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"Behinderung" noch zeitgemäß?

*******_82 Mann
1.172 Beiträge
Themenersteller 
"Behinderung" noch zeitgemäß?
Um Missverständnisse zu vermeiden, möchte ich zuerst betonen, dass die deutsche Schriftsprache nicht meine Erst- bzw. Muttersprache ist. Daher kann es vorkommen, dass hier einige Rechtsschreibfehler zu finden sind oder Formulierungen nicht so entsprechen, wie man es gewohnt ist.
Ich bin mir auch nicht sicher, ob dieser Beitrag hier in Joyclub passt, aber egal: Ein Versuch ist es wert.

Ich selber bin taub und besitze einen "Behindertenausweis". Schon seit langem tue ich mich mit dem Begriff "behindert" sehr schwer. Nicht nur ich, sondern auch in meinem Freundes- und Bekanntenkreis, die überwiegend taub (oder eher bekannt gehörlos, aber nicht taubstumm!!!) oder schwerhörig sind. Schließlich sind wir nicht behindert, sondern werden behindert. Das hat natürlich historische-gesellschaft-politische Gründe.

Ich bin mir nicht sicher, ob man hier einen Link reinstellen darf, daher versuche ich es zu beschreiben. Vor einigen Jahren gab ein Bericht, dass man auf dem SB-Ausweis mit "schwerinordnung"-Ausweis draufgeklebt wurde. Das finde ich sehr begrüßenswert. doch ich habe mir schon länger darüber Gedanken gemacht und es zeigt auch, dass andere Menschen, die nicht taub sind, auch mit dem Begriff "Behinderung" schwer tun.

Wenn ihr hier jemanden kennenlernt oder treffen wollt, wie fühlt ihr euch, wenn ihr schreibt: "Ich bin behindert.". Unabhängig davon, ob es im Profil oder erst im Chat bzw. Forum erwähnt wird. Ehrlich gesagt, für den Außenstehenden ist es ja ein "Schock". Der Schock ist meistens mit Unwissenheit verbunden, da man nicht weiß wie man damit umgehen sollte. Anderseits kann es auch ein Lustkiller sein. Entweder wird der Kontakt abgebrochen oder man schweift vom Thema ab. Klar, es gibt bestimmt Menschen, die mit der Situation besser bzw. vorbildicher umgehen können.

Ich selber schreibe nie, dass ich behindert bin. Wenn dann bin ich eher in einer sprachkulturelle Minderheit zugehörig. Ja, ich bin taub, und finde die Frage ist berechtet: Was ist daran "behindert"? Ich kann ja alles wie ein "nicht behinderter" Mensch.
Es ist eher eine "besondere Eigenschaft". Durch das Taub-Sein habe ich und alle anderen Menschen mit deren besonderen Eigenschaften eine etwas "andere" Wahrnehmung in dieser Welt. Taube Menschen sind visuell eher ausgeprägter als der Durchschnitt, sowie spüre die Vibrationen eher als Nicht-Taube Menschen. (Naja, ich glaube Blinde Menschen sind in Sachen vom fühlen und Vibrationen eher ausgeprägter.) Daher finde ich ich das Wort mit "besonderer Eigenschaft" eher.

Stellt man die Kommunikation folgendes vor:
Du: "Ich habe eine besondere Eigenschaft."
Die andere Person wird bestimmt neugierig: "Oh cool, was denn?"
So steht man dazu und man äußert positiv über sich und es killt die Lust nich so schnell, denke ich.
Vielleicht liegt es daran, dass ich taub bin und eher eine andere Sichtweise habe als wenn man durch einen Unfall psychisch oder physisch eingeschränkt ist, oder?
"Behinderung" finde ich irgendwie negativ und stigmatisierend.

