Also erstmal - Hut ab und vielen Dank für diesen offenen und wirklich berührenden Beitrag. 🙂
Ich sehe ein paar "Schlüsselbegriffe":
„Hinzu kam aber auch schnell der Gedanke seinerseits, dass er sich in seiner Fantasie immer wieder vorstellt, wie ich es mit einem fremden Kerl treibe während er dabei als devoter Part zuschaut (Thema Cuckolding). Mit diesen Gedanken kam er vor etwa einem halben Jahr um die Ecke. Und da musste ich mich auch wieder erstmal reinlesen, damit auseinandersetzen.
und
„Alte Gefühle kamen hoch, beide Exfreundinnen hatten ihn betrogen. Er fühlte sich zurückversetzt in diese Zeit.
Wir waren also einige Tage damit beschäftigt, sein "Trauma" irgendwie zu lösen, ohne dass er mich als diejenige sieht, die ihn betrogen hat. Hat soweit funktioniert.
Wenn das wirklich ein traumatisches Erlebnis für ihn war (und das war es vermutlich wirklich), dann kann das hirnphysiologisch Wechselwirkungen haben. Ein PTBS-Hirn versucht z. B. immer wieder die gleichen Erfahrungen zu erzeugen, die das Trauma ausgelöst hat, um nicht an die Erinnerungen und Gefühle ran zu müssen, die es verarbeiten könnten, weil das einfach zu sehr weh tut. Neurologischer Schutzmechanismus, der aber eigentlich gar nicht so gesund ist.
Sehr, sehr simplifiziertes Beispiel: Batman jagt die ganze Zeit durch finstere Gassen irgendwelche Verbrecher, weil ein traumatisches Erlebnis in einer finsteren Gasse mit Verbrechern stattfand und durch das ständige aktiv halten dieser Erlebnisse, das eigentliche Trauma nie verarbeite wird.
(Einer der Gründe, warum "manche Frauen" "immer wieder den falschen treffen" und dann regelmäßig in gewalttätigen Beziehungen enden...)
Nun gut. Worauf ich hinaus will, ist: Vielleicht ist da irgendwas in ihm ins Rollen gekommen? Warum sollte er sonst die Ehe plötzlich öffnen und sich in eine (für ihn empfunden) "unterlegene" Rolle begeben? Warum
will er leiden? Das wäre so eine Frage, die für sich beantworten müsste.
„So hab ich für mich im Kopf quasi den Anspruch gestellt, dass es mir selbst überlassen sein müsste, wie ich mit meinen sexuellen Wünschen umgehe.
Jein. Ich kann dem nur zum Teil zustimmen. Weil: Du kannst alles machen, aber alles hat Konsequenzen.
Die Frage, die du dir also stellen musst, ist: Welches Maß an Erfüllung deiner eigenen sexuellen Wünsche würde deinem Mann womöglich mehr Leid zufügen, als du tolerieren kannst?
Wenn du dir diese Frage damit beantwortest, dass du
wirklich Sex mit einem anderen Mann haben
willst, dass das also völlig unzweifelhaft feststeht - dann hilft es vielleicht sich da ganz, ganz langsam ranzutasten. Also nicht sofort mit der Tür ins Haus fallen, sondern den Mann, den du dir da ausguckst, vielleicht einfach erstmal öfter gemeinsam treffen, damit die beiden sich aneinander gewöhnen können? Und vielleicht auch sehr deutlich und sehr klar machen, dass das keine Gefahr für eure Ehe als solche ist.
Bei meiner +Freundschaft ist das ungefähr so. Ich kenne ihren Mann und er findet mich auch soweit so cool. Ich habe sehr deutlich gemacht, dass - egal wie eng wir da jetzt befreundet sind und wie geil der Sex so ist - ich überhaupt kein Interesse an einer "Beziehung" habe. Also: Er wird nicht verlassen, ich stelle keine Gefahr dar und ich habe genauso klar gemacht, dass ich sofort raus bin, sobald er in irgendeiner Weise anmeldet, dass er unter der Situation irgendwie leidet. Es liegt mir völlig fern, irgendein Leid zu verursachen. 🙂
Ich würde es aber auch niemals zu einem Dreier kommen lassen (oder zu irgendeiner Form des Cuckolding), denn meinem Vernehmen nach ist der Sex den wir zu zweit haben auf einem völlig anderen und extrem viel intensiverem Level als das, was er so kennen dürfte. Darunter würde er dann vermutlich doch leiden - und das will ich schlicht nicht.
Der langen Rede kurzer Sinn: Mach was du willst - aber sei dir sicher darüber
was du willst.
Und was immer du machen willst: Sei achtsam im Umgang mit den Gefühlen deines Mannes, denn selbst wenn der aus irgendeinem Grund (seelischen) Schmerz empfinden will, wenn er weiß, dass du gerade von einem anderen durch die Kissen geworfen wirst, kann's sein, dass das auf irgendeine Art und Weise 'ne Nummer zu viel ist.