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Den anderen nicht verletzen: Wie mit der Reaktion umgehen?

*******ant Frau
30.657 Beiträge
So, alles nachgeholt.
So viele richtig gute Beiträge!
Bin total begeistert und starte bereichert in den Tag.
*blumenschenk*
*******ter Frau
4.956 Beiträge
Es ist meist so aus dem Gefühl heraus ...
zu glauben, oder gar zu erwarten, dass der andere verletzt sein müsste.
(weil man es selber wäre?)
Scham und schlechte Erfahrungen spielen da sicher auch eine Rolle. Und haben wir nicht alle gelernt, dass es sich mit Lügen leichter lebt zumal die Wahrheit oft als Lüge deklariert und nicht geglaubt wird? Ich kann jeden Falls ein Lied davon singen. Und der fromme Vorsatz immer die Wahrheit sagen zu wollen, ist von vornherein zum scheitern verurteilt.

In Konflikt scheinen aber nur die Menschen zu geraten, die noch zwischen Wahrheit und Lüge unterscheiden (können).

Für künftige Beziehungen wünsche ich mir diese Offenheit. Und in Situationen, die einem unpassend erscheinen, in denen einem die Worte fehlen, genau das zu sagen. Den dann kann man sich die vielen Ausreden und Spekulationen sparen, die erst recht zu Spannungen führen.

Es blieb bisher bei diesem Wunsch. Denn das Lügen scheint den meisten heilig.
********lack Frau
19.257 Beiträge
@*********iese

Ist auch eine Frage wie man das besprochen hat.
Ich will die Wahrheit wissen, ist leichter gesagt, wie um gesetzt.
Und ich mache da auch Unterschiede in der Sichtweise, denn meist wird das Argument an geführt, wenn der/diejenige die Konsequenz nicht tragen mag.
Aber genau setzt es für mich an, denn wie es @*******ant so richtig geschrieben hat, dann sagt man was nicht nur, sondern handelt über den Kopf des Anderen hinweg.
Und das ist eine Art von Entmündigung, denn ich will selbst entscheiden was ich ertrage und was nicht.
Demzufolge birgt dieses "Schonschweigen" ein hohes Risiko.
Auch weil man keine andere Handlungsweise finden kann, wenn man etwas nicht weiß.
Beim Satz "ich habe nichts gesagt, weil ich dich nicht verletzen will",
käme, "dann mach es nicht, beziehe mich ein!"
So gesehen das selbe Risiko, denn wenn die Handlung raus kommt, ist gleichzeitig das Vertrauen und der Respekt weg.
WiB
*******ant Frau
30.657 Beiträge
Zitat von ********lack:

So gesehen das selbe Risiko, denn wenn die Handlung raus kommt, ist gleichzeitig das Vertrauen und der Respekt weg.
WiB

Hm.
Ist das so?
Für mich nicht zwingend und automatisch.

Hätte mein Ex-Mann mir z. B. gleich reinen Wein eingeschenkt bzw ehrlich geantwortet und mir nicht aus dem Urlaub geschrieben, dass er bei der anderen Frau (die er da schon seit 2 Jahren hatte) zu bleiben gedenkt,
hätte ich mir von Anfang (des Endes) an mehr Respekt vor ihm und letztendlich auch mir bewahren können.

Ich würde eher jemandem vertrauen, der den Mut hat, Unangenehmes anzusprechen und ja- auch mal erste Reaktionen aushält.

Ich habe neulich den Begriff "Arbeitsgrundlage" verwendet.
Etwas zu haben, mit dem man überhaupt umgehen kann, ist mir lieber als wenn Dinge umgangen werden.
********lack Frau
19.257 Beiträge
@*******ant

Dann habe ich es wohl zu mißverständlich geschrieben,
denn ich meine es genau so.
Wenn man die Möglichkeit hat vor den Ereignissen zu reagieren, dann haben ja immer noch beide die Chance darauf, Lösungen zu finden.
Die hat man eben danach nicht und das ist die Handlung meist eher dem Egoismus unter geordnet.
Sollte sich dabei keine Lösung finden lassen womit beide gut leben können, dann ist wenigstens der Restpekt und das Vertrauen noch da, selbst wenn sich eine Trennung daraus ergibt.
WiB
Einfachstes Beispiel:

Partner/in zieht zum ausgehen etwas an, dass nicht gut sitzt / fällt oder zum Make-Up passt.
"Schatz du siehst toll aus!", kommt dann jedoch meist.