Ich glaube man sollte differenzieren zwischen den Menschen die von Geburt aus an eine "Behinderungen" haben oder die erst im Verlaufe des Lebens durch irgendwas "behindert" worden sind.
Ich habe mich entschieden in meinem Profil gleich zu betonen, dass ich taub bin und die deutsche Sprache nicht meine bevorzugte Sprache ist, sondern die DGS. So können die Frauen, die ich gerne kennenlernen und/oder flachlegen möchte, selbst entscheiden ob sie bereit sind mit mir daten und evtl paar versaute DGS-Vokabeln lernen wollen. ^^

Auf den anderen Plattformen habe ich Erfahrungen gemacht, die mehr positiv sind als negativ, denn somit erspare ich auch die Zeit. Ist ja immer doof, wenn man kurz vor'm Ziel einen Abfuhr bekommt, nur weil man "anders" ist. Aber wenn man mich am Ende doof findet, dann ist es ok, damit kann ich leben. (Nur ich hoffe man sagt mir die Wahrheit: "Du ich kann es nicht, und fühle mich unwohl mit dem Wissen, dass du taub bist. Tut mir leid, und leb wohl." Damit kann ich wirklich leben und würde auch nicht betteln, um am Ende irgendwie einen beschissenen (Mitleid-)Sex erzwungen zu bekommen.)

Mein Wissen über andere besondere Eigenschaften ist zugegebenermaßen etwas beschränkt. Daher würde es mich interessieren, welche Erfahrungen ihr gemacht habt.

Ich bin mir sicher, dass ich hier nicht weiter gedacht habe, daher würde es mich interessieren welche Gedanken in Bezug auf "Behinderungen" gemacht wurde.

Zuletzt möchte ich betonen, dass ich niemanden zu Nahe gehen wollte, und wenn mein Text dies tun sollte, bitte ich um Entschuldigung und wäre dankbar dafür, wenn man mir sachlich erklären kann. Man kann immer den Horizont erweitern und neues lernen.

Schließlich gibt es sehr viel Aufklärungsbedarf zu diesem Thema, oder?
*********rsloh Paar
299 Beiträge
Meine Frau und ich haben beide einen Schwerbehindertenausweis und wir nennen es so, wie es ist. Wir sind in einigen Dingen "be-hindert". Heute ist es woke, zu sagen , man sei nicht behindert sondern "besonders".
Man hat kein be-hindertes Kind sondern ein besonderes. Im Gegenzug : Sind nicht alle Kinder was besonderes? Bin ich was besonderes, weil mir Treppensteigen schwerfällt? Ist meine Frau was besonderes, weil sie keinen Schaltwagen fahren darf?
Nur weil man den Namen ändert, ändert sich nichts an der Tatsache.
*****ter Frau
3.579 Beiträge
Ich arbeite als Alltagshelferin.
Mein Schwerpunkt, Menschen mit psychische Erkrankungen und Behinderte.
Keiner meiner Menschen die mit einer psychischen oder körperlichen Behinderung leben, würde es anders nennen.
Egal ob es der blinde Mann ist, die Rollstuhlfahrer oder mein Autist...
Das Kind mein Namen nennen ist nicht immer einfach.
Mein Partner hat aufgrund psychisch Erkrankungen eine 50% Behinderung. Und weiter?
Ich liebe ihn doch trotzdem. Und nur weil es jetzt auch ganz offiziell anerkannt ist, liebe ich ihn nicht weniger.
Meine Kinder sind beide mit ADHS und ADS geschlagen... Ich liebe sie unendlich und meine Kinder sind deswegen was besonderes, weil es MEINE Kinder sind. Nicht weil sie anders als andre Kinder sind.
*******Punk Frau
5.690 Beiträge
Ich habe eine psychische Behinderung durch ausschließlich emotionale Gewalt im Elternhaus und durch Menschen, die in helfenden Berufen arbeiten. Spätestens 1992 hätte dies aufgedeckt werden können, aber die Polizei hat sich mit meiner Mutter solidarisiert und ich stand wegen angeblicher Körperverletzung vor Gericht und wurde in eine therapeutische Wohngruppe zwangsuntergebracht.

Meine Sympome deuten auf Weiße Folter und Nahtoderfahrung hin.

Bin von der Maskenpflicht befreit und lebe seit 1 1/2 Jahren in der Zwangsisolation.

Ich werde an meiner Arbeit mit dem Thema "Emotionale Gewalt" an die Öffentlichkeit zu gehen, massiv behindert.
*******uld Mann
2.174 Beiträge
Mit den immer wieder mal vorkommenden Versuchen, etwas einen anderen Namen zu geben, weil man damit wohl das Verhalten ändern will, erreicht man meiner Meinung nach recht wenig.

