Chancengleichheit
Neulich wurde in der Gruppe Offene Beziehung die Frage gestellt, ob man als Mann dabei nicht generell der Verlierer ist, weil ja kaum Frauen nach Sex suchen und die Auswahl für Frauen so riesig ist und für Männer so gering. Ich habe mir für die Antwort darauf etwas Zeit genommen und möchte sie daher mit dem ganzen Forum teilen. Muss einfach mal gesagt werden. Fast jede Frau mag, will und braucht Sex. Atemberaubenden, exstatischen, kreativen, sinnlichen, berauschenden Sex. Nicht: mittelmäßigen Sex.
Die meisten Männer haben lieber mittelmäßigen Sex als gar keinen. Die meisten Frauen haben aber lieber keinen Sex als mittelmäßigen. DARAUS ergibt sich das von euch erlebte Ungleichgewicht und die vermeintlich schlechteren Chancen für Männer.
Und ihr schwimmt immer noch weitgehend im Dunkeln, was eine Frau denn wirklich will und sucht. Eine Hochzeit, Geld oder perfektes Aussehen ist es nur in ganz wenigen Fällen, das sind aber immer gerne genommene Ausreden, wenn man(n) mal wieder keinen Erfolg hatte, um es sich selbst schön zu reden. Denn an etwas anderem kann es ja gar nicht liegen. Sonst müsste man sich ja wirklich mal Gedanken machen und sich selbst hinterfragen.
Frauen möchten persönlich gemeint sein. Auch ohne Zusammenziehen und Hochzeit. Aber Sex ist schon ein bisschen ganzheitlich, man hat Sex nicht mit einem Körper, sondern mit einem Menschen. Dieses Gefühl, die Einstellung dahinter ist wichtig. Kein Standardprogramm, keine Handgriffe, die irgendwann angeblich mal irgendeine Frau lange vor unserer Zeit ganz toll fand.
An erster Stelle: Setzt euch mal intensiv mit euch selbst, eurem Körper und euren Fantasien auseinander. Wo und wie werdet ihr gerne berührt, wie fühlt sich euer Körper dabei an, wie bewegt ihr euch, wie stöhnt ihr? Angespannt und getrieben oder sinnlich und genussvoll?
Welche Fantasien habt ihr, welche davon möchtet ihr umsetzen, welche lieber nicht? Aber auch: was steckt hinter dieser Fantasie, was ist das vorherrschende Thema, was sagt das über euch aus? Mit welchen Mitteln oder auf welchen Wegen lässt sich dasselbe Thema noch anders umsetzen, wie kann man sich herantasten? Wie könnten sich die anderen beteiligten Personen dabei fühlen, was treibt sie an, was reizt sie, was könnte schwierig für sie sein?
Der zweite, aber nicht weniger wichtige Schritt: Findet heraus, was Frauen beim Sex wirklich anmacht. Unterhaltet euch mit Frauen darüber, stellt Fragen. Allgemein mit irgendwelchen Frauen, auch wenn sie euch zu alt oder nicht hübsch genug erscheinen, es geht ums Lernen. Dann natürlich mit der Frau eurer Träume, da kommt wieder das Persönlich-gemeint-sein ins Spiel. Manche Vorstellungen sind auf andere Frauen übertragbar, manche auch nicht.
Lernt etwas über Ausstrahlung. Sucht euch ein interessantes Hobby, damit ihr über etwas sprechen könnt, wofür ihr brennt. Menschen mit einem interessanten Leben sind auch im Bett interessanter.
Lernt, euch mit Frauen zu unterhalten. Lest ihr Gesicht, ihre Reaktion dabei. Das Lesen-können ist auch im Bett unverzichtbar.
Lernt etwas über Verführung. Ein ernstgemeinter Blick in die Augen mit einem sexy Lächeln, das eine Fantasie andeutet, ohne zu bedrängen. Lernt etwas über Zwischentöne. Wie weit ihr gehen könnt. Was noch sexy ist und was plump.
Lernt etwas über Berührungsqualität. Ihr sendet bei jeder Berührung mit, ob ihr euch gerade wohl fühlt oder nicht. Ob ihr sucht und unsicher seid oder ob ihr wisst, was ihr tut.
Ich weiß, das liest sich sicher irgendwie anstrengend und kompliziert. Vielen Frauen wird ein Zugang zu diesen Dingen, zu Sinnlichkeit und ihrem Körper anscheinend in die Wiege gelegt. Männer sind eher Leistungsmenschen, angespannt und zielorientiert. Sie wünschen sich Zerstreuung und Leichtigkeit im Außen und sollten es doch zuerst im Inneren suchen. Die wenigsten Frauen wollen sich kostenlos als Lehrerin betätigen und ein paar Jahre investieren, in der Hoffnung, dann irgendwann einen halbwegs passenden Sexpartner zu haben.
Deswegen haben ein paar wenige Männer eine riesige Auswahl - und ganz viele Männer gar keine.