Man sitzt geneinsam, der eine Teil möchte los aber der andere Teil ist im Gespräch.
"Ach, das bißchen halt ich schon aus."

In beiden Fällen redet man sich ein, dass es für den anderen BELASTEND wäre, die Wahrheit zu hören.

Gleichzeitig grenzt man den anderen Part aus und übernimmt Fürsorge.

Den anderen Part als ebenso erwachsen und eigenständig zu sehen und nach dee Information die Wahl einer Entscheidung zu lassen fällt den Meisten schwer.

Natürlich hat dann auch die Angst vor der ehrlichen Antwort oder Reaktion ihren Fuß mit drinne.

Ängste sind nicht immer vollkommen klar abgegrenzt. Es fällt schwer klar nachzuvollziehen ob es der eigene Wunsch oder eigtl. nur ne Angst ist.

Angst bedeutet ja eigentlich "Hier weisst du nicht, was auf dich zukommt und wie du dich SICHER verhalten kannst."

Kater
*****_54 Frau
11.608 Beiträge
Zitat von ********etze:
Partner/in zieht zum ausgehen etwas an, dass nicht gut sitzt / fällt oder zum Make-Up passt.
"Schatz du siehst toll aus!", kommt dann jedoch meist.

Wer die Frage stellt, "Wie sehe ich damit aus?" möchte entweder ein Kompliment hören oder ist sich eben unsicher, ob es wirklich gut aussieht.

Wenn ich unsicher bin, frage ich den Partner und wenn er meint, "Sieht nicht so gut aus, weil...", dann kann es gut sein, dass ich die Kritik annehme.
Wenn ich selbst aber sicher bin, dass ich dieses Outfit liebe und mich darin wohl fühle, frage ich erst gar nicht.

Ich selbst habe schon einer Freundin geraten, bestimmte Klamotten oder Schminke zu meiden, weil ein anderes Outfit oder Styling in meinen Augen besser für sie wäre. Ich leite das dann mit "Tja, ist nicht ganz mein Fall ...." ein.
Aber nur, wenn von ihr aus die Frage überhaupt gestellt wurde.

Das Beispiel mit den Klamotten gilt erst recht für wichtigere Dinge, die nicht in erster Linie Äußerlichkeiten betreffen.

Wenn ich was gut finde, wissen alle in meinem Freundeskreis, dass ich das auch wirklich so meine und keine Höflichkeitsfloskel ist.
@*****_54
Es waren beides auch nur die einfachsten Beispiele dafür, dem Gegenüber nicht die Wahrheit zu sagen.

Man kann auch elegant die Klappe halten aber darum ging es hier ja nicht *zwinker*
*********enTe Frau
1.500 Beiträge
Dieses Thema ist ein wirklich vielschichtiges. Die mag ich besonders. Also erstmal danke @*********iese für diese Fragestellung!

Mir ist als erstes dabei durch den Kopf geschossen: die Rücksicht auf den anderen ist bloß oftmals vorgeschoben. In Wirklichkeit ist es doch die Rücksicht auf die eigene vermeintliche Komfortzone.

Natürlich ist das jetzt eine ziemlich überspitzte und vielleicht auch zynische Sichtweise, die natürlich nicht auf jeden Scheitel gekämmt werden kann.
Und es kommt auch wirklich auf die jeweilige Sachlage oder Ding an.