Wer eine Einschätzung, eine Einstellung zu etwas hat, ändert diese wohl nur sehr selten, weil es einen anderen Namen hat. Diejenigen, die man damit erreichen kann, hatte man meiner Meinung nach schon vorher grundsätzlich auf seiner Seite. Aber für alle erschwert man die Kommunikation.
Der Inhalt steht dann nicht mehr in der Zeile, sondern nun "dazwischen". Ist nun also indirekt.

Was aber eine Folge davon sein kann, alles Umzubenennen, was gerne abgewertet wird:
Man vergrault die Wohlmeinenden damit, weil die Zahl der "Fettnäpfe"(usw.) immer mehr zunimmt, ohne das sonst wirklich etwas erreicht wurde. Wenn die Kommunikation so erschwert wird, weicht man entsprechend schneller aus - oder ignoriert die Sprachregelungen.

Notwendig ist meiner Meinung nach dagegen, an die eigentlichen Probleme heranzugehen:
Die Abwertungen, die Vorbehalte, der damit ggf. verbundene Egoismus, die damit verbundenen Denkweisen, ...

Dass es genügend Menschen gibt, die mit abwertenden Bezeichnungen leben müssen, ist leider Realität, nicht hinnehmbar - aber als Belastung nachfühlbar.
Mit einer Umbenennung ist die Lösung dieses Problem allerdings meiner Meinung nach nicht zu erreichen.
****ely Frau
1.722 Beiträge
Ich persönlich halte nicht viel Wenn man sich zu viel mit solchen Begrifflichkeiten aufhält. Es ändert leider nichts für die Person die von Einschränkungen betroffen sind. Ich habe einen querschnittsgelähmten Freund dem es vollkommen wurscht ist, ob er als behindert oder gehandycapt bezeichnet wird. Wichtiger wäre es doch sich gegen die tatsächlichen Barieren im Alltag einzusetzen. Davon gibt es ja leider sehr viele, aber das fällt mir auch erst auf seit ich meinen Freund kenne.

Deine Herangehensweise @******_hh deine besonderen Eigenschaften hervorzuheben finde ganz toll und bemerkenswert 😊👍
****ely Frau
1.722 Beiträge
Zitat von *******uld:


Was aber eine Folge davon sein kann, alles Umzubenennen, was gerne abgewertet wird:
Man vergrault die Wohlmeinenden damit, weil die Zahl der "Fettnäpfe"(usw.) immer mehr zunimmt, ohne das sonst wirklich etwas erreicht wurde. Wenn die Kommunikation so erschwert wird, weicht man entsprechend schneller aus - oder ignoriert die Sprachregelungen.


Stimmt.
Oft sind ja schon Hemmschwellen da, jemand mit "Behinderung"anzusprechen bzw. Hilfe anzubieten, weil man nicht weiß ob diese überhaupt erwünscht ist."
*******8084 Paar
7 Beiträge
Ich habe auch schon mit Menschen mit einer Behinderung zusammengearbeitet.
Dennoch finde ich den Begriff Behinderung an sich eher unschön.
Für mich haben diese Menschen und auch du lieber Threadersteller einfach ein Handycap.
Das kann natürlich unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Aber das kann man ja miteinander kommunizieren.

Alles Gute für dich.
********eams Frau
2.972 Beiträge
In meinen Augen ist "Behinderung" sehr zeitgemäß, einfach auch weil sehr konkret und treffend wertneutral beschreibend.

Was bedeutet denn Behinderung anderes als "es gibt (mindestens) ein Hindernis in der regulären Funktions-/Ablaufweise"?

Für mich ist eine Behinderung genauso ein Persönlichkeitsmerkmal wie Körpergröße, Haar-oder Augenfarbe, Länge der Füße.
*****ter Frau
3.579 Beiträge
Zitat von ********eams:
Was bedeutet denn Behinderung anderes als "es gibt (mindestens) ein Hindernis in der regulären Funktions-/Ablaufweise"?

Seh ich auch so. Etwas hindert einen Menschen daran, Dinge so zu machen, wie Menschen ohne dieses Hindernis.
Daran ist nichts schlimmes oder abwertendes.
Das wird es meiner Meinung nach erst, wenn man diesen Menschen darauf reduziert
*******_man Mann
5.372 Beiträge
Ich kenne eine Frau, die - als ich sie kennenlernte - einen etwas anderen Gang hatte. Damals war sie in den 50ern. Erst Jahre später kam durch meinen Hinweis, das zu hinterfragen heraus, dass es sich um einen seltenen Gen-Defekt handelt.

