Der Zeitpunkt des Treffens rückte näher.
Ich begann mir Sorgen zu machen. Ich machte mir über viele Dinge Sorgen, - aber eins nach dem anderen.
Zunächst machte ich mir über so etwas Einfaches wie das eigene Outfit Sorgen.
Was zieht man in einem Swingerclub eigentlich an?
Was zieht man - als Mann - in einem Swingerclub eigentlich an?
Als Frau hat man es da ja wohl eher einfach. Man zieht einfach möglichst wenig an.
Aufmerksam studierte ich daher die Kleidungsvorschriften des avisierten Clubs und auch Vorschriften von ähnlichen Clubs.
Man möchte sich ja schließlich nicht blamieren.
Auch einige passende threads im JC las ich.
"Dresscode" ist da wohl der entsprechende Begriff, nun ja, ich bin ja lernfähig.
Was gab es da nicht alles zu lesen:
"Stilvoll sollte die Ausstattung jedoch sein, etwa mit schicken Dessous für die Dame, ruhig auch etwas durchsichtig. Ein Catsuit, eine Corsage oder ein sexy Minikleid sind immer gerne gesehen. Männer sollten schicke Retroshorts tragen, Tangas und Comicshorts sollten jedoch zu Hause bleiben. Ein enges dunkles Shirt oder ein Netzhemd passt perfekt dazu."
Tjo, - Netzhemd? Sowas hab ich nicht. Ist auch eher ausgeschlossen, dass mich das kleidet. Ich habe ein Wohlstandsbäuchlein, der Sixpack von einst liegt verkleidet in der Tiefe der Körpermittelregion.
Und was - um Himmels willen - ist eigentlich ein Comicshort?? Ich habe kein Comicshort. Ich weiß nichtmal, was ein Comicshort sein soll. Den Begriff gibt es ja nicht mal bei Wikipedia. Und ich dachte, in dieser Universal-Enzyklopädie stünde nun wirklich alles drin.
Insgesamt klang es aber eher nach "luftiger Bekleidung" und weniger nach eleganter Abendgarderobe.
Es soll ja edle Swingerveranstaltungen geben, Schloss-Events oder so, bei der Abendgarderobe bis zu einer gewissen Uhrzeit vorgeschrieben ist. Abendgarderobe bedeutet das kleine Schwarze für die Dame und zumindest ein Sakko für den Herrn. Erst im "Upper floor" wird dann wohl abgelegt, denke ich mir mal so. Auch die Schuhe sollten entsprechend ausgewählt werden. Turnschuhe gehören jedenfalls nicht zur feinen Garderobe.
Na ja, so edel war mein ausgesuchter "Laden" wohl zum Glück denn doch nicht, von Abendgarderobe war da jedenfalls nicht die Rede.
Die Auswahl der Schuhe für Männer ist aber dennoch nicht trivial.
Ein Club gibt die Empfehlung:
"Für die Frau: High Heels oder Stiefel sind sehr sexy. Sie sind jedoch nicht besonders rutschfest und daher für die Nassbereiche eher ungeeignet. Aber Vorsicht: Barfußlaufen sollten Sie wegen der Fußpilzgefahr auch unterlassen. Besser tragen Sie ein Paar Sandalen.
Für den Herrn gilt: Keine Turnschuhe, besser Kungfu-Sandalen oder Ähnliches. Für beide Geschlechter gilt: Bunte Badelatschen sind tabu."
Kungfu-Sandalen? Hä? Was sind Kungfu-Sandalen? Also, mit chinesischen Kampfkünsten kenne ich mich gar nicht aus, erst recht nicht mit der dafür erforderlichen Fußbekleidung. Ich empfinde Erotik als etwas Friedliches, fast Pazifistisches, daher nein, keine Kungfu-Sandalen.
Schicke Retroshorts sind hingegen kein Problem, ich trage eigentlich nur schicke Retroshorts Und natürlich steht da nicht "Calvin Klein" auf dem Gummiband. Wäre ja auch zu dämlich, "klein" gleich auf die Unterhose zu schreiben. Bei mir steht da deswegen immerhin "Schiesser" drauf. Das erscheint mir auch deutlich vielversprechender und angemessener zu sein als "klein".
Der Begriff Retroshorts wurde im JC-Forum kritisch beurteilt. Es solle zumindest schon "Clubwear" sein und nicht eine Retroshort-Unterbuchse von Karstadt.
Clubwear, schon wieder so ein neuer Begriff. Bekommt man wohl nur in entsprechenden Läden.
Da traf es sich, dass unlängst ein großer Sexshop in der Nähe eröffnet hatte. Ich also hin. Moderner als damals, aber eigentlich nicht so viel anders als früher, in der Vor-Internet-Aera, als man in so einem Geschäft gelegentlich ein Hochglanzheftchen erstand.
Eine Verkäuferin sprach mich an: "Womit kann ich ihnen helfen?". Ich hätte nun sagen können: "Ich brauche Beratung hinsichtlich meines Outfits für einen ersten Swingerclub-Besuch." Stattdessen sagte ich: "Danke, aber ich möchte mich nur mal umgucken".
Nun, Clubwear für Herren schien es dort auch zu geben. Aber eher in der Homo-Abteilung. Nichts gegen Homo, - aber ich wollte mich ja für den Besuch in einem üblichen Swingerclub ausstatten und nicht für eine Gay-Pride-Parade, und verließ daher den Sexshop ratlos und ohne einen Einkauf.
Ich packte eine kleine Reisetasche, um auf alle Eventualitäten vorbereitet zu sein. Zunächst einmal die umfangreich ausgestattete Kulturtasche, wie immer auf Reisen natürlich auch mit Kondomen und Listerine-Mundwasser. Für die Abendgarderobe Anzughose, weißes Hemd, Sakko und die Anzugweste der Silberhochzeit, als Schuhe normale schwarze Lederslipper. Als Unterwäsche normale schicke Retroshorts und schwarzes T-shirt. Außerdem packte ich eine Fliege in den Koffer, die ich über 20 Jahre nicht mehr getragen hatte. Also mit den "American dream boys" konnte ich Outfit-technisch nun mithalten.
Zudem besuchte ich am Abend noch ein Solarium, denn leichte Bräune wirkt ja immer besser als käsig weiße Haut. Und rasierte mir sorgfältig den Schambereich inklusive des Sacks, denn ich kannte ja den Song: "Soll ich mir den Sack rasieren"
und dessen Fazit: "Er sieht jetzt größer aus".
Der 30. April war ein warmer Tag, fast sommerlich.
Mit Herzklopfen, aber im Grunde ja gut präpariert, suchte ich die Bismarckstraße auf, ein Reihenmittelhaus. Ich klingelte bei Kleinschmidt.
Frau Kleinschmidt öffnete die Tür. "Da sind sie ja. Schön, dass sie so pünktlich sind. Wollen Sie noch kurz auf einen Kaffee rein, bevor wir losfahren?"