Meine dahinterliegenden Überlegungen und Vermutungen sind, dass diese Menschen, die wirklich grundlegendes oder tief bewegendes ihrem Partner vorenthalten, eben auch vor sich selbst wegrennen. Und das noch nicht einmal unbedingt bewusst.
Sie haben nichtgelernt zu ihren wirklichen Bedürfnissen vorzudringen und sich zunächst mit sich selbst auseinanderzusetzen bevor sie sich diesbezüglich mit ihrem Partner unterhalten können.
Sich seinen Bedürfnissen bewusst zu sein ist ein gar nicht so einfacher Weg. Erst recht nicht, wenn sie für einen selbst außergewöhnlich oder abnormal erscheinen. Oder man schon in recht festgefahrenen sozialen Gefügen steckt. Wer weiß schon, wie viele sich wie in einer Zwangsjacke von gesellschaftlichen Normen und Werten fühlen?
Dieser Weg beginnt mit Achtsamkeit und Selbstreflexion und hält vielleicht so manch eine unangenehme Überraschung für einen bereit: Wenn das „soll“ dann stark vom „ist“ abweicht, kann das vielleicht auch eine Identitätskrise auslösen.
Eine Heimlichkeit oder Unterdrückung von Sehnsüchten erscheint da sicherlich oft einfacher - die Komfortzone eben.
Ich frage mich also, ob diese vermeintliche Rücksicht auf die Gefühle anderer, nicht nur den Unwillen miteinschließt, eine unangenehme Situation mit dem Partner zu erleben sondern eben viel viel mehr.
Und auch nicht einfach nur mit Mut und offener Kommunikation erledigt ist.

Und ich nehme mich persönlich da auch nicht aus. Ich bin selbst noch dabei meine eigenen Bedürfnisse nachzuforschen. Zudem ändert sich der Mensch auch im Laufe seiner Lebenszeit unaufhörlich.
*******ganz Mann
124 Beiträge
Spannendes Thema!

Allgemein ist es natürlich eine Frage der Konsilianz, inwieweit man fremden Menschen eine Offenheit und Direktheit entgegenbringen will und damit riskiert, jemanden zu verletzen oder einfach die Klappe hält (wobei ich zustimme, dass Verletzlichkeit maßgeblich auch davon abhängt, inwieweit jemand verletzlich sein WILL – ob bewusst in einer Opferrolle oder unbewusst). Ein böses Foul kann es vom Sprecher eigentlich nur dann geben, wenn er die Person in irgendeiner Form abwertet, also ungefragt Urteile von sich gibt, die verletzend sein WOLLEN.

WILL der Partner in irgendeiner Weise verletzen (vielleicht, ohne dass ihm das bewusst ist), wird er dies auch tun, wenn er die direkte Kommunikation eines Problems vermeidet. Vielleicht ist dann das Bad nie richtig geputzt, dem anderen wird die kalte Schulter gezeigt oder es tritt eine schleichende Distanzierung ein, weil eine gestaltloses Urteil im Raum herumgeistert, dessen Aussprache beständig ausgewichen wird. Wenn verletzt werden soll, findet das Unterbewusstsein auch abseits der Aussprache der "eigentlichen" Sache Möglichkeiten für einen Bodycheck.

Verletzungen vermeiden zu wollen, ist meiner Erfahrung nach ein fataler Weg, wenn es um Beziehung geht. Denn in einer engen Beziehung bleibt nichts völlig unbemerkt.

Rückhaltlose Offenheit in unmittelbarer Aussprache kann natürlich verletzend sein und ist in ihrer konstruktiven Qualität ein Stück weit auch von der Fähigkeit abhängig, seine Gefühle und Probleme in Worte zu fassen. Es bedarf außerdem viel Mut dazu, insbesondere wenn das Thema schambesetzt ist. Insofern ist rückhaltlose Kommunikation, die nicht verletzend daherkommt, einigermaßen schwierig. Was aber hilft, ist: bei SICH zu bleiben, bei seinen Bedürfnissen, Ängsten, bei seiner Wut oder was auch immer. Sobald ich aber über den anderen Urteile fälle, messe ich ihn an meinen Erwartungen und stelle mich als Spiegel für ein Ungenügen vor den anderen. Das kann verletzen – wahrscheinlich genau weil es weh tun soll und ich mich gegenüber dem anderen auf eine höhere – vielleicht moralische – Ebene, erheben will.

Was zu mir gehört und bei mir bleibt, kann den anderen nicht verletzen, nur traurig stimmen. Das Vermeiden der Aussprache aber kann verletzen, weil es einen Mangel an Mut, vor allem aber einen Mangel an Vertrauen spüren lässt.
Zitat von *********iese:
Die Idee zu diesem Thread kam mir schon neulich, als es darum ging in einem Thema, das eine Frau "jahrelang" nichts zum Partner in Richtung eigene sexuelle Bedürfnisse gesagt hat, um ihn nicht zu verletzen.