Sie muss jeden Schritt aktiv denken und darauf achten, den Fuß ausreichend hoch zu nehmen. Etwas, was bei normalen Leuten vollautomatisch abläuft.

Ihre Mutter hatte es auch, aber geringer. Es war entweder nicht diagnostiziert oder den Kindern nicht mitgeteilt. Ihre Schwester hat scheinbar nichts, ihre Töchter wohl auch (noch) nichts, aber der Sohn, etwas über 30 Jahre alt, hat eine schnelle und ungünstige Entwicklung hinter sich. Er konnte mit 25 Jahren normal gehen, braucht aktuell zwei Gehhilfen und hat einen Rollstuhl bestellt.

Ich habe beiden geraten, den Schwerbehindertenausweis zu beantragen. Da man nicht behindert sein will, ist das Beantragen wie ein Selbsteingeständnis. Erst muss die Einsicht da sein, dann wird es akzeptiert.

Ich finde das Wort "Behinderter" nicht schlimm. Es ist, wie es ist. Dinge zu verschleiern, bringt niemandem etwas.

Da ein "besonderer" Gang für die hier üblichen Treffen völlig unerheblich sind, steht es nicht im Profil und wird den Kandidaten beim ersten Treffen erklärt. Klar, wer tanzen oder lange Wanderungen unternehmen will, ist bei ihr falsch. Für lustvollen Sex und freundschaftliche Beziehungen gibt es aber kein Hindernis.

Insofern muss man immer individuell schauen, ob den anderen die persönliche Beeinträchtigung überhaupt trifft.

Und ja, oft ist Unkenntnis ein Grund, lieber fernzubleiben. Das ist ein natürlicher Reflex. Dem kann man nur durch absolute aktive (!) Offenheit begegnen, weil so die Angst genommen werden kann. Ich frage einfach, was zu beachten ist, wenn ich auf einen Behinderten im Umfeld treffe. Und, dass ich gerne helfe, aber einen Hinweis benötige, wo das gewünscht ist, da ich ihn nicht bemuttern will.

Psychische Macken würden mich viel mehr abschrecken.
****ine Frau
4.631 Beiträge
Zitat von *******8084:
... Dennoch finde ich den Begriff Behinderung an sich eher unschön.
Für mich haben diese Menschen und auch du lieber Threadersteller einfach ein Handycap. ...

Handicap klingt also schöner? Dumm nur, dass das auch nix anderes heißt als Behinderung. *zwinker*

Ich kann mich nur denen anschließen, die der Meinung sind, dass der Begriff Behinderung in keinster (!) Weise abwertend ist. Abwertend ist nur, wenn sich jemand in irgendeiner Weise herablassend gegenüber Behinderten verhält. Und das Verhalten kann man nicht ändern durch "schönere" Umschreibungen. Ist wie beim Gendern.
*********rsloh Paar
299 Beiträge
Zitat von ****ine:
Zitat von *******8084:
... Dennoch finde ich den Begriff Behinderung an sich eher unschön.
Für mich haben diese Menschen und auch du lieber Threadersteller einfach ein Handycap. ...

Handicap klingt also schöner? Dumm nur, dass das auch nix anderes heißt als Behinderung. *zwinker*

Ich kann mich nur denen anschließen, die der Meinung sind, dass der Begriff Behinderung in keinster (!) Weise abwertend ist. Abwertend ist nur, wenn sich jemand in irgendeiner Weise herablassend gegenüber Behinderten verhält. Und das Verhalten kann man nicht ändern durch "schönere" Umschreibungen. Ist wie beim Gendern.

Handycap hört sich an wie beim Golfen. Wobei, ich spiele kein Golf, ich habe noch Sex ....
*******_man Mann
5.372 Beiträge
Schon interessant, wie unsere Rechtschreibung durch das Mobiltelefon beeinflusst wird.
Das Wort Handicap wurde von vier Personen benutzt und nur von @****ine richtig geschrieben... *lol*

Zum Thema:

"Besondere Fähigkeiten" lassen mich einen Superhelden vermuten. Gerade, wo diese Filme heute inflationär gedreht werden, dürfte bei manchen die Enttäuschung umso größer sein, wenn man feststellt, dass dieser Mensch eingeschränkte Fähigkeiten hat.

"Besondere Bedürfnisse" finde ich auch nicht unbedingt besser.

