„Was ich jetzt noch nicht ganz nachvollziehen konnte, sehnst Du Dich jetzt nur nach diesen einem Mann, den Du geküsst hattest, oder generell mal nach anderen Männern (und/oder Frauen)?
Ein Teil von mir sehnt sich nach wie vor danach, meine Sexualität auch außerhalb der Beziehung auszuleben. Ganz weg wird diese Sehnsucht vermutlich nie gehen, aber ich komm grundsätzlich gut damit klar, es momentan eben nicht auszuleben.
Ob ich mich speziell nach diesem einen Mann sehne?! Schwer zu beantworten. Ich glaube das liegt aber einfach an der Tatsache, dass ich mich ja nur mit diesem einen Mann getroffen hatte. Ich hatte weder einen Vergleich noch einen Draht zu einem anderen Mann als zu diesem.
Und ich versuch tatsächlich auch jetzt noch herauszukriegen, warum ich immer noch so oft an diesen Tag zurückdenke, an dem ich mich mit ihm getroffen hatte. Bei dem Treffen hatte ich weder Schmetterlinge im Bauch noch sonst irgendwas. Gefühle schließe ich also aus. Ich denke, dass meine Gedanken einfach deshalb immer noch daran zurück denken, weil ich mich nach wie vor beschnitten dabei fühle. Ich durfte nicht selbst entscheiden wie es weitergeht. Das hängt mir heute eben immer noch nach.
„Mittlerweile ist ja schon etwas Zeit vergangen, wie hat es sich entwickelt?
Puh... Ja... Wir haben schwierige Wochen hinter uns. Gestritten wurde in der Zeit nicht wirklich (wollten wir auch nicht - allein schon der Kids zuliebe). Aber wir sind uns einige Zeit aus dem Weg gegangen. Ich hatte dazwischen Corona, da haben wir einige Nächte nicht mal im gleichen Zimmer geschlafen. Das hat mir sehr gut getan, weil ich dadurch wieder ein Stück weit zu mir finden konnte. Das war in den letzten Jahren oft anders (gehört aber nicht wirklich hierher und will ich auch nicht sehr viel näher ausführen).
Dass die Beziehung dazwischen auf der Kippe stand, hat im Grunde auch nichts oder nur wenig mit der Sache mit dem Mann zu tun, sondern eben mit unserer zwischenmenschlichen Beziehung. Ganz aktuell haben wir uns bewusst für die Beziehung entschieden und möchten nun einige Dinge angehen, die schon länger bissl im Argen sind. Und darüber bin ich froh.
„Für weise Ratschläge bin ich wohl noch nicht wirklich qualifiziert. Du hattest geschrieben, dass Dich vor allem belastet, mit niemandem (vom Forum hier mal abgesehen) über das Thema reden zu können. Wie wäre es denn, wenn Du erst einmal alleine zu einem Paartherapeuten gehst. Wenn Du für Dich selbst dann etwas mehr Klarheit gefunden hast kannst Du Deinen Partner ja immer noch mit hin schleppen. In meinen Augen hast Du schon das Recht, das von ihm zu verlangen. Immerhin war er es, der mit seinem Wunsch das ganze Gefühlschaos bei Dir ausgelöst hat.
Alleine zu einer Beratung zu gehen wäre in unserem Fall rückblickend genau das Falsche gewesen. Ich hatte eh sehr lange damit zu kämpfen, dass ich mich selbst als "falsch" betrachtet habe, weil ich auch nach dem Kuss noch den starken Drang danach hatte, meine Sexualität außerhalb der Beziehung auszuleben. Wenn ich alleine zur Beratung gegangen wäre, hätte das vermutlich genau dieses Gefühl weiter befeuert. War auch neulich erst Thema bei uns. Also dass ich eben ständig das Gefühl habe, falsch zu ticken, weil ich damit nicht so schnell abschließen konnte wie mein Mann.
Mittlerweile steht fest, dass, wenn wir uns Hilfe von außen holen, dann gemeinsam. Wann und ob das dann wirklich sein wird, wird man sehen. Wir wissen jetzt zumindest beide, dass wir unsere Beziehung nicht einfach nur laufen lassen können, sondern dass wir aktiv daran arbeiten müssen. Und da wir das beide möchten, bin ich optimistisch.
Ich hab mich dazwischen allerdings einer sehr guten Freundin anvertraut. Und das hat mir extrem geholfen. Wir haben einige Stunden darüber geredet (bei gutem Essen und leckerem Eistee), haben viel gelacht dabei, haben aber eben auch festgestellt, dass ich viel zu wenig auf mich selbst geachtet habe in den letzten Jahren. Seither weiß ich, dass ich Entscheidungen selbst treffen muss und auch möchte, um bei mir selbst zu bleiben. Bisher war ich oft fremdgesteuert. Und da gehören eben immer 2 Menschen dazu. Einer, der entscheidet und einer, der es hinnimmt. Und das ist im Grunde eines der Haupt"probleme" in unserer Beziehung.
Ich bin der festen Überzeugung, dass alles im Leben seinen Grund hat. Und so bin ich auch hierbei überzeugt davon, dass wir diesen Grund irgendwann kennen werden. Zum Teil ist mir jetzt ja schon klar, warum es so kommen musste wie es kam.
Leicht war und ist es aber nicht.
Wenn ich die Zeit zurückdrehen könnte, würde ich definitiv anders entscheiden und uns mehr Zeit damit lassen. Nichts überstürzen und tief in sich reinhören, was man selbst wirklich möchte (und was vielleicht lieber nicht).
So, nun ist mein Beitrag doch etwas länger geworden als geplant. Aber vielleicht hilft es dir/euch ja irgendwie weiter.
LG Endlessly