Und wenn so etwas über Jahre geht, ist das "nicht verletzen wollen" nicht schon in sich eine Verletzung?

Gern möchte ich hierzu meine Gedanken aufgreifen, auch, wenn der Thread schon weiter ist:

In meinen Augen ist es nicht nur Verletzung, sondern ich empfinde es als Betrug - in seiner schlimmsten Form.

Zum Hintergrund:
Wenn es um Gefühlsdinge geht, stell ich mich wirklich sehr schwer und finde Herausforderungen "einfacher" zu lösen. Daher finde ich Themen totzuschweigen als " ich möchte mich nicht mit dir auseinandersetzen." und zeitgleich als eine Art Selbstmasochismus, weil es für mich am Ende schlimmer wird, wenn einem etwas auf der Seele liegt.

Um Weihnachten herum hat mir eine eigentlich sehr nahestehende Person offenbart, was sie seit ungefähr 8 Jahren mit sich rumtrug. Wenn ich liebe, selbst durch ausgeprägte Tiefen hindurch, erwarte ich Offenheit und bei Ehrlichkeit von der anderen Person, insofern sie Gefühle für mich hegt.

Sobald ich nicht mehr streiten möchte und Dinge nicht mehr anspreche, kann sich mein Gegenüber sicher sein, er hat versch***. Beziehung in jedweder Hinsicht ist für mich eben auch Emotionalität, sonst stirbt sie.
Eine gute Freundin sagte einmal zu mir:
"Alles was gesagt wird muss wahr sein, aber nicht alles was wahr ist muss auch gesagt werden."

Ich stimme dem nur insoweit zu, solange die Beziehungen keine Partnerschaften sind, also Freunde/Kollegen/Verwandte usw.

Sobald ich aber eine ernsthafte (Liebes-)Beziehung führe, muss es den Partnern m.M.n. möglich sein „alles“ zueinander sagen zu können, selbst wenn es zuerst einmal zu einer Verletzung führt.
Ich finde sogar, dass eine vermeintliche Verletzung ein guter Anstoß sein kann, die eigene Position zu überdenken und idealerweise gemeinsam neue Wege oder Denkweisen zu finden.

Meine These: Sobald ich es vermeide, bestimmte Dinge in einer Partnerschaft anzusprechen, habe ich entweder Angst vor der Reaktion des Partners, mangelndes Vertrauen in mich selbst und/oder in meinen Partner. – Diesen Gedanken zu Ende gesponnen würde bedeuten, dass alles unausgesprochene in eine Depression, oder in den Satz: „Wir haben uns auseinander gelebt“ enden würde...

…Oder es kommt irgendwann zu einem großen Knall und beide schaffen einen neuen Anfang durch verändertes Verhalten.

Er schrieb
Zitat von *********al_75:
Eine gute Freundin sagte einmal zu mir:
"Alles was gesagt wird muss wahr sein, aber nicht alles was wahr ist muss auch gesagt werden."

Ich stimme dem nur insoweit zu, solange die Beziehungen keine Partnerschaften sind, also Freunde/Kollegen/Verwandte usw.

Ich finde, v.a. unter Freunden und Verwandten sollte man sich alles sagen können - Partnerschaften haben für mich den gleichen Stellenwert.

Hab ich das richtig verstanden, dass es für euch nicht so wichtig ist, dass man sich untereinander in den erwähnten Gruppen absolut offen begegnet (für die jeweilige Beziehung relevante Themen vorausgesetzt)?
*******nic Mann
387 Beiträge
Spannende Antworten.

These:
Käme ein Thread mit der Frage, ob in Beziehungen gleich welcher Art "Empathie" (Einfühlungsvermögen in die jeweilige Befindlichkeit des anderen) wichtig wäre, würden nicht wenige derjenigen, die hier unbedingte Ehrlichkeit einfordern, sicher und unbedingt zustimmen.
Oder die Frage nach "Respekt": Da sehe ich das große Nicken auch vor mir und frage mich, ob der*diejenige dann den Respekt vorm Wahrheitsbedürfnis oder der Angst vor Verletzungen des anderen höher wichtet.

