Für mich kommt es darauf an.
Jemand präsentiert seine sexuelle Identität nach außen?
Das gehört zu diesem Menschen. Do it!
Jemand präsentiert seine sexuelle Orientierung nach außen, etwa indem sich homosexuelle oder bisexuelle küssen?
Das gehört zu diesen Menschen. Do it!
Das tun diese Menschen aber, weil sie so sind und einfach gleichberechtigt leben wollen.
Es geht nicht darum es anderen Menschen aufzudrängen, auch wenn manche Spinner das gerne behaupten, wenn sie sehen wie sich zwei Männer küssen. Sie leben einfach, wie andere Menschen es auch tun.
Das BDSM offen nach außen zu tragen wäre für mich etwas anderes. Das dränge ich dann auf. Hier geht es nicht um die sexuelle Identität oder die sexuelle Orientierung, sondern um sexuelle Vorlieben und Neigungen. Ich setze mich auch nicht ins Kino und sage laut "Ich pisse meine Partnerin gerne an", welche darauf antwortet "und es ist total lecker, mjam mjam mjam!"
Dieses Beispiel ist natürlich überspitzt, soll in seiner Überspitzung jedoch verdeutlichen, dass ich "BDSM nach außen zeigen" nicht mit queeren Menschen, die einfach nur leben wollen, auf eine Stufe stelle.
Es ist auch etwas anderes als eine bestimmte Musik zu hören oder einen bestimmten Filmgeschmack zu haben.
Der entscheidende Punkt für mich ist dabei:
Warum sollte ich meine Partnerin an der Leine durch die Gegend ziehen?
Lustigerweise hatte ich das Gespräch mit einer ehemaligen Partnerin. Wir waren auf einem mehr oder minder mittelalterlichen Markt in Hameln und liefen halt normal rum. Entgegen kam uns das in typisch goth-mittelalterlich gekleidete Pärchen. Sie dazu mit Halsband und er mit der Leine in der Hand.
Die Nase rümpfen mussten wir beide, weil wir uns stets einig waren, dass das in der Öffentlichkeit nichts für uns wäre. Es war auch keine demütige Geste dabei. Die beiden gingen lediglich über den Markt, während er die Leine hielt. So erschien es so wie es mir allzu oft vorkommt: Als ginge es nur darum anderen diese Paarkonstellation vor die Nase zu halten.
So etwas muss ich im Rahmen meiner Auslebung meiner Sexualität nicht haben. Ich muss sie niemandem beweisen und mich selbst vorführen. Noch weniger muss ich andere damit in einem unpassenden Rahmen belästigen.
Ja, als Rollenspieler war ich schon stark geschminkt in nem McDonalds. Ich stand auch schon mal in einer Dönerbude und hatte Wikingerklamotten an, weil ich gerade von einer Con kam. Das ist aber etwas anderes. Auch in meiner härteren Blackmetaller-Zeit war ich (ohne Corpsepaint) in entsprechendem Outfit und mit lackierten Fingernägeln öffentlich unterwegs. Aber auch das drückt für mich etwas anderes aus als:
Seht mich an und schaut, was ich nicht alles im Bett so mag.
Ja, unsere Gesellschaft ist bigott und prüde während sie gleichzeitig objektifiziert oversexed ist.
Da ist es mir aber wichtiger Sexpositivität konstruktiv in die Welt zu tragen und nicht primär in Form von Selbstdarstellung, die ihrerseits vom eigentlichen Thema entkernt ist. Jemanden als Selbstzweck an der Leine durch die Öffentlichkeit zu ziehen, dabei aber die sonstigen gewünschten Effekte einer solcher Handlung loszulösen, ist wahlweise Selbstdarstellung oder Provokation um des provozierens willen.
Zu BDSM würde mehr gehören als jemanden mit 0815-Stimmung an einer Leine über einen Marktplatz zu ziehen, bzw. neben sich her laufen zu lassen.
Da ist es mir lieber, wenn Menschen unbeschwert und offen ihre Halsbänder tragen und auf Fragen dazu, die sie niemandem aufdrängen, offen und ehrlich reagieren.