Warum wird es denn als "elitär" erachtet? Und vom wem? Imho kommt das aus einer Zeit, als BDSM noch im Verborgenen ausgelebt wurde und man nicht einfach so einen Zugang dazu fand. Nicht selten brauchte man auch einen Leumund um überhaupt Zugang zu bekommen. Klar, das vermittelt natürlich einen elitären Anstrich.
Aber warum war der Zugang denn nicht ohne weiteres zu erlangen? Vlt deswegen, weil BDSM, anders als heute, nicht als Spiel betrachtet wurde sondern denen vorbehalten war, die diese Neigung auch hatten und damit umzugehen wussten. Wenn man anderen Leid und Pein zufügt, kann und will ich das einfach nicht als Spiel bezeichnen und verstanden wissen. Wie klingt denn das wenn ich sage: Komm, lass uns mal Pussy zu tackern spielen! Und danach spielen wir im Käfig übernachten. Oh ja, das klingt wirklich nach einem Spiel.
Einem anderen Menschen Leid und Pein zuzufügen ist also elitär? Ganz gewiss nicht! Man kommt auch nur gerade eben so damit durch, wenn es in beiderseitigen Einvernehmen geschieht. Es ist also definitiv nicht für jeden was. Und deswegen soll es elitär sein? Ich denke nicht.
Damals, in meiner Sturm- und Drangzeit hatte ich auch das Bedürfnis mich zu outen. Auch deswegen, weil auffiel, dass meine Beziehungen sich änderten. Es kam zu den absurdesten Vermutungen mit denen ich aufräumen wollte. Wäre es mir nur eine sex. Spielart gewesen hätte ich geschwiegen. Aber so konnte ich unumwunden mitteilen, dass es nun mal meine Neigung ist Frauen zu misshandeln. Nichts anderes ist es, wenn auch im Einvernehmen. Daher solle man mich nicht als Täter sehen und meine Partnerinnen nicht als Opfer. Ich erklärte es so gut es ging und es wurde akzeptiert. Keiner hat das als ein Spiel betrachtet und weder elitär noch als etwas besonderes. Stattdessen haarscharf an krank und gestört vorbei.
Andere wiederum brachen in Gelächter aus und bedienten sich allerlei Klischees. Ob ich denn jetzt auch einen Gummianzug tragen würde und eine Gasmaske? Ja, BDSM ist nun mal eine total witzige und lustige Sache. Aber elitär oder was besonderes? Ne, eher was total abgefahrenes und daher auch nicht was für jedermann.
Als ich mal erklärte dass es nicht einfach ist die passende Partnerin zu finden, hieß es, ich solle mir doch einfach eine normale Frau suchen. Aha, eine normale Frau. Ein anderer fragte mich- was denn, machst du den Scheiß etwa immer noch? Das ist doch krank, Mann!
Nun hat BDSM ja den Einzug in den Mainstream geschafft und ist in weiten Teilen durchaus gesellschaftsfähig. Heute darf man ja schräg drauf sein, das ist ja jetzt modern. Da gehört BDSM halt mit dazu. Schön schräg das. Heute sind Subs normal und BDSM kein kranker Scheiß mehr. Aber elitär und was besonderes? Nein. Wenn das behauptet wird, dann von jenen die mangels Neigung halt den Zugang nicht dazu finden. Logisch, BDSM ist halt nicht für jeden was.
Der Mainstream hat aber auch bewirkt, dass BDSM heute in der Mehrheit als sex. Erweiterung und Spielart erachtet wird. Egal ob man es nun Spiel oder Session nennt, man bleibt in der eigenen Komfortzone und bedient sich hier seiner Vorlieben. Eine Neigung braucht es dazu nicht. Diese Mehrheit beansprucht heute die Deutungshoheit was BDSM ist und was nicht. Das wiederum führt dazu, dass Geneigte, die ausserhalb der Komfortzone, im Metakonsens und ohne SW agieren, als "Elite" betrachtet werden, die sich wohl für was besseres halten? Eine Neigung macht einen nicht elitär und auch nicht zu was besserem. Es ist eine Neigung und die hat man sich nicht ausgesucht.
Viele bezeichnen BDSM auch als sex. Leidenschaft und das darf auch gerne gesellschaftlich so gesehen werden. Es ist dann eine Leidenschaft, wenn man es als sex. Erweiterung sieht. Man stelle sich das mal auf andere sex. Orientierungen übertragen vor. Würden Schwule, Lesben, Transen usw. ihre Identität als sex. Leidenschaft bezeichnen oder so verstanden wissen? Nein! Es ist aber ihre Orientierung und die bestimmt auch ihre Identität. Sind die jetzt also auch elitär und was besonderes? Und spielen die das auch nur oder sind die wirklich so? Unglaublich!
Aus solchen Gründen habe ich mich auch schon vor Jahren der Szene abgewandt, ich kann mich weder damit identifizieren noch repräsentiert sie mich. Es ist halt in weiten Teilen zum Mainstream-BDSM geworden, ein Partyspaß für lustige Clubabende. Bin ich jetzt elitär oder was besonderes, wenn ich diesem Treiben fernbleibe? Nein, ich bin ein Langweiler der das lieber zu Hause im stillen Kämmerlein auslebt. Und was ich dort so treibe ist halt nichts für jedermann. Will und muss keiner sehen. Ich will das auch nicht mit anderen teilen.
Wenn ich heute erzähle dass ich BDSMer bin, sind die Leute schon aufgeschlossener und neugieriger. Sie wissen dass es solche Clubs gibt und entsprechende Events. Und sie fragen mich wie es dann dort abgeht? Keine Ahnung, ich geht da nicht, weiß das auch nur vom hören sagen. Aber das ist so verwunderlich als wenn ein Metaller sagen würde, dass er Wacken meidet. Seltsam.
Von mir aus kann BDSM gerne in der Mitte der Gesellschaft ankommen und auch breit akzeptiert werden. Wird dann auch nur dazu führen, dass es dann immer mehr BDSM-Spieler gibt, diejenigen die ausserhalb der Komfortzone agieren, werden weiterhin eine kleine Randgruppe sein.
So ist es heute auch ganz leicht eine Komfort-Sub zu finden. Sie wollen ganz viel Sex und ganz viel spielen. Das ist echt toll, das Angebot ist riesig! Wer hier nichts passendes findet ist schon selbst schuld. Darüber hinaus ist der Teich ein kleiner. Nicht viel los im Tümpel. Das ist nun mal der Fluch und Segen dieser Neigung. Daran wird keine gesellschaftliche Akzeptanz was ändern. Was sollte es also nutzen und wem was bringen?
Ist es elitär und was besonderes, wenn ich neun von zehn Subs wieder nach Hause schicken muss, weil sie gerne spielen wollen, ich aber nicht spielen kann? Ich würde ihnen weh tun und ich will niemanden weh tun. Ist es elitär wenn deshalb nur ganz wenige Zugang zu mir meinem BDSM erhalten, da es eben von der Neigung abhängt? Nein, es ist wie es ist, nichts weiter. Es ist und bleibt wie es früher schon war. BDSM ist halt nicht für jeden was. Völlig normal und daran wird sich auch nichts ändern.