Die meisten Antworten hier lesen sich so, als ob es
• nur eine einzige Form und eine einzige "Menge" von Ehrlichkeit (nämlich voll auf die Zwölf) und
• nur einen richtigen Moment dafür (nämlich unmittelbar)
gäbe.

Und sie lesen sich weiter so, als ob die, denen ein hübsch ehrliches "Du hast 'n Haufen Schuppen im Haar", "Du stinkst aus dem Mund", "Du bist dumm" etc ins Gesicht gesagt wird, sich herzlich bedanken würden: "Du bist ein wahrer Freund."

Ich denke, daß es bessere, nicht weniger wahrhaftige Varianten als "Du siehst in dem Kleid wie eine Preßwurst aus" gibt.
Und ich finde ebenso, daß es einen großen Unterschied macht, ob man das Ehrlichkeitstablett in einem sensiblen, zweifelnden Moment oder in einer resilienteren Phase präsentiert.

Gnadenlose Ehrlichkeit mag ehrlich sein.
Vor allem ist sie aber: gnadenlos.

Thomas
Zitat von *******nic:


Und sie lesen sich weiter so, als ob die, denen ein hübsch ehrliches "Du hast 'n Haufen Schuppen im Haar", "Du stinkst aus dem Mund", "Du bist dumm" etc ins Gesicht gesagt wird, sich herzlich bedanken würden: "Du bist ein wahrer Freund."

Ich denke, daß es bessere, nicht weniger wahrhaftige Varianten als "Du siehst in dem Kleid wie eine Preßwurst aus" gibt.

Ich würde demjenigen, der mir das genauso ins Gesicht sagt, mein vollstes Vertrauen schenken und ihn oder sie als wahren Freund betiteln. Jemand, der mir das nicht sagen kann, der ist eben nur eine Bekanntschaft oder nicht nah genug an mir dran, was ja auch nicht jeder sein muss.
*******ganz Mann
124 Beiträge
Zitat von *******nic:

Die meisten Antworten hier lesen sich so, als ob es
• nur eine einzige Form und eine einzige "Menge" von Ehrlichkeit (nämlich voll auf die Zwölf) und
• nur einen richtigen Moment dafür (nämlich unmittelbar)
gäbe.

Und sie lesen sich weiter so, als ob die, denen ein hübsch ehrliches "Du hast 'n Haufen Schuppen im Haar", "Du stinkst aus dem Mund", "Du bist dumm" etc ins Gesicht gesagt wird, sich herzlich bedanken würden: "Du bist ein wahrer Freund."

Ich glaube, das geht etwas an dem Gemeinten vorbei (jedenfalls was meinen Beitrag betrifft).

Gnadenlose Ehrlichkeit heißt nicht, dass ich meinem Gegenüber jederzeit Urteile ("Preßwurst") überbraten sollte und dafür Dankbarkeit erwarten darf. Was hier über Ehrlichkeit geschrieben wurde, betrifft ja vor allem die Beziehungsebene (nicht Äußerlichkeiten), dasjenige, was in der Regel schwer über die Lippen zu bringen ist, weil eine Angst besteht, den anderen mit dem eigenen Verhalten oder Worten zu verletzen. Es geht also letztlich gerade um das Anliegen einer VERHINDERUNG von Verletzung (wofür Sätze wie: "Du siehst heute aber wieder scheiße aus" ohnehin nicht in Betracht kommen), bzw. darum, ob ich es zulasse, dem anderen gegenüber in der Beziehung ganz offen und ehrlich zu sein statt aus Angst etwas zurückzuhalten, was ohnehin da ist.
*******Brat Frau
1.970 Beiträge
Ich habe verschiedene Stadien erlebt.
Am schlimmsten war es, als jemand versprach, ihm alles sagen zu können und zu müssen, weil wir doch beide ach so intelligente Menschen wären und entsprechend miteinander umgehen könnten.

