„„Noch ein Argument: Angenommen eine Frau und ein Mann schreiben sich über einen längeren Zeitraum intensiv. Es enstehen zunächst Sypmpathie und dann vielleicht sogar Nähe. Es entstehen Fantasien, Wünsche, Begehren, Hoffnung. Man beschäftigt sich schließlich viel im Kopf mit dem Schreiberling, auch wenn man nicht schreibt, schaut ständig nach, ob wieder eine Nachricht eingegangen ist. Nach Wochen kommt es dann schließlich zu dem zwischenzeitlich ersehnten Treffen und es stellt sich heraus, dass es nicht funkt. Die Enttäuschung und Frustration sind dann viel größer, als wenn man sich nur kurz geschrieben hat. Vielleicht wird das gesamte Profil sogar aus Frust über enttäuschte Erwartungen gelöscht. Wer sich das antun möchte, darf dies natürlich tun. Aber das ist nichts für Jedermann. Jedermann nimmt sich auch nicht gern die Spannung auf das unbekannte Abenteuer, weil schon zu viel bekannt ist. Das muss also jeder für sich entscheiden.
Ich denke, es kommt hierbei darauf an, wie man die Wochen vorher geschrieben hat. Nähe lasse ich dann zu, wenn ich weiß, dass meine Red Flags quasi nicht vorhanden sind. Ich habe so ein paar Sachen oder auch gewisse Art und Weise, wie man mit einander umgeht, bei denen für mich klar ist, okay, da wird nie was draus. Das hat jeder, aber ich hab mitbekommen, dass wohl bei Chat es manchmal nicht so sehr darum geht, sondern viele wirklich nur vordergründig sexuell schreiben - klar, macht ja auch Spaß und ist nichts falsch mit.
Wenn man aber jetzt ernsthaft eine Art von Verbindung will (Beziehung, F+, whatever) finde ich es wichtig, dass man eben auch mal schaut, ob man mit der Person auch über andere alltägliche Dinge schreiben kann: Wie blickt die Person auf die Welt? Was macht sie so den ganzen lieben langen Tag? Was hat sie für Wünsche? Wie stellt sie sich ihre Zukunft vor? Zudem kann man ja auch mal telefonieren oder videochatten, wenn man mag.
Meine Erfahrung ist, wenn man auch mal in diese Tiefe beim Schreiben geht, ist man von keinem Date enttäuscht oder frustriert. Allerdings würde ich auch bei einem Date mit so einem Vorlauf mich erwarten, dass mich dann beim ersten Live-Anblick der Schlag trifft oder es funkt und brizzelt wie bei einem allerersten Treffen, etwa bei einem Blind Date. Im besten Fall hat es das auf eine gewisse Art schon vorher, denn warum sollte man sich dann sonst treffen? Wenn man schon hooked oder hypet ist - und das ist man, wenn man der nächsten Nachricht entgegenfiebert - dann wird da auch in den ersten Schritten nicht viel mehr kommen, obgleich das ja schon total viel ist, was ja auch super ist.
Für mich ist die Frustration immer viel größer gewesen, wenn ich für eine fast unbekannte Person einiges für ein Treffen auf mich genommen habe und am Ende war es dann doch nicht das, was hätte passen können. Dann hätte man lieber einfach mal länger und tiefer geschrieben, um das zu merken. Man erspart sich selbst, aber auch der anderen Person ziemlich viel, weil letztendlich ist dann der Abend ziemlich lost und wenn man eh nicht viel frei hat oder nicht viel Zeit, ist das ein großer Verlust.
Letztendlich kommt es darauf an, welcher Typ man auch ist und welche Art Frust man besser verkraften kann, weil den gibt es so oder so. Das ist eben die Seite von Kennenlernen, die viele nicht sehen (wollen) - es kann ja nicht mit jeder Person auf der Welt harmonieren. Zudem hat es auch viel mit den Erfahrungen zu tun, die man gemacht hat und natürlich auch wie gerne man schreibt. Am Ende ist ja kein Weg sowieso absolut richtig, sondern man muss herausfinden, was für einen selbst am meisten passt.
Sehe es genauso... meine wenige wirkliche Freizeit ist kostbar. Und solch ein vermeidbarer (!) verlorener Abend ist in meinen Augen echt ärgerlich.