Zitat von *******rock:
„Ich habe auch schon Menschen kennengelernt die mit nichts klarkamen und alles von Sozialamt und irgendwelche Helfern geklärt werden musste und es war eine deutliche Unordnung zu erkennen.
Nun, Armut ist eine Herausforderung und die Umstellung ist schwierig.
Ich war vor über 10 Jahren durch eine Erkrankung auf das Existenzminimum gerutscht.
So wie gehabt ging es da nicht weiter. Nach und nach gingen Dinge im Haushalt kaputt. Doch ich konnte nicht alles wie gewohnt ersetzen, da mir dazu das Geld vorn und hinten fehlte.
Doch einen amtlichen Betreuer brauchte ich nicht.
Dinge zu reparieren ist auch ein Abenteuer für sich.
Manche Dinge waren gut. Die ließen sich leicht & preiswert reparieren.
Bei anderen war rasch klar, dass das Gehäuse so gebaut ist, dass eine Reperatur nicht im Sinne des Herstellers ist.
Doch nicht selten recherchierte ich eine Weile bis ich heraus fand, dass es
a) das notwendige Ersatzteil nicht (mehr) gab oder extrem teuer war oder
b) dazu teures Spezial-Werkzeug notwendig wäre, was jedoch keiner in meinem sozialen Umfeld besaß. So oder so: Aus Kostengründen lohnte sich eine Reperatur nicht.
Viele Misserfolge. Das drückte dann doch auf die Motivation. Mal ganz davon abgesehen, dass ich auch aus gesundheitlichen Gründen häufiger völlig flach lag. Rien ne va plus.
Also eine Weile hatte sich so einiges an Krempel in Schränken, Zimmerecken und vor allem auf dem Speicher angesammelt, bei dem ich die Hoffnung, doch noch eine Reperatur-Möglichkeit zu finden, noch nicht aufgegeben hatte.
Auch beim Einkaufen zahlte ich Lehrgeld: "Billig ist zu teuer! Das kann ich mir nicht leisten!"
Da ich Produkte nicht mehr in der gewohnten Preiskategorie kaufen konnte, griff ich hier und dort zu Billig-Produkten.
a) Billig-Produkte, die zwei/ drei Monate nach Ablauf der zweijährigen Gewährleistung kaputt gingen und nicht mehr zu reparieren waren. Nach gut zwei Jahren stand ich also wieder haargenau vor demselben Problem: 2 Haushaltsgeräte waren zeitnah kaputt gegangen. Und hätte ich so weiter gemacht und abermals solche Billige-Produkte gekauft, hätte ich mich dumm und dämlich gezahlt.
b) Oder aber das Preis-Leistungs-Verhältnis eines Billig-Produktes wäre in Ordnung gewesen, wenn es zwei Jahre gehalten hätte. Es ging aber bereits im ersten Jahr - also weit vor Ablauf der Gewährleistung - kaputt. Doch der Hersteller existierte nicht mehr. Da brachte mir die gesetzliche Gewährleistungspflicht des Herstellers auch nichts.
Besser sind da in der Regel die gebrauchten Dinge, die man aus Haushaltsauflösungen von Verstorbenen bekommt. Es fühlte sich zwar ein wenig nach Leichenfledderei an, da in Wohnungen von Verstorbenen nach was Brauchbarem zu suchen. Und das Charisma der trauernden Angehörigen, die die Sachen verkaufen/ verschenken, gibt so einem Einkauf und/ oder Geschenk eine ganz besondere Note. Doch diese Dinge hielten - nachdem ich sie in Besitz genommen hatte - oftmals weitaus länger als zwei Jahre. Die waren ihren Preis wert.
Nun, mit gezielt heraus gesuchten, gebrauchten Sachen aus Kleinanzeigen "an Selbstabholer zu verkaufen/ zu verschenken" ist das leider so eine Sache.
Wenn man gesund & mobil ist, ist das gar kein Problem.
Wenn du aber erst Menschen & Fahrzeug organisieren musst, die dir die geschenkten Sachen schleppen können, sind die besten Sachen weg, bevor du das organisiert bekommen hast. Da kam es schon mal vor, dass ich mit meinen Leuten zum verabredeten Zeitpunkt vor verschlossener Türe stand und durch die Gegensprechanlage die Aussage kam: "Ist schon weg."
Dasselbe in grün, wenn ich mit ÖPNV angreist war, um ein Kleinteil abzuholen. Das Geld für die Fahrkarten war dann selbstverständlich weg. Und da das zu oft vor kam, lohnten sich solche Kleinanzeigen nicht.
Haushaltsauflösungen von Verstorbenen sind da in der Regel zuverlässiger. Meist werden am Wochenende innerhalb eines bestimmten Zeitraumes allen Interessenten die Türe geöffnet. Und man hat genügend Zeit, ein kräftiges Helferlein mit Auto für einen kleinen Ausflug zu begeistern. Oft fanden meine Begleiter dann auch irgendein nettes Ding für sich selbst.
Diese Erlebnisse, dass so nach und nach immer mehr im Haushalt kaputt ging und es nicht so leicht war, diese mal eben zu ersetzen, führte dann auch dazu, dass ich bei günstigen Gelegenheit zugriff. Vorsorglich. Besser man hat Ersatz als man steht eines Tages ganz ohne dar. Was zum Beispiel dazu führte, dass ich eine Weile 3 Staubsauger besaß. (Sowas hätte ich früher nie gemacht.)
