Beim Lesen des ETs, war es mir nicht möglich, in vielen Teilen mit dem Kopf kein NEIN Zeichen zu setzen. Wie immer bedarf es nicht darauf hinzuweisen, dass es hier um meine freie Meinungsäußerung geht und nicht um eine allgemein. Die virtuelle Welt ist und wird vermutlich immer ein klischeehafter Ort bleiben.
Es ist einfach, sich über Leute aufzuregen, die in Schubladen denken. Dabei kennen wir alle Vorurteile, sehen Stereotypen und haben Klischees im Kopf. Sonst würden wir schlichtweg durchdrehen. Die Schubladendenker sind auch gar nicht das Problem. Das Problem sind vielmehr die Schubladen, in denen wir es uns selbst bequem machen. Und das ist aus meiner Sicht geschlechtsunabhängig.
Frauen fahren nicht gut Auto, können nicht rechnen, dafür aber trösten. Männer kommunizieren nicht, sind handwerklich begabt und hätten gerne jeden Tag Sex. Hach, so unkompliziert, das mit dem Denken, wenn man bloß ein paar Schubladen auf - und wieder zumachen muss. Sehr bequem, wohl wahr. Aber ehe wir uns jetzt darüber aufregen, bleiben wir lieber mal realistisch.
Jedoch glaube ich, dass viele genau solches Vorgehen brauchen, anderenfalls bräuchten sie einen Therapeuten. Ach was, am besten gleich drei. Denn es ist ein Ding der Unmöglichkeit, alles um sich herum in all seiner Komplexität wahrzunehmen und ganz ohne Schublade einzuordnen. Um es auf den Punkt zu bringen.
Viele Menschen brauchen halt Klischees und Stereotypen im Kopf, um nicht verrückt zu werden. Denn alle Menschen haben einen begrenzten Arbeitsspeicher und eine Festplatte, die durchbrennt, wenn man sie komplett überfordert.
Natürlich höre ich sie schon mit den Hufen scharren, dass man doch in keine Schublade passt. Nein, realistisch wird das wirklich keinem von uns in seiner Einzigartigkeit gerecht. Aber man könnte auch mal darüber nachdenken, wie häufig man sich selbst reinsetzt - mal bewusst, mal unbewusst. Aber, auch hier fehlt es meiner Meinung nach vielen an Hirnmasse so weit in den Sphären des Hirns und der eigenen Persönlichkeit vorzudringen.
Was mir Gedanken aber noch viel größere Gedanken macht ist, je länger man sich selbst hinter Klischees versteckt, desto wahrer werden sie bestimmt. Mathematik wird natürlich schwer, wenn man sich jahrelang nicht damit beschäftigt. Wer immer auf dem Beifahrersitz Platz nimmt, wird irgendwann ganz sicher schlecht einparken und auch der Mann wird nicht kommunikativer werden, wenn man ihn immer mit der Männer-reden-halt-nicht-Ausrede durchkommen lässt.
Zu den ganzen Gender-Klischees kommen dann auch noch Berufsklischees, Nationalität, sexuelle Orientierung, Hobbys und vieles mehr. Am Ende blickt man ja selbst nicht mehr durch, wer man ist, wenn man sich hinter all diesen Typisierungen versteckt. Selbst ein Klischee zu bedienen, ist ja aber auch nicht immer nur eine Frage der Bequemlichkeit. Es dient vielen einem Gefühl der Zugehörigkeit zu einer Gruppe oder als Rechtfertigung, ein bisschen speziell zu sein. Der Fairness halber muss man dazusagen, dass viele sich Klischees manchmal bedienen, einfach nur deshalb, weil es ein paar wenige gibt, die dann auch stimmen. Und dann kann man meiner Meinung nach wirklich wenig machen.
Viel wichtiger sollte daher sein, aus meiner Sicht, dass man trotzdem mal zwischendurch hinterfragen sollte. Denn manchmal glauben wir nur, einem Klischee zu entsprechen, weil man es uns eingeredet hat oder wir es uns selbst eingeredet wird. Nicht nur wie in diesem ET, sondern oft schon von klein auf.
Klischees sind für viele sehr entspannt. Schwierig wird es aber, wenn wir dadurch unter unseren Möglichkeiten bleiben. Wenn wir uns so sehr an ein Klischee gewöhnt haben, dass wir uns darin verlieren. Und genau das wird aus meiner Sicht mit dem ET ausgedrückt.
Ich zum Beispiel bin von der ganz üblen Sorte. Ich kann diesem ganzem schleimigen Frauenversteherklischeegedöns und Männerklischeeshitstorm nichts abverlangen. Es soll immer nur suggerieren, wie ich, als Mann zu sein habe, aber nie wie ich sein darf. So in etwa wie mein Kater. Eigentlich ist er ein Faultier, versteckt in einem Katzenkostüm, um seine Faulheit zu verbergen. Ab und an bewegt er sich auch schneller, aber nach drei Schritten ist er schon wieder müde und dann kommt sein wahres ich zum Vorschein.
Wir setzen uns meiner Meinung nach also nicht nur selbst in Schubladen, sondern packen auch unsere Gegenüber schon mit rein. Muss das sein? Oder entsprechen die Aufdrucke eines jeden Menschen vielleicht einfach den biologischen Unterschieden zwischen Frauen und Männern?
Gewiss, „typisch“ zu sein, ist sicher nicht immer verkehrt. Jedoch nur solange das "ich sein" darin Platz findet und ich der Welt in den wirklich wichtigen Momenten abverlange, dass sie über mich nachdenkt. Weil wir Menschen eben oft doch ganz anders sind, als alle Klischees dieser Welt. Ich glaube daher, dass die geschlechtsbedingten Vorurteile den meisten in unserer Gesellschaft gar nicht bewusst“, sind. Männer dürfen gar nicht, nett, süß, zuvorkommend, mitfühlend, authentisch etc. sein, solange es die geschlechtsbezogenen Rollenbilder nicht vorsehen.
Männern wie auch Frauen werden Klischees übergestreift wie eine zweite Haut und sind, wenn überhaupt, nur gering haltbar. In solchen Momenten muss man sich dann mal trauen, zu groß für eine Schublade zu sein, sich selbst ans Steuer zu setzen und sich den Satz des Pythagoras nochmal reinzuziehen. Der ist nämlich gar nicht mal so schwer, wenn man sich nur ein bisschen anstrengt.