Im Wesentlichen bin ich auf der Linie der anderen Antworter. Was ihr tut ist nichts schlimmes oder irgendwie unnormal. Es ist halt BDSM. Und BDSM hat sehr viele Facetten. Wie ihr es macht ist allerdings nicht ok. Mich haben mehrere Punkte in deiner Darstellung angesprungen.
Erstmal allgemein zum Thema eine Buch-Empfehlung: Das SM-Handbuch von Matthias Grimme.
Beim BDSM gibt es nach üblicher Auffassung ein paar Regeln die als SSC bekannt sind. Safe, sane, consensual. Sicher, vernünftig und konsensuell. Der Konsens fehlt bei euch vielleicht nicht vollständig, da du dich immer wieder darauf einlässt, aber er ist nicht klar ausgesprochen. Aus meiner Sicht hat sie mehrere Grenzen bei dir verletzt, da du keinen klaren Konsens gegeben hast. Daher: Denke erstmal über dich und deine Grenzen nach, darüber, was du willst und was du nicht willst. Und dann: Rede mit ihr.
Eine der Regeln, die sich aus SSC ableiten lassen, ist: Es muss jederzeit die Möglichkeit gegeben sein, die Session abzubrechen. Wenn man jemand ist, der gerne "nein", "ich will nicht", "das ist zuviel" etc. ruft, obwohl er sich gut fühlt, ist ein Safeword das Mittel der Wahl, also ein Wort wie "Bücherregal", "Gurkensalat" oder sowas, das man bestimmt nicht versehentlich im Rausch der Orgie von sich gibt. Wird das gerufen, ist sofort Schluss. Ansonsten gilt: Ein "Nein" ist ein Nein und ein "Aufhören, Abbruch" bedeutet bestimmt nicht, dass weiter gemacht werden soll.
Wenn sie dich knebelt ohne das mit dir abzusprechen, ist das erstmal nicht konsensuell. Ein Jurist könnte hier prüfen, ob diese Tat deiner Freundin den Straftatbestand der Freiheitsberaubung und des sexuellen Missbrauchs erfüllt. Wenn dann nicht einmal ein Kommunikationsmöglichkeit vereinbart wird, in der du mitteilen kannst, dass es jetzt zu viel wird (man denke z.B. an einen Wadenkrampf oder eine Verletzung bei der analen Penetration), ist das nicht mehr sicher (safe) und vernünftig (sane) sondern ein gefährlicher Anfängerfehler oder grobe Dummheit.
Scheinbar habt ihr Vanilla-Sex ganz einfach in BDSM übergeführt bzw. sie hat das versucht. Ich halte das für keine gute Idee. Es gibt ein paar Unterschiede. Normal ist eine klare Rollenverteilung in einen aktiven und einen passiven Partner. Ich stehe auf dem Standpunkt, dass der Einzige, der in einer Session etwas zu sagen hat, der passive Partner ist, aber mache Tops und offenbar auch deine Freundin teilen diese Meinung nicht. Das ändert aber nichts daran, dass es immer eine Abbruchmöglichkeit geben muss; die Konsensvereinbarung ist dann eher so, dass alles erlaubt ist, solange dem nicht widersprochen wird. Typisch für eine BDSM-Session ist, dass sie eher nicht spontan entsteht. Da ein Konsens immer eingeholt werden muss, wird vorher darüber gesprochen. Bei gut eingespielten Paaren mag ein "Hast du Lust?" reichen. Sehr üblich ist, dass sich ein Paar extra für eine Session verabredet und dafür auch ein Setup nach den eigenen Vorlieben vorbereitet.
Bei Paaren, die sich nicht so gut kennen oder gerade damit anfangen, ist ein ausführliches Vorgespräch angezeigt. Dann kommt die Session. Dann folgt ein Nachgespräch. - Vanillas reden nicht über Sex (=kein Vorgespräch) und wundern sich dann, warum sie mit dem Resultat nicht zufrieden sind.
Fangt damit an. D.h, ihr verabredet euch zu einer Session und redet darüber, bevor ihr los legt. Es muss vollkommen klar sein, dass es jetzt nicht um Vanilla-Sex geht sondern um BDSM; also um konsensuelle(!) Freiheitsberaubung und konsensuelle(!) Körperverletzung. Typischerweise wird darüber gesprochen, wie ihr euch fühlt, was die Erwartungshaltungen sind, welche Wünsche und Fantasien es gibt, was (heute) nicht erwünscht ist, welche Ängste und Tabus es gibt, welche Einschränkungen es gibt (z.B. wirst du nach einem Durchfall kaum Spaß am Dildo im Arsch haben). Sprich, es werden ein Rahmen und Regeln vereinbart, innerhalb derer sich das abspielen soll, was dann kommt. Es ist nichts Falsches dabei, seine Fantasien zu offenbaren. Und es ist auch nichts falsches dabei zu sagen: "Nein, das will ich (heute/generell) nicht." Dabei gilt immer: Ich tue das für mich, nicht gegen dich. Ich will diese Praktik nicht, das heißt nicht, dass ich dich als Person ablehne.
