Zitat von **********silon:
„Dem Nonbinären ein Gesicht geben
Ich meine die neue Serie "Becoming Charlie", die grad in der ZDF-Mediathek online steht und auf ZDF-NEO nächsten Dienstag? ausgestrahlt wird.
Ich habe mir am Freitag in einem Ritt alle bisherigen Folgen online reinzogen. So sehr war ich begeistert ... Ich finde mich in Charlie vollkommen wieder. Nicht nur, weil wir Namensvetter-/n/innen sind, sondern weil ihr/sein Kaudwalsch auch meins war bzw. teilweise noch ist. Also war, bevor mir klar war, dass ich nonbinär bin. Innerlich kann ich da in den bisherigen Folgen gut mitgehen.
Hat wer von euch schon reingeschnuppert? Wie geht es euch mit dieser Serie? Trifft sie? Klischee? Voll doof? für euch zu?
Dein Toleranz und Begeisterung ist ermutigend, aber als tatsächlich Non-Binary Person (Geschlecht="X" im Pass usw.) möchte ich hier einige Fakten darüber geben, was ein "Non-Binary" Geschlecht ist und was es nicht ist, insbesondere die Unterschiede zwischen
rechtlichen/wissenschaftlichen Begriffen und
soziale Bezeichnungen.
In Deutschland gibt es drei gesetzliche Geschlechter (vgl. Wissenschaftler sind sich einig, dass es bei Tieren 4 Geschlechter gibt, aber im deutschen Recht werden die beiden nicht-binären Geschlechter zusammengefasst):
männlich,
weiblich und
Non-binary.
Alle drei Geschlechter sind rechtlich gleich und vollständig unterscheidbar und getrennt. Diese 3 rechtlichen Geschlechter werden durch die Geschlechtsidentität definiert, d.H. unterscheidbar durch angeborene Verhaltensmerkmale, Emotionen und Persönlichkeitsmerkmale, und das kann nur von einem Geschlechterpsychologen unabhängig beurteilt werden.
Non-binary Geschlecht ist kein selbstdefiniertes Etikett. Eine Person (wie ich oder wie in der ZDF-doku), die möchte, dass ihr Geschlecht als Non-binary anerkannt wird (z.B. Geschlecht="X" im Pass usw.), muss eine langwierige psychologische Bewertung durchlaufen, die zwischen 6 Monaten und 3 Jahren dauert. Genauso ist, wenn eine in einem weiblichen Körper geborene Person als männlich anerkannt werden möchte, eine ähnlich erschöpfende psychologische Bewertung erforderlich.
Eine in einem männlichen Körper geborene Person kann sich nicht einfach einseitig als "Non-binary" oder "weiblich" usw. definieren, das wäre völlig ohne medizinische oder rechtliche Substanz. Das wäre ein bisschen wie eine Person, die behauptet, einen Doktortitel, oder einen IQ von 150, zu haben, aber keinen unabhängigen Beweis oder eine Bestätigung dafür hat – das hat keine
gesellschaftliche Relevanz.
Die häufigste Form der Geschlechtsdysphorie ist jedoch eine Person, die sich teilweise männlich und teilweise weiblich fühlt, d.H. eine Mischung aus männlich/weiblich, oder zwischen männlich/weiblich.
=> Eine solche Person befindet sich im
binären Geschlechterspektrum, sie ist
nicht Non-Binary.
Viele Menschen verwechseln immer noch fälschlicherweise eine solches doppelte-Geschlechtsidentität (teilweise männliche+weibliche) mit einer Non-binary Geschlechtsidentität. Aber das sind völlig unterschiedlich.
Begriffe wie "
Trans", "
transgender", "
divers", "
transexuell" sind dagegen keine Geschlechter, sondern soziale Bezeichnungen, die jeder auf sich selbst anwenden kann – es gibt keine rechtliche oder wissenschaftliche Definition und auch keine medizinische Begründung erforderlich.
[ "divers" ist nicht Non-binary, und das Geschlecht einer männlichen -> weiblichen Transsexuellen ist "weiblich", ihr Geschlecht ist nicht "transexuell" ]
Ich lehne Leute, die diese Begriffe verwenden, nicht ab.
Tatsächlich glaube ich persönlich, dass die rechtliche Anerkennung von "divers" z.B. am Arbeitsplatz, ist einer der wichtigsten Fortschritte bei den "Trans"-Rechten - weil es endlich die Rechte der Mehrheit der "Trans"-Menschen anerkennt, also der Menschen, deren Geschlecht eine Mischung aus Mann und Frau ist. Früher war diese Mehrheit verborgen, weil die Gesellschaft in der Vergangenheit nur eine Minderheit von "Trans"-Menschen (d.h. solche mit 100%iger Geschlechtsidentitätsdysphorie) anerkannte. Heute kann ein so "divers" Mensch ohne ärztliche/psychologische Prüfung einen amtlichen Zweitausweis (20 € von der DGTI) erhalten, der in Deutschland legal mit seinem alternativen Geschlechtsvornamen und seinem alternativen Geschlechtstyp verwendet werden kann.
Gut gemacht Deutschland.
Es ist nur schade, dass die Mehrheit der "Trans"-Menschen (d.h. die Menschen, die teils männlich/teils weiblich sind) immer noch ihre doppelte-Geschlechtsidentität verbirgt und sich nicht ausdrückt, indem sie solche ermächtigenden Gesetze zur sozialen Vielfalt nutzt.
Wenn man die gesamte Gruppe von Menschen mit der einen oder anderen Form von Geschlechtsdysphorie betrachtet, verallgemeinern Psychologen manchmal, dass diese Gruppe: 1% Non-binary Geschlecht, 10% entgegengesetzt binär=männliches <-> weibliches Geschlecht, 89% gemischtes männliches/weibliches Geschlecht umfasst.
=> Daher schlage ich vor, dass es für Fernsehdoku viel gesellschaftlich relevanter wäre, zu untersuchen, warum die Mehrheit dieser Gruppe (Geschlecht =Mischung aus männlich/weiblich) immer noch ihre doppelte-Geschlechtsidentität verbirgt. Aber stattdessen ziehen es die Medien vor, irreführende/sensationsjournalismus Geschichten über Non-binary Menschen zu machen, die weniger als 1% der Gemeinschaft der Geschlechtsdysphorie ("transgender") ausmachen.
𝘏𝘪𝘯𝘸𝘦𝘪𝘴 𝘢𝘯 𝘥𝘦𝘯 𝘛𝘩𝘳𝘦𝘢𝘥𝘢𝘶𝘵𝘰𝘳: Ich kritisiere dich nicht, ich kritisiere hier das Fernsehen/die Medien in Deutschland.