Ehrlich gesagt hab ich gar kein Interesse an Sex, wenn ich kein Interesse an einem konkreten Gegenüber habe. Gibt es also keinen Menschen in meinem Leben, mit dem ich gerne Sex hätte, fehlt mir Sex auch gar nicht. Und das Ding ist dazu, dass nur sehr wenige Menschen mir überhaupt Lust machen. Heißt, für mich ist das alles sehr okay, weil ich nicht ständig einfach nur "Lust auf Sex" habe, sondern wenn, dann auf Sex mit einem ganz bestimmten Menschen und diese Menschen sind eher rar gesät.
Gibt es aber einen solchen Menschen und bin ich ihm nahe, aber es gibt keinen Sex zwischen uns, betrübt mich das durchaus. Was ich dann allerdings auch nicht kann, ist, mir "einfach wen anders" zur Kompensation zu suchen - denn wie gesagt: Solange kein Mensch mein konkretes sexuelles Interesse weckt, habe ich auch keinen Drang danach, schon gar nicht auf Sex mit "irgendwem, der halbwegs passt". Meine Experimente, mir konkret jemanden für bestimmte sexuelle Intimitäten zu suchen, waren allesamt blöde und uninteressant, so ein Casting ist einfach nicht meins.
Masturbation ist ein großer Bestandteil meiner Sexualität und für mich persönlich tatsächlich ganz und gar nicht nur eine "schlechtere Alternative" oder Notlösung, die ich, vor die Wahl gestellt, immer gegen Sex eintauschen würde. Nope, Masturbation - alleine, für mich - ist mir sehr wichtig und macht mindestens die Hälfte meiner Sexualität aus. Selbst in Beziehungen mit täglichem Sex verzichte ich nicht auf Masturbation und es gibt viele Momente, in denen ich ausschließlich Lust auf Masturbation habe und gar nicht auf Sex mit jemandem.
Alles in allem kann ich also sagen, dass ich allein dadurch, dass 1) Masturbation schon einige meiner rein triebhaften Echsenhirn-Bedürfnisse stillt und 2) meine Lust auf Sex immer konkret an spezielle Menschen gekoppelt ist und mich daher nicht permanent aus dem Nichts heraus ärgert, sexlose Episoden durchaus gut meistern kann. Speziell in Beziehungen kann es natürlich schwierig werden, wenn ich den Partner begehre und ihm sexuell nahe sein möchte, das aber nicht geht. Das macht mich durchaus traurig, aber ein weiterer Punkt ist ja, dass eine Beziehung für mich nicht auf Sex fußt, sondern auf Liebe. Insofern kann ich absolut nicht in den Tenor einstimmen, der sagt "Ohne Sex ist es keine richtige Beziehung", ein solches Mindset ist mir fremd. Ich führe eine Beziehung nicht wegen dem Sex, sondern weil ich mit diesem Menschen mein Leben verbringen will. Der Sex ist ein nicht unwichtiger Bestandteil, aber kein Fundament für mich.
Es kommt stark auf die Umstände an, warum kein Sex stattfindet. Jemandem Geliebten sexuell nahe sein zu wollen, das aber nicht zu können, tut unfassbar weh, aber gibt es für mich nachvollziehbare Gründe, bin ich gewillt, das auszuhalten. Wie lange, kann ich nicht vorhersehen, aber unter Umständen womöglich lebenslang. Allerdings ist die Wahrscheinlichkeit genauso hoch, dass ich nicht lebenslang auf Sex allgemein verzichten werde, wenn ein anderer Mensch mein sexuelles Interesse weckt. Ich bin sexuell nicht monogam (aber auch nicht promisk), also selbst bei einer langfristig absehbar sexlosen Beziehung - die für mich je nach Umständen okay sein kann - werde ich wahrscheinlich Sex mit anderen Menschen haben und finde auch, dass mir das unter diesen Umständen zugestanden werden sollte. Darüber spreche ich offen.
Eine sexlose Beziehung, die ich nicht ertragen, sondern auflösen würde, wäre eine, bei der mit dem Sex auch jegliche andere Zuwendung vertrocknet ist. Passiert leider sehr oft simultan, dass neben dem Sex auch keine anderen Körperlichkeiten mehr stattfinden. Kein Schmusen, kein Streicheln, kein Küssen, kein Umarmen.
Das geht dann für mich nicht mehr.