Warum muss man alles neu definieren, wofür die Sprache vor Jahrzehnten einen Begriff gefunden hat?
*********rsloh Paar
299 Beiträge
@*******_man
Ich gebe Dir Recht. Die Änderung der Sprache wird von einem ganz kleinen Teil der Gesellschaft vorangetrieben, die ansonsten ihre Daseinsberechtigung verlieren würde.
Früher: verhaltensauffälliges Kind .......heute .....verhaltensoriginelles Kind.....
Wenn mir demnächst ein verhaltensauffälliges Kind vor das Schienbein tritt, dann werde ich denken : Wie originell !
*******eben Mann
534 Beiträge
Das Problem bei neuen Begriffen ist, dass diese neue Begriffe schnell die gleiche abwertende Bedeutung bekommen können wie die alten. Ich denke da, wie in bestimmten Kreisen der Begriff "Mitbürger" oder "Kulturbereicherer" ähnlich abwertend gebraucht wird wie "Ausländer" etc.

Es geht wirklich um die Geisteshaltung, mit der man diese Begriffe verwendet. Zumal auch noch die Gefahr besteht, dass einige meinen, wenn sie die neuen korrekten Begriffe verwenden, sie schon die Diskriminierung überwunden haben, die mit alten alten oft verbunden sind. Auch das konnte ich aber oft schon beobachten: Die Leute denken, wenn sie die begrifflich korrekt sind, haben sie auch bereits die Diskriminierung und Abwertung überwunden. Sehr häufig ist das aber nicht der Fall. Sie haben nur sozial demonstriert, dass sie diese angeblich überwunden haben. Und auf diese soziale Demonstration bei sich und anderen zu achten ist für viele leider wichtiger als die unsichtbare Haltung, die sie in Wirklichkeit haben.

Ich selber mag den Begriff "behindert" auch nicht. Aber alle Alternativen scheinen mir "gewollt" und "künstlich". Ich bin z.B. Stotterer. Natürlich kann ich sagen, ich habe eine "besondere Form des Redens". Stimmt ja auch. Aber ob man mir diese Formulierung wirklich als authentisch - aus meinem tiefsten Herzen kommend - abnehmen wird? Für mich drückt sich dahinter doch eine versteckte Scham über das Stottern aus. Aber - wie gesagt -: Auch da kommt es darauf an, mit welcher Haltung ich diese Formulierung verwende. Nur sind viele Leute, die ich kannte und solche Formulierungen verwendeten, häufig "Kampfstotterer", die sich dann übermäßig mit dieser Behinderung identifiziert haben, statt eine "heitere" Gelassenheit und Akzeptanz auszustrahlen.
*******099 Frau
186 Beiträge
Ich finde die Diskussion über behindert oder nicht absolut überflüssig - an und für sich
ist doch jeder Mensch irgendwie und in irgendwas behindert: entweder in seiner Wahrnehmung
gegenüber den Gefühlen Anderer, in der Achtung von Gesetzen, in der Achtsamkeit sich selbst gegenüber u.s.w.
Ich bin übrigens auch "behindert", sehe es aber eher als Einschränkung, welche ich als Herausforderung annehme.
*******su80 Frau
540 Beiträge
Als Mutter eines Autisten, für den WIR alle seltsam sind, die Nicht- Autisten, kann ich nur sagen: Ja er ist behindert.

Behindert im sozialen Miteinander, Kontaktaufnahme, Gestik und Mimik erfassen, soziale Interaktion aufzubauen und das ist absolut nicht abwertend gemeint. Wir reden von meinem Kind, selbiges zu beleidigen würde mir nie in den Kopf kommen.

Aber ja er ist be- hindert in einer Gesellschaft in der die Mehrheit, also die Nicht- Autisten, die Richtung vorgeben- so ist das nunmal!

Das ist keine Frage von Schuld, egal auf welche Seite bezogen!