Nach dem Spiel kommt Nachbesprechung und Nachsorge. BDSM-Sessions können sehr intensiv werden. Der Sub ist sehr verletzlich. Dass emotionale Verletzungen entstehen können, hast du selbst erlebt. Darüber soll gesprochen werden und mein Standpunkt ist dazu: Wenn der/die Top Sprüche loslässt wie "stelle dich nicht so an" oder "das war doch nicht so schlimm", dann wirf ihn/sie raus. Denn in dem Fall sagt dir jemand anders, wie du zu fühlen und empfinden hast. So läuft keine gesunde Beziehung. Wenn du feststellt, "das hat mir nicht gefallen", kann dir niemand sagen: "Das war doch schön, das hat dir gefallen."
Nun noch ein paar spezifische Punkte, die mir übel aufgestoßen sind. Ich zitiere jeweils aus dem Thema.
"...sehr spezielle sexuelle Wünsche an/mit mir auslebt". Sie kann sie mit dir ausleben, mit deinem Konsens, als gemeinsames und hoffentlich schönes Erlebnis. Aber sie kann sie nicht "an" dir ausleben, ohne deinen Konsens, gegen deinen Willen. Du bist Mensch, du hast die Freiheit zu wählen, du hast die Freiheit ja oder nein zu sagen. Du bist kein Objekt, kein rechtloser Sklave.
"...und ich könnte mir ja beim normalen Sex einfach mal mehr Mühe geben". Sie kann dir sagen, dass sie es gerne anders hätte. Sie kann und soll dir sogar sagen, was sie mag und wie sie es mag. Aber sie kann dir nicht sagen, dass du dir mehr Mühe geben könntest. Sie kann dir nicht vorschreiben, was du zu tun hast. Der Unterschied ist klar: Ich-Botschaft gegenüber Du-Botschaft. Für Beziehungen ist einer meiner Lieblingssprüche: Ich kann nur etwas für mich ändern, nicht für andere. Wenn deine Freundin etwas ändern will, dann muss sie das für sich tun. Du bist nicht dafür zuständig, ihre Wünsche zu erfüllen. - Beachte: Ich mache keine Aussage darüber, was sie für sich ändern soll. Viele interpretieren so eine Aussage als: sie muss sich trennen. Nein, muss sie nicht! Ich mache nur eine Aussage, dass sie für sich etwas ändern kann, aber nicht an einem Stellschräubchen von dir, ihres Partners, drehen kann. Bei älteren Ehepaaren manifestiert sich sowas in Aussagen wie: Es wäre schon eine tolle Ehe, wenn er/sie nur dies oder jenes anders machen / tun / unterlassen würde. Im Extremfall bedeutet dies Selbstverleugnung und du beginnst Dinge "für" den Partner zu tun, die soweit von dir selbst und deiner Persönlichkeit weg sind, dass dein Lebensglück den Bach runter geht. - Das ist das in verschiedenen Antworten angesprochene Thema Grenzen. Werden deine Grenzen verletzt, wenn du dich nicht abgrenzt, dann gibst du etwas auf, was dich ausmacht. Wenn du deine Grenzen erforschen und verschieben willst, dann entscheidest du das für dich, dann ist das etwas, was du für dich änderst, aber niemand darf deine Grenzen verletzen. Gernzverletzungen sind die Missachtung von dir als Individuum, das hat nichts mehr mit Liebe zu tun.
Über den Ballknebel habe ich mich schon ausgelassen, das ist ein klarer Verstoß gegen BDSM-übliche Regeln gewesen.
"Es ist ja alles „nur“ Gewöhnungsache hat sie noch gesagt." Nein, ist es nicht. Beim BDSM geht vieles, aber nur, wenn sich das die Beteiligten wünschen. Ich kann schlecht zu jemandem, der oder die absolut nicht masochistisch ist und entsprechende Praktiken ablehnt oder sogar schrecklich findet, sagen: "Genieße mal Schmerzen und Demütigungen. Du gewöhnst dich schon daran." Niemand wird sich daran gewöhnen, misshandelt zu werden und dann noch die Misshandlungen zu genießen. Entweder du willst das, weil es dich anmacht, oder du willst es nicht. Willst du es, dann willst du ohne nicht leben. Es ist das Salz in der sexuelle Suppe, es ist Sekt im Vergleich zu Leitungswasser. Willst du es nicht, dann ist es bestenfalls mühsam tolerabel, aber gut fühlen tut sich dann niemand.
Der Sub ist beim BDSM-Spiel Komplize, nicht Opfer. Aber Komplize will man sein und gibt seinen Konsens, zum Opfer wird man gemacht.
Nochmals: Redet miteinander. Redet darüber, was ihr wollt und verlangt nicht, dass der Partner für den anderen auf etwas verzichtet oder etwas tut, was er nicht will. So, wie du das beschreibst, hat sie ihre dominante oder sadistische Seite entdeckt und will sie leben. Sie entdeckt gerade einen neuen Kontinent für sich. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass Vanilla-Sex für solche Menschen langweilig wird. Du erlebst das gerade bei ihr, wenn du sagst: "Zuerst wollte sie es nur ganz selten... Nun wird es aber immer häufiger. Mittlerweile haben wir fast gar keinen normalen Sex mehr." Wenn das nicht dein Kontinent ist, dann gilt wieder: Du kannst nur etwas für dich ändern, nicht für sie.