Ich habe kürzlich dieses Essay zu Polyamorie gelesen, es enthält m.E. spannende Sichten.
https://philosophie-woerterbuch.de/was-ist-polyamorie-und-wie-kann-sie-funktionieren-philosophische-betrachtung/
Vor längerer Zeit schon las ich die 11 Thesen zu Polyamorie von Federica Gregoratto, die in der Gruppe Beziehungs-Anarchie diskutiert wurden und die Vorschläge für, banal ausgedrückt, wertschätzendes Gelingen enthalten. Ich war begeistert davon, weil vieles meinen Vorstellungen von zugewandtem, polyamorem Miteinander entsprach und ich rückblickend lange polyamore Sehnsüchte hatte. Leider weiß ich nicht, ob es zulässig ist, Themen aus Gruppen ins allgemeine Forum zu verlinken. Eine lesbare, kompakte Version dieser 11 Thesen im www habe ich nicht gefunden. Die Googlesuche bringt unter "Federica Gregoratto und Polyamorie" aber einige kleinteiligere Funde.
Doch es gibt kein Manifest, keine Selbstverpflichtung und kein Glaubensbekenntnis. Wertschätzend und achtsam ist Polyamorie nur dann, wenn es die Überzeugung Einzelner ist, so handeln zu wollen. In der Praxis kann Polyamorie auch auf ein paar Tage ausschweifender Erlebnisse heruntergebrochen werden, während der ein eigentlicher Liebespartner nicht zugegen ist und mit einem anderen Menschen eine liebesartige Verbindung entsteht. Wonach das aussieht, mag dahingestellt sein, da ist aber jemand, der für einen Moment polyamor empfindet.
Polyamorie ist aus meiner Sicht ein Bekenntnis zu Liebe, wie Monoamorie auch. Für sie gibt es ebenfalls kein verpflichtendes Regelwerk. Es zählt, wie sehr man die Gedanken und das Wesen von Liebe verinnerlicht hat und überhaupt zu tieferer Verbindung fähig ist. Definitiv ist nicht überall Liebe drin, wo Polyamorie oder Monoamorie draufsteht. Diese Erfahrung wird jeder einmal gemacht haben.
Ich habe mich mittlerweile von polyamoren Überlegungen verabschiedet, meine "Praxisberührungen" reichen aus, um sie in meinem Fall (!) als Utopie zu den Akten zu legen. Es gab nicht weniger Schmerz, eher noch mehr als mit Monoamorie und es gab auch nicht mehr Offenheit, Verbindlichkeit oder Akzeptanz als zuvor in monoamoren Beziehungen, eher sogar noch weniger.
Es gehören immer mehrere dazu, die bereit sind, an Liebe und Verbindung zu bauen. Allein ist das nicht zu machen.