Dumm ist nur wer den Begriff "Behinderung" als Beleidigung benutzt oder als solche ansieht.
*******uld Mann
2.174 Beiträge
Zitat von *******eben:
Das Problem bei neuen Begriffen ist, dass diese neue Begriffe schnell die gleiche abwertende Bedeutung bekommen können wie die alten. Ich denke da, wie in bestimmten Kreisen der Begriff "Mitbürger" oder "Kulturbereicherer" ähnlich abwertend gebraucht wird wie "Ausländer" etc.
...
Das sehe ich auch als durchaus denkbar an.
Im Extremfall erschafft man dann Zungenbrecher, wie beim Gendern.
Zitat von *******eben:

...
Es geht wirklich um die Geisteshaltung, mit der man diese Begriffe verwendet. Zumal auch noch die Gefahr besteht, dass einige meinen, wenn sie die neuen korrekten Begriffe verwenden, sie schon die Diskriminierung überwunden haben, die mit alten alten oft verbunden sind. Auch das konnte ich aber oft schon beobachten: Die Leute denken, wenn sie die begrifflich korrekt sind, haben sie auch bereits die Diskriminierung und Abwertung überwunden.
Sehr häufig ist das aber nicht der Fall. Sie haben nur sozial demonstriert, dass sie diese angeblich überwunden haben. Und auf diese soziale Demonstration bei sich und anderen zu achten ist für viele leider wichtiger als die unsichtbare Haltung, die sie in Wirklichkeit haben.
...
Hier stimme ich ebenfalls zu - und ich sehe hier auch eine Parallele zum Gendern.
Und für mich ist es auch eine Antwort auf die Frage:
Zitat von *******_man:
...
Warum muss man alles neu definieren, wofür die Sprache vor Jahrzehnten einen Begriff gefunden hat?
Weil man sich eben mit einer Scheinlösung zufrieden gibt:
Etwas wird offiziell benannt bzw. umgedeutet - nur - gelöst wird es weiterhin nicht.
*******r_s Mann
856 Beiträge
Hallo , ich würde es Beinträchtigung nennen.
Der Begriff " behindert" ist vor allem bei Jugendlichen sehr verbreitet als Schimpfwort, leider..
****dat Frau
3.741 Beiträge
Taubheit ist - für mich als Hörende - schon eine Ausnahmeerscheinung unter den Behinderungen. Denn bewegt sich ein tauber Mensch in seiner Bubble ist die Behinderung tatsächlich keine und der Begriff hinfällig.
Die Gemeinschaft der tauben Menschen ist sowieso mit keiner anderen Gruppierung zu vergleichen, die ich während meiner Zeit in der Behindertenarbeit kennenlernte. Da hat sich eine eigene Sprache und daraus eine eigene Kultur gebildet - meist unbemerkt und kaum wahrgenommen von der Gruppe der Hörenden. Ich finde das unglaublich spannend und kann auch gut verstehen, dass man sich als tauber Mensch nicht behindert fühlt. Es ja eigentlich auch nicht ist, wenn man sich kaum unter Hörenden aufhält.

Als was Besonderes allerdings empfinde ich das aber nun nicht. Du hast keine magischen Fähigkeiten, weil du Vibrationen besser spürst. Würde sich mir jemand so vorstellen, käme ich mir schon veräppelt vor. Das wäre, als würde ich stolz sagen: „Ich nehme tatsächlich alles ernst, was du sagst“, weil mein Hang zum Autismus mich Zweideutigkeiten so schlecht verstehen lässt.
Mir ist es lieber, jemand redet (oder schreibt oder zeigt) Tacheles: „Ich höre nicht.“ „Fein, ich denke schräg. Wir sollten uns treffen.“
@******_hh , wann hast Du begonnen lesen und schreiben zu lernen? Warum definierst Du Gebärden als Deine Muttesprache, Schrift jedoch nicht? Die Muttersprache ist deutsch und das beherrscht Du offenbar genauso wie Menschen, die hören und ebenfalls nicht mit Lese- und Schreibfähigkeit geboren wurden, sondern diese auch erst erlernen mußten. Genauso wie grammatikalische Regeln. Sprache is doch im Begriff Muttersprache nicht auf hören und sprechen begrenzt.
Warum ist Dir so wichtig einen Unterschied zu taubstumm zu machen? Sind Taubstumme für Dich behindert, Du aber nicht? Können die nicht genauso kommunizieren? Geht es Dir um die nicht vorhandene Fähigkeit zu sprechen oder nur um den Begriff taubstumm?