Naja, ihm gefiel nur nicht alles, was er zu hören bekam und reagierte dementsprechend.
Und es waren oft Anlässe, die er anders wertete als ich.
Man mag mich vielleicht in mancher Hinsicht für naiv halten, aber scheinbar verändert der jeweilige Umgang das Menschenbild entsprechend und bildet die Basis für fest zementierte Vorurteile.
Wenn ich aber einen anderen Umgang pflege, weniger schlechte Erfahrungen gemacht habe, dann verhalte ich mich ganz natürlich, ohne mir Gedanken darüber zu machen, was ein anderer daraus ableiten oder vermuten könnte.
Und diese verschiedenen Erfahrungshorizonte gaben immer Anlass für Diskussionen.

Was passiert also? Man überlegt, was man erzählen kann, ohne Stress gemacht zu bekommen, siebt und selektiert Informationen.
Und muss sich ganz genau merken, welchen Wissensstand der andere hat.
Mühsam, kann ich nur dazu sagen.

Und jetzt habe ich einen Partner, mit dem absolute Ehrlichkeit und Offenheit vereinbart ist, das haben wir bei unserem ersten Treffen festgelegt.
Und zwar nicht als zu verwirklichende Bedingung, sondern es ergab sich in unserem Kennenlerngespräch. Wir haben uns einander so offenbart, vom ersten Moment an, dass mehrfach gesagt wurde: das war aber mutig!
Warum hätten wir etwas zurückhalten oder unerwähnt lassen sollen?
Wenn beide nicht mehr neu sind, ist doch logisch, dass die Blätter nicht unbeschrieben sein können.
Alles gehört zum gelebten Werdegang dazu, hat uns geformt und geprägt.
Das möchte ich nicht verheimlichen müssen.
Es funktioniert bis jetzt.
*top*

Finde ich super, da habt ihr meinen Respekt!
Zitat von ****Be:
Zitat von *********al_75:
Eine gute Freundin sagte einmal zu mir:
"Alles was gesagt wird muss wahr sein, aber nicht alles was wahr ist muss auch gesagt werden."

Ich stimme dem nur insoweit zu, solange die Beziehungen keine Partnerschaften sind, also Freunde/Kollegen/Verwandte usw.

Ich finde, v.a. unter Freunden und Verwandten sollte man sich alles sagen können - Partnerschaften haben für mich den gleichen Stellenwert.

Hab ich das richtig verstanden, dass es für euch nicht so wichtig ist, dass man sich untereinander in den erwähnten Gruppen absolut offen begegnet (für die jeweilige Beziehung relevante Themen vorausgesetzt)?

@****Be
Für uns hat unsere Partnerschaft den höchsten Stellenwert, Freunde und Verwandte kommen danach. Deine Einstellung, Freunde/Verwandte/Partnerschaft haben für dich den gleichen Stellenwert, finden wir ebenfalls absolut in Ordnung.

Insofern hast du es komplett richtig verstanden, dass die „absolute“ Offenheit für uns nur in unserer Partnerschaft wichtig ist – und zwar für alle Themen. Bei Freunden/Verwandten spielt Offenheit keine so große Rolle bei den jeweils relevanten Themen.
Beispielsweise verschweige ich der guten Freundin mitunter, dass die Bluse farblich nicht zur Hose passt, oder das sie überzogen viel Make-Up aufgetragen hat. Bringt sie hingegen das Thema auf, würde ich dann aber auch meine Meinung offen sagen.

In der Partnerschaft hingegen möchten wir „direkt ins Gesicht“ sagen können: Ich bin der Meinung die Farbe der Bluse steht dir nicht, um das banale Beispiel von oben aufzugreifen.
Genauso möchten wir in unserer Partnerschaft in der Lage sein, selbst die heikelsten (z.B. sexuelle) Themen und auch insbesondere Gefühle (z.B. Angst, Eifersucht, Neid usw.) jederzeit ansprechen zu können. Wir glauben, wenn wir dazu nicht in der eigenen Partnerschaft in der Lage wären, wo sonst sollten wir uns komplett öffnen können? Natürlich vorausgesetzt der nötigen Empathie, wie hier auch schon angesprochen.

