Unabhängig vom Kontext entziehen sich Gedichte meiner Verständnis-Welt. Diese Schreib-Form ist mir in den meisten Fällen zu komplex.
Geschichten lese ich generell sehr gerne. Sie bieten mir Raum, aus dem Geschriebenen Bilder vor meinem inneren Auge entstehen zu lassen. Dabei müssen meine Bilder nicht deckungsgleich der Intention des Autors sein.
Ich setze die Buchstaben nach meinem Verständnis in meiner Phantasie um.
Ziehe dabei die Papier-Form vor, da ich dann für meine Pause ein Lesezeichen ins Buch legen kann.
Elektronisch bevorzuge ich deswegen kleine Häppchen, sonst fehlt mir Zeit und gedanklicher Raum zum Nachspüren.
Dass mich dabei nicht jeder Autor mit seiner Buchstaben-Wahl berührt, ist selbsterklärend.
Sprache, Stil, Form, Format des Textes etc - sehr viele Kleinigkeiten spielen dabei eine Rolle.
Als ein Beispiel: zu viele Grammatik- und Rechtschreibfehler lenken sehr vom Inhalt des Textes ab und lassen mich gedanklich den Rotstift zücken. Ob das dann die Intention des Autors war?
Ebenso kann Audio meinem "selber lesen" mir einiges vom Text nehmen.
Stimme, Betonung, Sprachmelodie etc drängt den Text in eine bestimmte Richtung.
Meine Phantasie wird also eingeengt, vom Sprecher geführt.
Deckt sich bei mir bekannten Geschichten die Interpretation des Vor-Lesers mit meiner Vorstellung, ist es ok und für mich dann Genuss.
Die "Arbeit des selber lesens" fällt weg, ich kann die Augen schließen, mich auf's Zuhören und damit auf meine inneren Bilder konzentrieren.
Werden mir bekannte Geschichten "für mich und für mein Empfinden" falsch gelesen, bin ich meist völlig irritiert, der gedankliche Rotstift taucht auf, der Inhalt der Geschichte wird nebensächlich und mein Fokus richtet sich auf die Korrektur der inneren Bilder aus.
Für mich völlig fremde, unbekannte Texte haben es dadurch leichter, denn da hab ich ja noch keine eigene innere Vorstellung entwickelt.
Nachteil - auch bei Audio brauche ich Zeit und Raum, der Geschichte nachzuspüren.
Ist das vorgelesene Häppchen zu groß, bin ich raus und meine Gedanken driften ab.
Zu viele Versprecher, der falsche Flow beim Lesen etc => ich bin raus, meine Gedanken driften ab.
Audio bietet also wie der geschriebene Text viele Möglichkeiten, mich als Zuhörer "zu verlieren"
Das mal ganz allgemein - gültig für mich natürlich.
Ich spüre jedem Text nach und verbinde Gelesenes mit inneren Bild-Kaskaden, die ich sehen und spüren kann - selbst "simple" Nachrichten-Texte aus der Tagesschau.
-*-*-*-*-*-*-*-*-*-*-*-*-*-*-*-*-*-*-*-*-*-*-*-
Erotische Texte haben damit für mich auch die entsprechende Wirkung.
Ich reagiere kaum auf Optik, Haptik etc., brauche dies zwar auch, aber das sind alles nicht Haupt-Trigger für meine Libido.
Erotische Texte von mir nicht-sexuell-nahestehenden Autoren (Fremd-Autoren) regen an, erregen aber nur sehr mässig, obwohl durchaus Bild-Kaskaden vor meinem inneren Auge purzeln und ich so mancher Geschichte sehr tief nachspüren kann.
Damit können mir persönlich fremde Spielarten und Sexualitäten für mich tatsächlich greifbar werden.
Es bedeutet aber nicht, dass ich von Fremd-Texten geil werde, vor Lust triefe oder gar Gelesenes in Realität umsetzen muss. So eine Wirkung haben Texte von Fremd-Autoren dann doch nicht.
SM zum Beispiel ist in keinster Weise meine Welt, trotzdem kann ein guter "SM-Geschichten"-Autor mich mit seinen Geschichten mitnehmen, meine Gedanken fesseln und mich anregen.
Ebenso kann mich ein schlechter "Vanilla"-Autor komplett rauskicken, obwohl diese Spielart meiner Sexualität deutlich näher ist.
So wie andere Menschen visuelle Reize, Stimme, Haut, Nähe des Partners und/oder was auch immer brauchen, so braucht meine Libido zusätzlich innere Bilder, die durch "Geschichten" in mir entstehen. Sonst liegt sie ganz schnell brach, versandet und versackt.
Für viele User ist es wohl ein kurzweiliges Vergnügen oder schlicht "Tastenwichserei", für mich ist Kopfkino essentiell.
Aber wie schon erwähnt, Fremd-Autoren-Texte funktionieren nur in begrenztem Ausmaß, ansonsten fehlt der erotischen Literatur schlicht der Bezug zu mir.
Allerdings gilt => Ein Sexual-Partner, der nicht in der Lage ist, mit Buchstaben und für mich passenden, sonstigen Hilfsmitteln erotische Bilder in mir entstehen zu lassen, wird nicht lange mein Sexual-Partner sein.
Da kann er optisch noch so anziehend und intelligent, lieb, nett und haste-nicht-gesehen sein.
Reales Geschehen alleine reicht einfach ebensowenig aus wie die für mich notwendige erotisch-emotionalen Bindung.
Die Dreier-Kombi ist für mich persönlich eben tatsächlich ein Muss.
-*-*-*-*-*-*-*-*-*-*-*-*-*-*-*-*-*-*-*-*-*-*-*-
Lange Rede, kurzer Sinn und mein Fazit zur Frage "Wie steht ihr zu erotischer Literatur":
• Ja, ich verschlinge so etwas, wenn es von meinem Sexual-Partner kommt.
• Ja, ich schreibe selbst, bevorzugt im Duett mit meinem Sexual-Partner.
• Ja, ich lese gerne erotische Geschichten anderer Autoren, obwohl sie nicht die Wirkung haben, wie Geschriebenes meines Sexual-Partners.
• Ja, ich schreibe auch ab und an kleine Geschichten, primär für meine Kopfkino-Gruppe
• Erotische Lesungen sind top, wenn die ausgewählten Geschichten und Vor-Leser top sind
• Nein, ich lese nicht vor
• Nein, Audio ist nicht meine bevorzugte Wahl
-*-*-*-*-*-*-*-*-*-*-*-*-*-*-*-*-*-*-*-*-*-*-*-
So ist jeder eben ein bisschen anders gestrickt