Würde mir jemand sagen, er gehöre einer sprachkulturellen Minderheit an, würde ich an sorbisch, rätoromanisch oder irgendeinen friesischen Inseldialekt denken. Das hat etwas mit Kultur zu tun, man mag damit aufgewachsen sein, aber man kann es pflegen oder ablegen, wenn man will. Das geht mit einer körperlichen Behinderung nicht.
Du kannst alles mögliche genauso tun, wie viele andere, hören jedoch nicht. Behindert bist Du im wörtlichen Sinne, etwas hindert Dich. Nicht mehr und nicht weniger. Wenn ich Dir zb auf der Straße hinterherrufe, hindert Dich Dein nicht vorhandenes Hörvermögen daran, darauf zu reagieren.
Jemand ohne Beine wird durch seinen Körper daran gehindert, zu gehen.
Behindert ist erstmal ein objektiver Begriff.

Stellt sich mir jemand mit "ich habe eine besondere Eigenschaft" vor, denke ich an eine Macke, einen Spleen, eine persönliche Eigenheit. Käme dann "ich bin taub" fühlte ich mich eher verarscht, denn eine besondere Eigenschaft wäre wieder etwas, was man so tut, weil es einem gefällt und was man ( wenn es nicht psychisch bedingt, also ein Zwang ist ) auch einfach lassen kann.
Warum willst Du schreiben, ich bin behindert. Sag doch einfach, ich kann nicht hören, sondern benutze Gebärdensprache oder schreibe. Online schreibt man doch eh erstmal. Oftmals ist es nicht die Behinderung, die abschreckt, sondern das Theater, das die andere Person darum macht. Die Erwartung deswegen abgelehnt zu werden, schwingt dann deutlich mit. Und teils auch eine allgemeine Frustration, wo dann gedacht wird, die Ablehung käme wegen der Behinderung. Vielleicht steht Dein Gegenüber einfach nur auf größere Männer als Du oder hat eh keine Lust auf n date oder schlechte Laune. Beziehe Ablehnung nicht automatisch auf das nicht-hören.

Warum machst Du einen Unterschied, ob jemand behindert geboren wurde oder durch einen Unfall dazu kam?

Solang es Dir nur darum geht, "Frauen flachzulegen" könnte es generell schwierig werden *zwinker* , denn Frauen möchten auch als Person im Ganzen wahrgenommen werden und nicht als Stück zur Triebbefriedigung. Es gibt natürlich Frauen, die ebenfalls nur ihren Trieben nachgehen wollen und denen die Persönlichkeit des Gegenübers wurscht ist, die werden sich aber grade einen Mann aussuchen, mit dem sie es möglichst leicht haben und der zb reagiert, wenn sie mach schneller , da nicht, da mehr, was auch immer zu ihm sagen. Es ist leichter sich schnell aufeinander einzupendeln, wenn man sprechen kann und nicht erst auf Abstand gehen und gebärden oder das handy zücken und schreiben muß...
@*******r_s wenn sich Erwachsene Jugendsprache als Maßstab nehmen, dann haben die ein anderes Problem, als einzelne Begrifflichkeiten.
Und wenn jeder Gefahr läuft, als behindert bezeichnet zu werden, dann ist doch alles gut, dann sind ja alle gleich und keiner muß sich beleidigt fühlen. Dann ist eben der eine behindert, weil er dick ist und am Ende der Treppe schnauft, der nächste weil er nicht hört und wieder der nächste, weil er n Gehfehler hat. Keiner hat deswegen nen schlechten Charakter und Auffälligkeiten eignen sich leider gut, um andere zu ärgern.
*********inee
3.588 Beiträge
Aus dem auseinandersetzen mit den Begriffen präferiere ich die Variante "Mensch mit Behinderung" und "der*die Betroffene".
Viel wichtiger finde ich aber, dass ich den Begriff verwende, mit welchem sich mein Gegenüber am wohlsten fühlt und nicht dass ich als Nicht-Betroffene meines Erachtens nach den perfekten Begriff verwende. Und wenn das "besondere Fähigkeiten" ist verwende ich das.

Und ja, "behindert sein" wird oft leider noch immer sehr stigmatisierend verwendet und da braucht es noch sehr viel Aufklärung und Veränderung!
*******_man Mann
5.372 Beiträge
Die "Aktion Sorgenkind" wurde auch irgendwann zur "Aktion Mensch", wenngleich sie ihre Zielgruppe behalten hat. Und ich bin sicher, dass die Eltern der Zielgruppe sich mehr Sorgen um ihre Kinder gemacht haben als andere Eltern um ihre.
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