Er schrieb
*********enTe Frau
1.500 Beiträge
@*******nic

Ich habe die Fragestellung des TE sehr viel vielschichtiger wahrgenommen als dass es darum ginge, jemandem seinen persönlichen Geschmack über das Äußere des Anderen aufzuzwängen.


Er führte ein Beispiel auf, in dem ein Partner dem andere über mehrere Jahre seine sexuellen Bedürfnisse/ Neigungen vorenthalten hat, um ihn vorgeblich nicht zu verletzen.

Das ist in meinen Augen ein ganz anderes Kaliber hier Ehrlichkeit oder Offenheit oder Einblick zu fordern, zu erwarten (was letztlich auch wieder nur ein Bedürfnis des anderen ist) als Kritik über Erscheinungsformen.
Ich kann nachvollziehen, dass Menschen in einer Partnerschaft davon auszugehen, der Partner hätte die meisten Facetten seiner Persönlichkeit kundgetan. Wie kommt man denn sonst zu der Überzeugung, man würde sich kennen (und lieben)?
Für mich sind sexuelle Neigungen persönliche Facetten.
Ich fordere aber gleichzeitig auch, dass man als Partner (jeder) auch in der Pflicht ist, eine Atmosphäre zu hegen und zu pflegen in der Bekenntnisse jederzeit verachtungsfrei möglich sein sollten. Im Wissen auch, dass sich Bedürfnisse und sogar Neigungen meinem Partner erst mit der Zeit, mit Erfahrungen offenbaren können.
Stichwort hier:
Und ich finde ebenso, daß es einen großen Unterschied macht, ob man das Ehrlichkeitstablett in einem sensiblen, zweifelnden Moment oder in einer resilienteren Phase präsentiert.

Gnadenlose Ehrlichkeit mag ehrlich sein.
Vor allem ist sie aber: gnadenlos.
Es kommt immer auch darauf an, über was Ehrlichkeit gefordert wird. Und natürlich hast du in diesen Punkten recht.

Ich denke hier beispielsweise an die Neigung Bisexuallität oder die sexuelle Präferenz polyamorie oder eben non-monogam oder oder oder. Ich bin der Meinung, dass ich als Partner das Recht darauf habe so etwas zu wissen. Dass ich betrogen werde um die Persönlichkeit meines geliebten Partners wenn mir so etwas vorenthalten wird.
Wie kann ich jemanden wahrhaftig lieben, wenn ich bloß einen Auszug von ihm kenne?

Sagt mir mein Partner beispielsweise, er entdecke bisexuelle Neigungen in sich, dann will verdammt noch mal ich entscheiden, ob ich ihn dahingehend wohlwollend und liebend unterstützen kann oder nicht.
Mich da vor „Verletzungen“ zu schützen, empfände ich als vorgeschoben und unehrlich. Verletzten daran würde mich dann aber das mangelnde Vertrauen in mich, meinerWohlgesinnung ihm gegenüber oder meiner Liebe zu ihm.


So,nach dieser mal wieder ewig langen Ausschweifung von mir *floet* knüpfe ich wieder bei dir an: deshalb passen deine Ausführungen nicht. *baeh* Natürlich nur in meinen Augen *liebguck*
„Ehrlichkeit“ über deine aufgeführten Beispiele sind für mich nämlich äußerst vernachlässigbar in Anbetracht der Gesinnungen, die hier im Thread mMn eher gemeint sind.
*******Brat Frau
1.970 Beiträge
Zur Ergänzung meines Beitrags:

Es gibt keinen guten oder schlechten Zeitpunkt.
Vieles sollte direkt vorgetragen werden. Wenn ich es erst wegpacken würde, um auf bessere Zeiten zu warten, fällt einem immer ein Hinderungsgrund ein. Und dann hat man auf einmal doch wieder einen Haufen Ballast.
*******nic Mann
387 Beiträge
Zitat von *********en_Te:
Ich habe die Fragestellung des TE sehr viel vielschichtiger wahrgenommen.

Das ging mir auch so, weswegen ich in meinem Beitrag Bezug auf
Zitat von *******nic:
Spannende Antworten.
nahm - die orientieren sich nämlich vielfach an der Ehrlichkeitsabsolutheit, als wäre sie der heilige Gral.

