituationen machen müssen." oder "Man hätte sich nicht auf der Führung ausruhen dürfen.", finde ich schon auffällig.
Bei Teamsportlern frage ich mich dann immer, ob der/die Interviewte eigentlich ein ganz bestimmtes Mannschaftsmitglied im Kopf hat, das "hätte... müssen" oder "hätte... sollen", dies aber lieber nicht benennt, um nach außen Geschlossenheit zu suggerieren.
Bei Einzelsportlern bleiben solche Formulierungen für mich rätselhaft.
Gibt es Mentalcoaches, die, basierend auf der Erkenntnis, dass Sprache und Gedanken sich wechselseitig beeinflussen, ihren Schützlingen beibringen, sich auf diese Weise sprachlich von Fehlleistungen zu distanzieren, um bloß keine Selbstzweifel aufkommen zu lassen, oder wird diese Ausdrucksweise einfach völlig unreflektiert von anderen übernommen?
Ein weiteres Beispiel ist der hier so beliebte Satz "Man muss alles mal ausprobieren."
Abgesehen davon, dass
ich keineswegs denke, dass "man" das muss oder auch nur sollte, ist schon auffällig, wie oft der Satz mit dem unpersönlichen, Allgemeingültigkeit suggerierenden "man" verwendet wird, um einen ganz persönlichen Wunsch. ("Ich möchte alles mal ausprobieren." oder "Du musst das mal ausprobieen.") zu transportieren und das Gegenüber durch ein "Das macht man so." unter Druck zu setzen.
Auch hier möchte ich nicht unterstellen, dass dies immer bewusst geschieht, aber wenn ich es als Manipulationsversuch wahrnehme, wirkt das auf mich unehrlich und daher unsympathisch.
Schon ein "
Ich finde, dass man..." empfände ich anders.