Inflationär:
Depression, adhs, narzissmus, burnout. Jede/r 2. nützt das wort, sagt eines davon (erlebt zu haben).
Das ist so das gängige was man so hört. Und es stimmt, man hört diese begriffe mehr, oft.
Nur (ich arbeite im psy bereich seit ü30j) hat das etwas mit den erkenntnissen der forschung und später dazukommende notwendigkeit einer ‚volks’aufklärung über diese störungen zu tun.
Sie wurden nicht ‚neu erfunden‘ (was das wort inflationär aber oft impliziert).
Die gab es alle auch vorher, man sprach nur nicht davon.
Häufig auch weil es als solches (klinisch relevant) nicht erfasst wurde. Weil man es nicht besser wusste.
Leider aber gibt es depression, adhs, narzissmus(opfer), burnout, mobbing, bossing tatsächlich meistens so häufig wie das wort von betroffenen (samt umfeld) auch benutzt wird.
Das ist durch zahlen der statistiken belegt, wie auch in der praxis und im gewöhnlichen alltag wenn betroffene ihre scham überwinden, darüber reden.
Zum einten ist ds gut, weil sie (in behandlung z.b.) gelernt haben, dass es ihnen mehr schadet das problem/die erfahrung zu verschweigen um ein ‚sozialkompatibles gesicht zu wahren (aus angst vor unverständnis, ablehnung und stigmatisierung, – angst, die nicht ganz unbegründet ist).
Zum anderen weil das verschweigen darüber noch schlimmere folgen haben kann: sozialphobien, panikattacken, flucht in süchte um das leiden zu unterdrücken oder zu mildern, sozialer rückzug, abnahme der teilnahme am sozialen leben, entstehung oder verschlechterung der depression hin bis zu suizid, irritabiltät als kleinstes übel. Ptsd…
Zum anderen weil sie auch gelernt haben, dass sie die folgen dieser erfahrungen nur überwinden können wenn sie dazustehen, darüber offener reden (dann wann sie in einer situation getriggert sind), sich deswegen nicht miderwertig und defizitär fühlen sollen (selbststigmatisierung).
Für mich wird also eher das wort ‚inflationär’ inflationär gebraucht
Ich arbeite wie erwähnt im psy bereich, das einsame leiden der menschen ist mir schmerzhaft bewusst. Und es sind so viel mehr als man es im alltag wahrnimmt… … und, ich bin leider privat auch an 2 narzissten mindestens gelandet.
Toxisch ist da eine untertreibung, da narzissmus einen kern teilt mit der psychopathie (sogenannte kalte empathie zu missbrauchenden manipulationszwecke eingesetzt).
Aber ja, ‚toxisch‘ als wort finde ich auch nicht ‚deutlich’.
Man kann aber ja nicht in allen situationen ausführlich beschreiben was man damit erlebt zu haben, meint.
Es ist natürlich auch kein fachbegriff und nur ein sammelbegriff von laien in der alltagssprache. Das finde ich völlig legitim.
Es ist wie „ich bin heute depressiv“. Das sagte man mal so. Im grossen und ganzen, sagen die meistens heute das nicht mehr, sagen nun „ich bin heute deprimiert (oder ähnliches)“.
Genauso man hört ja noch kaum jemand sagen „das ist doch schizophren‘ für eine x-situation.
Damit anerkannt man, dass es menschen gibt, die eine depression haben (das mehr als nur eine schlechte oder deprimierende phase ist).
Oder das menschen mit schizophrenie, leidvollen nachvollziehbaren beweggründen haben für ein uneindeutiges verhalten.
Das sind doch gute entwicklungen.
Toxisch: ist nur ein (noch aktueller) sammelbegriff wie in vielem im alltagsvokabular, nur eine ‚abgekürtze beschreibung‘ um eine ‚gruppe von zustände‘ zu beschreiben. Wie das wort ‚syndrome (x)‘ für eine gruppe von bestimmten symptomen benutzt wird.
Ich finde es so cool wird offener über diese leidensgeschichten gesprochen, ein wenig weg von den bisherigen sozialen masken, und vom leistungsdenken. Wir müssen nicht makellos sein, wir dürfen diese erfahrungen haben, wir sind tatsächlich nur menschlich.
Es erfreut mich auch, weil dadurch das leiden dieser menschen, anerkannt und geachtet wird. Es macht die gesellschaft humaner, was genau diese menschen brauchen von uns allen.
Bleibt bei guter (psychischer) gesundheit