Meine Theorie ist ja, dass in Zeiten, in denen das Leben streng reglementiert ist in Hinsicht auf Moral, viel Lebens- und sexuelle Energie in Lieder fließt. Da kann man Träume, Sehnsüchte, sein heimliches Wollen ungestraft kanalisieren und ungestraft ein paar Tabus brechen.
In unserer Zeit und hierzulande, wo jeder, der sich das zutraut, so frei und ungezügelt leben kann, wie er/sie möchte, gibt es kaum noch Tabus zu brechen und es wird immer schwieriger, Spießer zu schocken. Aber der Wunsch nach Grenzerfahrung und -überschreitung ist nach wie vor vorhanden. In Teilen wohl auch,
weil es kaum noch Gelegenheiten gibt, mal richtig grenzwertig auszuufern. Bleibt die bewusste political uncorrectness. Damit kann man noch provozieren.
Es gibt keinen Grund mehr dazu, für freieren Umgang mit Sexualität zu kämpfen und das iwo draußen vorzuführen. Jeder kann im Grunde ganz entspannt seinen Interessen nachgehen und es gibt kaum noch Demonstrations- und Diskussionsbedarf. Also nein, kein neuer Biedermann, sondern gelassene Selbstverwirklichung im Stillen. Und im Außen Zurückhaltung.
Nochmal zu Leyla: Männer scheinen einen Hang dazu zu haben, ungenutzte sexuelle Energie in Aggression umzumünzen. Spermageplagte Jungmänner grölen dann halt am Ballermann sturzbesoffen idiotische Lieder, die letztendlich frauenfeindlich sind und ihren ziellosen Bumswillen verherrlichen, und das machen sie ganz bewusst. Und darüber soll sich ja auch aufgeregt werden, bitte schön. Passiert ja auch, weil man das als Normalmensch gar nicht fassen kann, so viel Ballermannmüll.