Und auch, @*******Brat, wenn es möglicherweise keinen guten Zeitpunkt gibt: Es gibt definitiv schlechte. Es erscheint mir ein wenig unausgewogen, wenn man selbst hauptsächlich seinen Ballast loswerden möchte, dabei aber keine Rücksicht auf die Lage des Gegenübers nehmen mag.

Thomas
*****_54 Frau
11.608 Beiträge
Also, ich finde, Ehrlichkeit, Empathie und Respekt sind sehr wohl vereinbar.
Nur in dieser Kombination hat Ehrlichkeit die Chance, wirklich "genießbar" zu sein.
*******Brat Frau
1.970 Beiträge
@*******nic

Ballast nicht im Sinne von Dingen, die mich belasten und die ich irgendwo abladen möchte, sondern Unstimmigkeiten, die uns beide betreffen.
Und solche Dinge wachsen gerne über Nacht.

Einmal hatten wir die Situation, dass er ziemlich wortlos Richtung Schlafzimmer verschwand und bereits halb eingeschlafen war, als ich dazu kam.
Ich wusste nur, dass ich so nicht würde einschlafen können, wenn die Sache nicht bereinigt und ausgeräumt worden wäre.
Genau das habe ich ihm gesagt, dass ich Angst vor dem Erwachen hätte, wenn wir so schweigend in die Nacht gehen würden.

Er hat daraufhin gesagt, dass er froh ist, dass ich ihn an unser Versprechen erinnert habe, weil er in dem Moment nicht wusste, wie er den Anfang hätte finden können.
Es hat sich ein sehr gutes Gespräch entwickelt, das uns wieder ein Stück weiter gebracht hat auf unserem Weg.
Und je öfter man mit diesem Umgang positive Erfahrungen machen kann, umso niedriger wird die Hemmschwelle, auch heiße Eisen direkt anzusprechen.
****Wo Paar
2.783 Beiträge
Zitat von ********Snow:
Ich glaube, es ist extrem schwer, diese offene Kommunikation wirklich zu leben. Und zwar auf beiden Seiten.
Wir haben zu sehr gelernt, aus Rücksicht auf due Gefühle des anderen , Dinge nicht auszusprechen.
Das geht in den allermeisten klassisch monogamen Beziehungen ja schon damit los, dass man sich gegenseitig nicht erzählt, wenn man jemand anderen attraktiv findet. Unseren Eltern sagen wir nicht, wenn sie jns mit einem Thema total auf die Nerven gehen und unseren Kindern nicht, wenn wir ein Bild, dass sie gemalt haben, nicht so schön finden.

In meiner ersten langen Beziehung und Ehe habe ich das auch nicht besser hingekriegt.
Seither arbeite ich stetig daran, besser zu werden in meiner Kommunikation.
Aber ich gebe zu, es ist schwierig.
Auch, weil ich merke , dass viele eben mit der Wahrheit dann doch nicht so gut umgehen können.

Ich habe einen Menschen in meinem Leben, mit dem ich wirklich gnadenlos ehrlich sein kann, und er ist es auch mit mir.
Das ist wunderbar.
Manchmal auch sehr, sehr anstrengend.
Manchmal tut es sogar ziemlich weh.
Aber am Ende bringt es uns näher zusammen als ich das je bei irgendjemandem sonst erlebt habe.
Und das "anstrengend " relativiert sich zumindest dahingehend, weil er zugleich der einzige Mensch ist, bei dem ich wirklich immer komplett nur "ich" sein darf, das ist herrlich entspannend.

Vordergründig mag es so erscheinen, dass wir den anderen nicht verletzen wollen. Im Eigentlichen geht es nur um die eigenen Interessen. Sicherheit, Ruhe, Sex etc..
Sicherlich handelt es sich nicht um einen Vorsatz aber unsere unterbewusst en Programme tun ihr Übriges...

Im zweiten Teil beschreibst du wie Ehrlichkeit sich aufgrund von Sicherheit Raum schafft und tiefe Verbindung ermöglicht.

Zeigt sehr deutlich die Unsinnigkeit der erstgenannten Strategie...

Unehicheit hat nichts Gutes und bringt nichts Gutes...
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