Kurzum: Es war eine enorme Umstellung in Beschaffung, Entsorgung und Lagerhaltung, die urplötzlich aus finanziellen Gründen notwendig wurde. Mein primäres Interesse galt damals jedoch der Wiederherstellung meiner Gesundheit sowie die Stunden, in denen es mir gesundheitlich halbwegs gut ging, mit Familie und Freunden zu verbringen.
Ich halte es für sehr gewagt, pauschal zu behaupten, dass Menschen, denen es gerade völlig am Arsch vorbei geht, dass sich in Zimmerecken und auf dem Speicher mal etwas mehr Krempel ansammelt, nicht ganz klar im Kopf wären.
Zitat von ***it:
„ich habe beim Thema ausmisten tatsächlich oft im Hinterkopf: Was ist wenn ich spontan sterbe und hinterlasse meinen nächsten Angehörigen so ein Chaos?
Gut, in meinem Falle wäre das kein ganz so spontanes Ableben gewesen. Aber mein Ableben stand im Raum. Und da hatte ich eindeutig ganz andere Prioriäten als einen aufgeräumten Haushalt. Und meine Angehörigen sahen das glücklicher Weise genauso.
Letztendlich denke ich, dass es gleichgültig ist, welcher Schicksalsschlag einen Menschen ereilt hat, so dass er auf das angebliche Existenzminimum fällt. Wenn der Job wegfällt und das, was man gelernt hat, nicht mehr gebraucht wird, ist das ebenfalls ein übler Schicksalsschlag. Und wenn man bis dato weitaus mehr Geld pro Monat in der Tasche hatte, ist die Umstellung extrem schwierig.
Nach einigen Jahren kam ich zwar mit der Umstellung klar. Und wie in meinem ersten Beitrag beschrieben:
Ordnung ist das halbe Leben?
Nachdem ich mich entschieden und genügend Geld zusammen gespart hatte, Schwerlastregale und Kartons in einer (für mich) leicht händelbaren Größe zu kaufen, hatte sich das "schwarze Loch"-Phänomen im Speicher auch nach und nach aufgelöst.
Das war halt eine notwendige Investition in die Vorratshaltung. Doch gleich zu Beginn hätte sich diese Anschaffung gar nicht gelohnt.
Ich muss auch sagen, dass das, was vom Amt gezahlt wird nicht das ist, was das Existenzminimum angeblich sein sollte. Ich habe früher in einer Bank gearbeitet (Kreditwesen) und ich bilde mir ein, ein wenig von Finanzplanung zu verstehen. Die Zahlen stimmen nicht. Allein die Stromkostenpauschale. Die Stromkostenpauschale hat zu keinem Zeitpunkt meinen Strombedarf gedeckt. Und unter Berücksichtigung der Preise, der Lebensdauer und Reparierbarkeit der notwendigen Haushaltsgeräte ist es auch nicht möglich, vom sonstigen Unterhalt den Kauf deutlich energieeffizienterer Geräte zu finanzieren. Es ist also unmöglich, den Stromverbrauch mit den zur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln auf die Stromkostenpauschale zu drosseln.
Letztendlich sind die Menschen, die auf dem angeblichen Existenzminimum leben, extrem auf ihren eigenen Erfindungsreichtum angewiesen, um überhaupt irgendwie über die Runden zu kommen. Und da heißt es eben auch: Nicht alles sofort wegschmeißen und bei günstigen Gelegenheiten zugreifen. So sammelt man so nach und nach Sachen an, die man womöglich eines Tages gebrauchen oder aus denen man etwas Brauchbares zusammen basteln kann. Manchmal ergeben sich auch Tausch-Handel wie: Staubsauger gegen Wasserkocher & Einbau eines neuen Lüfters im PC.
Zitat von *******rock:
„da muß ich widersprechen, auch wenn es nur ein Teil der Wohnung ist der unordentlich ist, so weiß man das und das ist im Kopf und blockiert dadurch.
Das mag bei dir zu Blockaden führen.
Für mich war der Krempel primär eine Ressource. Und das Gefühl, noch etwas in Petto zu haben und nicht völlig im Nichts zu stehen, war beruhigend. Dadurch hatte ich mehr Handlungsspielräume. Ob das Zeug auf dem Speicher nun geordnet war oder nicht, war in dieser Lebensphase unwichtig. Es war da. Und das war gut.
Mein Bedürfnis nach Ordnung auf dem Speicher kam erst als sich eine gewisse Menge angesammelt hatte.
Womöglich macht das auch verständlicher, warum ich all diese ideologischen Minimalismus-Ratgeber so bescheuert fand.
Das war so als würdest du Rat suchen, mit welchem Finanz-Verwaltungs-Programm du dir rascher einen Überblick über all deine Geldanlagen verschaffen könntest. Und dir würde jemand raten: "Also das Geld auf deinen Konten, das ist doch Mist. Schmeiß das weg! Du hast zu viel Geld! Das blockiert dich doch nur! Denk an die Lebenszeit, die du verschwendest, wenn du dich ins Finanzwesen und Finanzverwaltungsprogramme einarbeiten müsstest, um all dein Geld zu verwalten. Schau her, wie schön übersichtlich mein Konto ist! Ich habe so gut wie nichts! Ich bin frei!"