Zur Debatte:
Maskulin/ feminin
Ich würde zunächst auch mal zwischen Biologie und Soziologie unterscheiden.
Jeder hat ein biologisches Geschlecht, welches chromosomal festgelegt und nicht änderbar ist und entsprechende Geschlechtsteile. Des Weiteren bilden sich dann typische männliche und weibliche Merkmale aus (Behaarung, Stimme, Körperform).
Daher auch das gesellschaftliche Bild von optischer Männlichkeit und Weiblichkeit.
Es gibt auch viel Theorie dazu, dass gewisse Verhaltensmuster und Charakterzüge evolutionär verankert und genetisch seien.
Anderseits gibt es auch einige Abweichungen, weswegen ich da in Frage stelle, ob das wirklich rein biologisch determiniert ist, oder eben doch mehr Produkt der Sozialisation ist.
Jetzt kommt die Soziologie und Kultur ins Spiel und es wird kompliziert.
Hier bestimmen Gesellschaften und Gruppen, was „stereotypisch“ im Kontext Raum und Zeit männlich und weiblich ist. Auch die Erziehung der Kinder und gesellschaftliche Role Models spielen hier eine große Rolle.
Tatsächlich sind Stereotype für das Heranwachsen und das sich-Orientieren und Identifizieren auch nicht unwichtig. Pluralismus und Individualismus sind in bestimmten Entwicklungsstufen zu komplex und führen mehr zu Verwirrung und Unsicherheit als zu Stabilität und Identität.
Erst später im Jugendalter ist eine individuelle Auseinandersetzung mit Klischees, Schubladen und Stereotypen kognitiv realistisch. Es erfolgt dann eine Abgrenzung oder Identifikation oder in den meisten Fällen wohl eine Mischung aus beidem.
Dennoch ist es als in der Gesellschaft lebender Mensch fast unmöglich sind gänzlich von Kategorien und Stereotypen zu lösen. Und vermutlich auch insgesamt nicht hilfreich.
Ich glaube aber die Erkenntnis, dass menschliche Attribute und Eigenschaften über gender-kategorischen Eigenschaften stehen, ist wichtig.
So gibt es doch ein Reihe an charakterlichen Eigenschaften und Werten, die bei jedem Menschen in erster Linie wichtig und wertvoll sind.
Zweitens, rein rechtlich gesehen, ist die Gleichberechtigung vor dem Gesetz für mich auch ein völlig unstrittiges Thema.
Gleichheit hingegeben gibt es nicht. Und das hat nicht nur etwas mit der Kategorie Geschlecht zu tun, sondern allgemein mit menschlichen Fähigkeiten und Attributen.
Daher ist zB eine Gleichmachung auch nicht immer gerecht.
Z.B. jeder bekommt die gleiche Aufgabe und wird nach den gleichen Maßgaben bewertet. Das ist nicht gerecht.
Ich denke wir leben heute in einer Zeit in der stereotype Gendervorstellungen immer noch existieren und man damit aufwächst. Es gleichzeitig aber auch genug Freiraum und Toleranz für Individualismus gibt.
Natürlich verbinde ich zB ein Kleid mit der Kategorie Frau / weiblich. Dennoch ist es mir egal, wenn ein Mann zB ein Kleid anziehen will und das ändert nichts an seiner Wertigkeit als Mensch.
Mir wäre wichtig, wenn alle Menschen begreifen, dass „anders sein“ als eine Norm, keine Abwertung bedeutet, aber auch keine Aufwertung. Jeder darf und soll sich frei entfalten (so lange niemand anderem geschadet wird).
Zuletzt noch, was mir wichtig ist in der ganzen Genderdebatte:
Männer und Frauen, die sich mit dem Stereotyp „Frau“ oder „Mann“ identifizieren, sollten das ebenso ohne wenn und aber weiterhin dürfen ohne dafür kritisiert zu werden. Das ist nicht „von gestern“ oder „kleingeistig“ , sondern als Wahl und Identität eines Menschen genauso zu akzeptieren als wenn zB ein biologischer Mann sich soziologisch von seinem Geschlecht abgrenzt. Oder Menschen sich allgemein vom soziologischen Geschlecht und damit verbundenen Stereotypen abgrenzen.
Wir haben also:
Menschlichkeit (Grundlagen für alle)
Männlichkeit und Weiblichkeit (eher Stereotyp, gesellschaftlicher Konsens)
Individualismus (kann alles mögliche sein; nicht kategorisierbar).
Alles hat seine Daseinsberechtigung.