Traue ich mich nach zehn Seiten meine Überlegungen zum Thema noch beizutragen?
Ja!
Als jemand, der selbst "feste Beziehung" in einem Profil zu stehen hat, möchte ich mal einen anderen Blick auf die Sachlage geben.
In einer festen Beziehung zu sein heißt nicht zwangläufig seinen Partner betrügen zu wollen.
Für mich als Künstler ist der Austausch mit möglichst vielen Menschen, möglichst auch solchen, die diametral zu meinem eigenen Lebensentwurf stehen, ganz wichtig.
Ganz einfach, weil es mir neue Perspektiven eröffnet, mitunter sogar meinen Sprachschatz erweitert, weil mein Gegenüber eben andere Wort und Formulierungen nutzt, als ich das für gewöhnlich tue.
Das ist aber nur ein Teil dessen, was meine Intention ausmacht, mich hier angemeldet zu haben. Natürlich kann ich Leute auch außerhalb der digitalen und erotisierten Welt kennenlernen.
Mit ist aber schon recht früh klar geworden, dass genau diese Erotik, die nicht zwangläufig eine körperliche Sexualität bedeuten muss, das ist, was ich für mich benötige.
Früher wär der passende Begriff "die Muse" gewesen. Ich weiß nicht, ob der heute noch so zutreffend ist. Aber genau eine solche Muse ist es, die ich von Zeit zu Zeit suche. Jemanden, der über Zweideutigkeiten mein Hände kalt und mein Herz schneller schlagen lässt. Jemand, der mit einem Wort oder Halbsatz meine Fantasie anregt und meine Neugierde kitzelt. Jemandem dem ich meine Kunst widmen und geben kann.
Die Stufen dieser Erotik sind dabei fließend. Mal bleibt es beim Austausch von Zeilen, mal werden daraus auch Bilder und irgendwann kommt der Punkt, an dem die Stimme zu einer Sehnsucht wird. Den anderen zu hören ist dabei weniger auf Liebe zurückzuführen, als viel mehr auf die Sympathie und das Vertrauen, dass sich zum Gegenüber entwickelt hat.
Wenn beide Seiten sich einig sind und innig genug die Sehnsucht entstanden ist, sich auch zu berühren, dann heißt das noch lange nicht, dass ich meinen Partner damit verleugne. Ich liebe meine Frau. Sie wird meine Vertraute, meine Partnerin, mein Rückhalt bleiben. Nur kann sie eben nicht vollständig das befriedigen und bedienen, dass ich für mich und meinen Geist benötige. Darüber ist sich auch meine Frau im klaren, ohne, dass sie sich dadurch zurückgesetzt oder minderwertig fühlt. Wir können als Menschen nicht alles, wir können nur versuchen so viel wie möglich zu lernen.
Auf geisteswissenschaftlicher, philosophischer Ebene ist dies eben nicht allen gegeben.
Dem Menschen sind auf unterschiedlicher Weise Grenzen gesetzt. Diese Grenzen habe auch ich.
Es wäre töricht und narzisstisch zu behaupten ich könnte alles und hätte keine Fehler. Mit Nichten ist das.
Deshalb werden Menschen, die bestimmte Dinge nicht beisteuern können nicht gleich zu schlechten oder unpassenden Persönlichkeiten für einen selbst. Warum auch. Ich schätze die Fürsorge meiner Frau für meine Kinder und mich. Ich bin vernarrt in ihre Art mir zu zeigen, dass ich ihr wichtig bin, und wenn es nur das Streicheln des Kopfes am Abend ist. Ihr Organisationstalent möchte ich niemals mehr missen, weil sie damit einen Ausgleich zu meiner Art ist. Und auch unsere körperliche Nähe ist etwas, dass für mich als Partner enorm wichtig ist.
All das suche ich nicht außerhalb der Beziehung. Dort suche ich die Dinge, die ich eben nicht von meiner Frau verlangen oder erwarten kann. Warum sollte ich das auch wollen? Diese Art von Druck und Zwang würde am Ende auch mich einzwängen und unter Druck setzen. Das Unvollkommene ist durchaus eine Bereicherung. Perfekt unperfekt eben!
Meine Frau weiß bspw. dass ich hier unterwegs bin. Warum sollte ich ihr das auch verschweigen. Ich werde ihr auch zum richtigen Zeitpunkt erzählen - so wie in der Vergangenheit auch - wenn da eine andere Frau ist, die mich auf einer bestimmten Ebene begeistert und neugierig macht. All das heißt aber nicht, dass ich die Liebe zu meiner Frau negiere oder verliere. Das ist nichts, worüber ich auch nur im Ansatz nachdenke.
Aus all diesen Gründen habe ich mein Profil auch entsprechend formuliert und vieles offen gelassen.
Mir geht es nicht in erster Linie um ein schnelles Treffen, um schnelles Sex. Das ist viel zu profan und lässt so vieles unberührt und unbeleuchtet, das es vielleicht wert ist, entdeckt zu werden.